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Röttingen
"Theater auf Tour" wieder in Röttingen: "Den Kindern ein Stück Normalität zurückgeben"
Nach zwei Jahren Corona-Pause tritt das "Theater auf Tour" wieder bei den Frankenfestspielen auf. Was den Wiedereinstieg in den Spielbetrieb erschwert – und was das Ensemble antreibt.
In diesem Jahr erstmals wieder möglich: ein Burghof voller Kinder - wie hier bei der Aufführung des 'Theater auf Tour' mit 'Michel aus Lönneberga' im Mai 2019.
Foto: Evelyn Fischer | In diesem Jahr erstmals wieder möglich: ein Burghof voller Kinder - wie hier bei der Aufführung des "Theater auf Tour" mit "Michel aus Lönneberga" im Mai 2019.
Bearbeitet von Catharina Hettiger Nargis Silva
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:56 Uhr

Ein vielseitiges Programm und gut besuchte Vorstellungen: Seit über zwanzig Jahren gibt das Kinder- und Jugendtourneetheater "Theater auf Tour" aus Darmstadt regelmäßig Gastspiele bei den Frankenfestspielen Röttingen. "Das Ensemble spielt großartige Stücke in guter Qualität – und es begeistert die Kinder“, sagt Frederike Faust, Leiterin des Jungen Theaters der Frankenfestspiele.

Auch im vergangenen Jahr hatte sich Faust darum bemüht, das Ensemble nach Röttingen zu holen. Doch weder im Mai – der üblichen Spielzeit des Jungen Theaters – noch im Sommer war dies möglich. Beim Musicaltheater, das vom Singen und Tanzen lebt, hätte man die damals geltenden Corona-Regelungen nicht einhalten können. Welche existenziellen Auswirkungen die anderthalb Jahre währende Spielpause für die Ensemblemitglieder hatte, bringt Marco Böß, künstlerischer Leiter des Theater auf Tour, auf den Punkt: "Für ein privatwirtschaftliches Theater bedeuten fehlende Auftritte, dass keine Einnahmen erzielt werden."

Viele freischaffende Schauspieler haben sich während Corona beruflich umorientiert

Trotz Lockerungen der Corona-Regeln habe sich der Wiedereinstieg in den Spielbetrieb im vergangenen Herbst nicht einfach gestaltet, erzählt Böß. Als Tour-Theater sei man an die Restriktionen gebunden gewesen, die jeweils in den einzelnen Gemeinden gegolten hätten. Die Schwierigkeit habe darin gelegen, dass die Gemeinden je nach Infektionsgeschehen und Bundesland unterschiedliche und sich ständig ändernde Maßnahmen ergriffen hätten. Zwar waren von Herbst bis Frühling einige Auftritte geplant, diese mussten teilweise aber kurzfristig wieder abgesagt werden: entweder, weil nicht genug Karten verkauft wurden, oder weil neue Restriktionen in Kraft traten und Stücke verschoben werden mussten.

Außerdem mache sich der wachsende Personalmangel im Kultursektor bemerkbar. Laut Böß haben sich viele freischaffende Schauspieler beruflich umorientiert. Wer als Freiberufler in einem Kindertheater spielt, habe in der Regel mehrere Standbeine im Kulturbereich. Da die gesamte Kulturbranche in den beiden Corona-Jahren nahezu vollständig zum Erliegen gekommen ist, hätten viele Künstler die prekäre wirtschaftliche Lage auf Dauer nicht durchalten können. Obwohl die staatlichen Hilfen schnell gegriffen hätten, reichten sie lediglich zur Abdeckung des Existenzminimums.

"Es geht nicht allein um die Existenz der Künstler, es geht um die Frage, wie Kultur in unserer Gesellschaft verankert ist."
Marco Böß, künstlerischer Leiter des "Theater auf Tour"
Szenenfoto aus 'Michel aus Lönneberga' mit dem 'Theater auf Tour' 2019 im Burghof Röttingen.
Foto: Evelyn Fischer | Szenenfoto aus "Michel aus Lönneberga" mit dem "Theater auf Tour" 2019 im Burghof Röttingen.

Es gehe nicht allein um die Existenz der Künstler, "es geht um die Frage, wie Kultur in unserer Gesellschaft verankert ist", so Böß. Wenn sich privatwirtschaftliche Theater nicht mehr finanzieren könnten und nur noch Staats- und Landestheater betrieben würden, gäbe es vielleicht bald nicht mehr die Wahlmöglichkeiten wie heute.

Mit den inzwischen weitgehend gefallenen Corona-Maßnahmen kämen nun neue Erschwernisse hinzu. Der Wegfall der Maskenpflicht im Kulturbetrieb führe zu einem erhöhten Ansteckungsrisiko für die Künstler. "Jetzt hat sich das Ganze umgekehrt und wir sind es, die absagen müssen, denn unsere Ensemblemitglieder erkranken", sagt Böß. Wenn jedoch Stücke kurzfristig nicht gespielt werden können, gehen nicht nur Einnahmen verloren. So müssten beispielsweise bereits gebuchte Hotelzimmer bezahlt und Rückfahrten für infizierte Schauspieler organisiert werden.

Steigende Sprit- und Hotelkosten erschweren die Planbarkeit

Auf die kommenden Jahre blickt Böß eher pessimistisch. Denn neben den pandemiebedingten Unsicherheiten erschwerten die aktuell steigenden Sprit- und Hotelpreise die Planbarkeit. Man könne die Ticketpreise gerade im Kindertheaterbereich nicht endlos erhöhen, um zusätzliche Kosten auszugleichen. Dazu komme, dass die Verträge bereits anderthalb Jahre vor der Aufführung abgeschlossen würden, man jedoch mit den aktuellen Preisen kalkulieren müsse. Helfen könne da nur, wenn die Menschen ins Theater gingen und versuchten, eine gewisse Normalität herzustellen. "Gerne mit Maske, auch wenn sie nicht vorgeschrieben ist", appelliert Böß.

Nach der langen Abwesenheit sei es besonders wichtig, "die Kinder wieder vor die Tür zu kriegen. Sie sind es, die während Corona am meisten zurückstecken mussten", so Frederike Faust. Auch für Marco Böß ist das Kindertheater eine Herzensangelegenheit: "Man kämpft jeden Tag – wir wollen die Kinder nicht enttäuschen." Am Ende gehe es darum, den Kindern ein Stück Normalität zurückzugeben.

Nun kehrt das Theater auf Tour auf die Bühne der Frankenfestspiele Röttingen zurück – mit dem Kindermusical "Die Olchis live! Ein König zum Gefurztag!". Die Vorstellungen finden am Sonntag, 8. Mai, um 16 Uhr und am Montag, 9. Mai, um 10 Uhr im Burghof statt. Tickets bei der Tourist-Info Röttingen unter Tel.: (09338) 9728-55 und über die Homepage der Frankenfestspiele www.frankenfestspiele.de

 
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