zurück
Würzburg
Traditionslokal Schützenhof in Würzburg: Was bleibt und was sich ändert, wenn die junge Generation übernimmt
Die Familie Berndt vom Würzburger Schützenhof spricht im Interview über Schwierigkeiten bei der Übergabe eines Familienbetriebs und darüber, wie sie gelingen kann.
Familie Berndt betreibt den Schützenhof in Würzburg jetzt in der dritten Generation: Sohn Lorenz Berndt und Ehefrau Lisa mit Gudrun Berndt, die nach fast 40 Jahren kürzer treten will.
Foto: Thomas Obermeier | Familie Berndt betreibt den Schützenhof in Würzburg jetzt in der dritten Generation: Sohn Lorenz Berndt und Ehefrau Lisa mit Gudrun Berndt, die nach fast 40 Jahren kürzer treten will.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:42 Uhr

Derzeit geschieht viel in der Würzburger Gastro-Szene, alteingesessene Gastronomen hören auf, traditionelle Familienbetriebe schließen. So jedoch nicht am Würzburger Schützenhof. Mit Lorenz Berndt und seiner Frau Lisa wird der Traditionsbetrieb am Nikolausberg jetzt in dritter Generation weiter geführt.

Gudrun Berndt zieht sich nach fast 40 Jahren als Chefin zurück. Mit den alten und den jungen Wirten hat diese Redaktion über die Herausforderungen eines Familienbetriebs und der Gastronomie gesprochen und darüber, was am Schützenhof so bleibt, wie es ist und was sich ändert.

Nach fast 40 Jahren als Wirtin haben Sie den Schützenhof jetzt der nächsten Generation übergeben. Wie geht es Ihnen damit, Frau Berndt?

Gudrun Berndt: Zunächst einmal bewundere ich Lorenz und Lisa für ihren Mut, in diesen Zeiten so viel zu wagen. Ich habe mich auch gerne aus dem Tagesgeschäft zurück gezogen. Aber bei manchen Veränderungen muss man schon schlucken, weil man es selbst halt anders machen würde.

Verraten Sie uns ein Beispiel?

Lorenz Berndt: Wir haben jetzt einen festen Ruhetag in der Woche und werden auch im Sommer erstmals eine Woche zumachen. Das wünschen sich unsere Mitarbeiter, die auch mal in den Ferien mit ihrer Familie Urlaub machen wollen. Wir haben auch einen kleinen Sohn und möchten ab und zu etwas Zeit füreinander haben.

Auf dem Schützenhof am Nikolausberg sitzt man über den Dächern von Würzburg.
Foto: Johannes Kiefer | Auf dem Schützenhof am Nikolausberg sitzt man über den Dächern von Würzburg.
Hatten Sie als Wirtin des Schützenhofes zu wenig Zeit für sich oder für ihre beiden Kinder?

Gudrun Berndt: Das Leben auf dem Hof, mit den Tieren, haben wir alle genossen. Ich hatte unheimlich reiche Begegnungen mit Menschen und konnte vieles ausprobieren. Es war das Leben, das ich wollte. Als Familie haben wir vor allem die Betriebsferien im Winter geliebt.

Lorenz Berndt: Für mich war es auch ein Vorteil, dass meine Eltern viel gearbeitet haben. Ich hatte große Freiheiten, war viel in der Natur, hatte eine Werkstatt und habe gelernt, mich zu beschäftigen.

Gudrun Berndt: Wichtig ist, dass man miteinander redet, auch mal nicht über das Geschäft, und immer wieder etwas Schönes zusammen macht. Meine Tochter, Schwiegertochter Lisa mit Enkelkind und ich haben zum Beispiel im Herbst einige Tage in Südtirol verbracht und wir frühstücken häufig alle miteinander. Wir wohnen ja alle auf dem Schützenhof.

Die Gastrobranche klagt über Personalmangel. Macht Ihnen das Sorgen?

Lisa Berndt: Wir haben zehn feste Mitarbeiter. Zusätzliche Kräfte brauchen wir im Sommer. Ich habe selbst vor zwölf Jahren als Aushilfskellnerin hier oben angefangen.

Gudrun Berndt: Bis Ende der 90er Jahre haben vorwiegend Studenten bei uns ausgeholfen. Dann wurde es immer schwieriger, zuverlässige und flexible Leute zu finden. Deshalb freuen wir uns, dass wir tüchtige Saisonkräfte aus dem Ausland gefunden haben.

Lisa Berndt: Hoffentlich klappt das heuer auch wieder. Kürzlich hatte ich den Albtraum, dass ich ganz alleine den vollen Garten bedienen musste. Mit Unsicherheit und Ängsten muss man in diesem  Job lernen, umzugehen.

Gudrun Berndt mit Sohn Lorenz bei einer Kürbisausstellung auf dem Hof Anfang der 2000er Jahre.
Foto: Herbert Kriener | Gudrun Berndt mit Sohn Lorenz bei einer Kürbisausstellung auf dem Hof Anfang der 2000er Jahre.
Ihre Mutter lobt Ihren Mut. Was braucht es noch Herr Berndt, um als junger Mensch einen Familienbetrieb weiter zu führen?

Lorenz Berndt: So mutig finde ich uns ja gar nicht. Klar sind die Zeiten gerade unsicher. Aber es bleibt doch auch viel stabil. Wir haben unser Stammpublikum, ein tolles, junges Team an Mitarbeitern und wir machen eine gute, ehrliche Küche, die Menschen immer schätzen werden. Die Entscheidung, den Betrieb zu übernehmen ist bei meiner Frau und mir allmählich gereift. Wir haben immer mehr Lust bekommen, hier gemeinsam etwas zu gestalten.

Gudrun Berndt: Und natürlich war auch mein Start manchmal hart und ich wusste manchmal nicht wie es weiter gehen soll. Manche unserer Neuerungen, wie zum Beispiel das Theater am Schützenhof im Sommer oder das Gans-Essen im Herbst haben super funktioniert, andere halt nicht. Man darf auch mal bei etwas scheitern. Ich glaube das Wichtigste ist, dass man das hier mit Leidenschaft macht.

Was ist Ihre Leidenschaft, Herr Berndt?

Lorenz Bernd: Mein Faible für gute Lebensmittel und Essen. Durch meine Ausbildung in der Landwirtschaft habe ich Respekt gegenüber Nahrungsmitteln. Ich weiß, wie viel Arbeit und Energie darin steckt und koche am liebsten mit saisonalen und regionalen Lebensmitteln. Das will ich meinen Gäste zeigen.

Was hat sich in 40 Jahren in der Gastronomie geändert?

Gudrun Berndt: Man muss viel schneller immer wieder etwas Neues bieten.

Lisa Berndt: Ich kann ja nicht so lange zurück blicken, finde aber, die Wertschätzung unserer Gäste ist in jüngster Zeit total gestiegen. Gerade nach Corona haben viele gesagt, wie dankbar sie sind, dass wir noch da sind.

Was wird sich in den nächsten 40 Jahren am Schützenhof nicht ändern?

Lorenz Berndt: Wir wollen ein Treffpunkt für ein gemischtes Publikum und für Familien bleiben, wo man eine gute Brotzeit und selbst gebackenen Kuchen bekommt, aber auch ein feines Menu. Die roten Tische im Garten bleiben, die Kastanienbäume, der Ausblick...

Lisa Berndt: ...die Atmosphäre. Über den Dächern von Würzburg kann man am Schützenhof eine Auszeit vom Alltag nehmen. Das werden wir und unsere Gäste auch in Zukunft genießen.

Drei-Generation-Betrieb Schützenhof

Die Familie Berndt hat den Schützenhof 1950 als "Landwirtschaft mit kleiner Gaststätte" gepachtet. Anfangs stand der Bauernhof im Vordergrund: 100 Schweine und etliche Rinder wurden auf dem Schützenhof gehalten.
1962 kauften die Berndts den Hof und in den 1960er Jahren wurde er ein bekanntes Ausflugslokal. Gudrun Berndt übernahm 1983 die Leitung von ihrer inzwischen verstorbenen Mutter und führte das Lokal mit ihrem Partner. Die heute 67-jährige Hotelmeisterin war in verschiedenen Funktionen beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga tätig, zuletzt als Ausbildungsbotschafterin. Bei der Gastwirte-Innung ist sie weiterhin ehrenamtlich im Einsatz. Lorenz Berndt hat eine Ausbildung als Gärtner für Gemüsebau und eine als Koch gemacht. 2019 ist er in den Betrieb eingestiegen. Jetzt hat der 28-Jährige die Leitung gemeinsam mit seiner Frau Lisa (28), eine ausgebildete Hotelfachfrau, übernommen.
Quelle: gam
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manuela Göbel
Ausflugslokale
Ausgehen und Einkaufen in der Region Würzburg
Gemüsebau
Mütter
Söhne
Töchter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • klafie
    Liebe Frau Berndt, wünsche Ihnen alles Gute in Ihrem "Un"ruhestand, denke Sie werden sich noch nicht aufs "alte Eisen" legen. Wirklich eine richtig urige Gaststätte der Schütznhof, vom Würschtl bis zur Ente, von Fleisch bis vegetarisch alles dabei. War öfters mal immer wieder gerne dort und auch eine sehr ruhige Lage. Hoffentlich können Ihre Kinder wieder aus den vollen schöpfen, da ja die letzten 2 Jahre viel dem Me hinunter lief!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • papke.peter@freenet.de
    Ich wurde einmal mit meinen beiden Töchtern zum Geburtstag von Lorenz von seiner Mutter zum Kuchen eingeladen, als sich zufällig ergab, dass er am gleichen Tag wie meine eine Tochter geboren ist. Und da ich in Mellrichstadt aufwuchs freute mich auch immer das Betrachten des Wappens Von Mellrichstadt, welches in der Eingangstür neben dem Wappen des Ehemannes von Frau Ruth Berndt hing (ich meine Anklam) und hoffentlich noch lange hängt (war heute seit längerer Zeit wieder kurz da, aber schaute da nicht nach). Schöne Zeiten dort verbracht, auch die sympathische Frau Lisa kennengelernt. Also Gute Lorenz und Lisa Berndt mit Sohn und für Gudrun Berndt !!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • peterlesbub
    Auch von mir alles Gute für die Wirtsleut.
    Was früher schöner war ist der Ausblick auf die Stadt, der halt jetzt nur noch von wenigen Tischen möglich ist. Aber das liegt an den hohen Bäumen auf den Nachbargrundstücken.
    Auch eine Kindheitserinnerung Anfang der 60er Jahre war der freilaufende Esel, der die Attraktion für uns Kinder war. Immer ein schöner Sonntagsausflug zu Fuß von der Sanderau über das Käppele zum Schützenhof und über das Steinbachtal samt Fähre zurück.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • seneca
    Auch unsere Familie ist schützenhoferfahren und wir freuen uns, dass das Weiterbestehen gesichert ist.
    Viel Erfolg weiterhin.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Wellis
    Auch ich schließe mich den vorherigen Kommentatoren an und wünsche der "neuen Generation" vom Schützenhof viel, viel Glück. Es ist schön, dass ein "alteingessenes Lokal" in Würzburg weiter bestehen bleibt. Prima!!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • coburgerlerchelurch
    Ich möchte mich hiermit bei Frau Gudrun Berndt bedanken. Meine Gruppe und ich haben uns Anfang der 90ziger sehr oft auf den Schützenhof zum Essen getroffen. Die Atmosphäre über Würzburg war und ist sehr schön, deshalb fuhren wir von Schweinfurt zum Schützenhof. Danke
    Es war eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Schön, dass dieses Lokal und sein Ambiente mit Familie Berndt erhalten bleibt. Viel Erfolg!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ToDietz@web.de
    Alles Gute für die nächsten 40 Jahre!!!

    Der Schützenhof ist seit Jahren fast die einzige Lokalität in Würzburg wo ich noch freiwillig hin gehe.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten