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Würzburg
Steuerhinterziehung? Jetzt erklärt sich der Würzburger CSU-Stadtrat
Nach Recherchen der Redaktion zu möglicher Steuerhinterziehung durch den Gastronomen Emanuele La Rosa  gibt es neue Informationen. Auch die Staatsanwaltschaft reagierte.
Der Würzburger CSU-Stadtrat Emanuele La Rosa hat jetzt mit einer ausführlichen Stellungnahme dem Vorwurf der Steuerhinterziehung widersprochen.
Foto: Silvia Gralla, Theresa Müller/ Montage: MP | Der Würzburger CSU-Stadtrat Emanuele La Rosa hat jetzt mit einer ausführlichen Stellungnahme dem Vorwurf der Steuerhinterziehung widersprochen.
Aaron Niemeyer
 und  Lara Meißner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:31 Uhr

Der Würzburger CSU-Stadtrat Emanuele La Rosa hat sich nach dem Bericht dieser Redaktion zu fragwürdigen Kassenvorgängen in einem seiner Betriebe jetzt ausführlich zu Wort gemeldet: "Die von Ihnen verfassten Artikel erwecken den Eindruck, dass ich eine Steuerhinterziehung begangen haben könnte. Dies ist nicht der Fall", schreibt La Rosa in der Stellungnahme.

Recherchen dieser Redaktion legen nahe, dass La Rosa und ein Mitarbeiter offenbar viele Verkäufe im Kiosk des Würzburger Dallenbergbads nicht in den elektronischen Registrierkassen vermerkt haben sollen. Ein Würzburger Steuerrechtler hatte von der Redaktion beobachtete Vorgänge als "klare Steuerhinterziehung" bezeichnet. Laut Abgabenordnung müssen bei vorhandener elektronischer Registrierkasse alle Transaktionen darin vermerkt werden, sofern keine Ausnahmegenehmigung des Finanzamts vorliegt.

Würzburger Stadtrat zu Vorwurf: "Widerspreche entschieden" 

"Es ist ausschließlich Aufgabe der Finanzbehörden, Feststellungen – und rechtliche Würdigungen – im Hinblick auf Steuertatbestände zu treffen", schreibt nun La Rosa an die Redaktion. "Mir ist von einem Steuerhinterziehungsverfahren gegen mich nichts bekannt", so der Stadtrat und Gastronom in der Stellungnahme weiter.

Zwar könne er nicht "völlig ausschließen, dass im Einzelfall ein Zahlungsvorgang nicht korrekt in die Kasse eingegeben wurde". Er habe seine Mitarbeiter jedoch angewiesen, Zahlungsvorgänge im Nachgang zu protokollieren, falls die Buchung in der Kasse aus irgendeinem Grund nicht möglich sei. "Dem Vorwurf, ich würde absichtlich Zahlungen verschleiern oder sogar Steuern hinterziehen, widerspreche ich entschieden", so La Rosa. Eine wichtige Frage beantwortet der Kiosk-Betreiber in seiner Stellungnahme nicht: Ob er über eine Ausnahmegenehmigung des Finanzamts verfügt.

Stattdessen verweist der Stadtrat auf das Verwaltungsgericht, das im März eine Klage der Redaktion gegen das Finanzamt abgewiesen hatte. Im Zuge der Recherchen hatte die Redaktion auch das Finanzamt Würzburg um Auskunft gebeten, ob die Behörde La Rosa mit einer Ausnahmegenehmigung von der elektronischen Registrierungspflicht entbunden hat. Das Finanzamt hatte die Auskunft darüber mit Verweis auf das Steuergeheimnis verweigert – und vom Verwaltungsgericht Recht bekommen.

Staatsanwaltschaft Würzburg hat nach Berichterstattung Vorermittlungen aufgenommen

In seinem Beschluss bestätigte das Gericht jedoch das grundsätzliche öffentliche Interesse des Sachverhalts: "Der Presse ist es keineswegs verwehrt, über einen dem Steuergeheimnis unterfallenden Sachverhalt zu berichten. Sie kann ohne jede Einschränkung eigene Beobachtungen schildern, Zeugenaussagen verarbeiten und mit den Betroffenen selbst sprechen", so das Gericht in seiner Begründung.

Inzwischen beschäftigt der Fall die Justiz auch an anderer Stelle: "Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat am 15.05.2023 aufgrund der Presseberichterstattung in der Ausgabe der Main-Post vom 12.05.2023 ein Vorermittlungsverfahren gegen Emanuele La Rosa (...) eingeleitet", teilt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach auf Anfrage mit. Geprüft werde nun, "ob ein Anfangsverdacht für die Verwirklichung von Straftatbeständen vorliegt".

WVV bestätigt: La Rosa bezahlt für seinen Kiosk umsatzabhängiges Pachtentgelt

Einige Fragen dieser Redaktion richten sich auch an die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV). Die WVV ist Eigentümer der Würzburger Bäder GmbH (WBG), die das Dallenbergbad betreibt und den zugehörigen Kiosk an La Rosa verpachtet hat. Laut Handelsregister saß La Rosa in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Übernahme der Pacht im Jahr 2014 im Aufsichtsrat der WBG.

Dazu teilt die WVV mit: "Es gab ein ausgeschriebenes Vergabeverfahren mit fünf Bewerbern. Nach dokumentierten Vergabekriterien wurde der Pachtvertrag mit dem bestbietenden Bewerber abgeschlossen." Der Kiosk sei zu "marktüblichen Bedingungen" an La Rosa verpachtet. "Dazu gehört ein umsatzabhängiges Pachtentgelt." Eine Nachfrage zu der Höhe der ausgewiesenen Umsätze im Kiosk hat die WVV offen gelassen. 

Anmerkung der Redaktion: Nachdem die Staatsanwaltschaft Würzburg aufgrund der Berichterstattung dieser Redaktion Vorermittlungen gegen Emanuele La Rosa aufgenommen hatte, teilte sie im November 2023 mit, dass sich der Verdacht auf Steuerhinterziehung nicht bestätigt hat. Die Ermittlungen der Finanzbehörden hätten keine Hinweise auf eine Straftat ergeben. Es habe allerdings einen Bußgeldbescheid des Finanzamtes Würzburg gegeben, weil nicht jeder Verkauf wie vorgeschrieben ins Kassensystems des Kiosks eingegeben worden sei. La Rosa hat den Bescheid akzeptiert und bezahlt. Drei Beschwerden beim Deutschen Presserat wegen der Berichterstattung der Main-Post zu dem Fall wurden von dem Gremium nach eingehender Prüfung als unbegründet abgewiesen.

 
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  • J. F.
    Ganz unbefangen und unabhängig frage ich mich seit Beginn dieser Berichterstattung, warum "diese Redaktion" groß aufgemacht aufwändig die in diesem Fall nebensächliche CSU hier stets mit an den Pranger zu stellen und indirekt mit der sicherlich insgesamt weder die Welt, noch Franken bewegenden Angelegenheitzu verknüpfen. Warten wir soch lieber erst einmal den Ausgang des Verfahrens ab.
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  • A. N.
    Hallo freihold,

    das öffentliche Interesse am Sachverhalt ergibt sich großteils aus der kommunalpolitischen Tätigkeit des Stadtrats. In diesem Sinne ist natürlich auch die Parteizugehörigkeit relevant.

    Beste Grüße,
    Aaron Niemeyer (Redaktion)
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  • G. K.
    Wenn ich das recht verstanden habe war das Finanzamt schon weit früher informiert, hat aber erst NACH der Berichterstattung in der MP reagiert. Man muss sich immer wieder wundern...
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  • G. Z.
    @deltatango: Wo lesen Sie, " ...war das Finanzamt schon weit früher informiert, hat aber erst NACH der Berichterstattung in der MP reagiert. " Ich kann da gar nix drüber finden, dass das Finanzamt reagiert hätte. Die Staatsanwaltschaft macht "Vorermittlungen". Das Finanzamt beruft sich auf das Steuergeheimnis und macht offiziell nix. Erst wenn ein Prüfer rausgeht und guckt, ob damals zeitnah in den monatlichen Voranmeldungen höhere Umsätze als die Registierkassenumsätze (Zuschätzungen durch Unternehmern oder Steuerberater) sind. Wenn noch schnell neSelbstanzeige erstattet wurde passiert auch nix. Die konnte aber schon der Uli Hoeneß net so richtig. Dann bleibt nur noch der Betrugsvorwurf - Umsatzkürzung = Umsatzpachtkürzung. Aber wenn da kein Bürger, kein Verpächter Anzeige erstattet, dann ist nicht klar, ob es da ne Antwort gibt. Der Anzeigenerstatter bekommt als Geschädigter/Opfer immer eine Nachricht. Der Bürger als Teil der städtischen Einrichtung/Betrogener ?
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  • C. M.
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  • M. Z.
    Auch wenn ich weder Jurist noch Steuerfachmann bin, ist mir klar, daß es da sicher keine Ausnahmegenehmigung geben wird. Sonst würden da keine elektr. Kassen stehen. Warum sollte er das Geld ausgeben, wenn er es nicht muß?
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  • G. Z.
    "Mir ist von einem Steuerhinterziehungsverfahren gegen mich nichts bekannt", so der Stadtrat und Gastronom in der Stellungnahme weiter. "....Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat am 15.05.2023 aufgrund der Presseberichterstattung in der Ausgabe der Main-Post vom 12.05.2023 ein Vorermittlungsverfahren gegen Emanuele La Rosa (...) eingeleitet", teilt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach auf Anfrage mit. Geprüft werde nun, "ob ein Anfangsverdacht für die Verwirklichung von Straftatbeständen vorliegt". Per Definition: liegt ein Anfangsverdacht vor, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sind, die nach der kriminalistischen Erfahrung die Beteiligung des Betroffenen an einer verfolgbaren Straftat als möglich erscheinen lassen. " Die MP hat bereits einen Strafrechtler zitiert. Über den Anfangsverdacht sind wir damit längst hinaus. Liebe MP dran bleiben und immer schön nachfragen und nicht vergessen: bei Betrug gibts kein Steuergeheimnis!
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  • G. Z.
    Klar, das Steuergeheimnis: von der Seite wird nichts nach außen dringen! Aber : "Nach dokumentierten Vergabekriterien wurde der Pachtvertrag ...mit einem umsatzabhängigen Pachtentgelt vereinbart". Da sind wir im "normalen" Strafrecht. Nach dem hier geschilderten handelt es sich unabhängig von der steuerlichen Beurteilung um "BETRUG". Das ist "ganz normale" Kriminalität, da schützt kein Steuergeheimnis. Vielleicht sollte die MainPost der Staatsanwaltschaft mal ein bisschen unter die Arme greifen und konkret nachfragen, ob nach den geschilderten Sachverhalt, den Aussagen und Benennung von Zeugen und Videomaterial sich nicht ein konkreter Verdacht für die Verwirklichung vom Straftatbestand des Betrugs durch Umsatzkürzung bei vertraglich vereinbarter Umsatzpacht vorliegt. Da steckt man natürlich böse in der Klemme. Selbstanzeige hilft im Steuerrecht und würde den Betrug bestätigen! Liegt wegen Selbstanzeige nichts steuerliches(mehr) liegt die Zuständigkeit beim normalen Strafrichter.
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  • M. S.
    Verstehe ich nicht! Warum zieht die MP vor das Verwaltungsgericht, weil das Finanzamt sich auf das Steuergeheimnis beruft? Dies hätte ihr der Steuersachverständige, den die MP immer zitiert, auch sagen können. Wäre billiger gekommen. Das Steuergeheimnis ist heilig.
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  • A. N.
    Hallo Roxy,

    die Redaktion nimmt ihre journalistische Sorgfaltspflicht ernst. Im vorliegenden Fall handelt es sich um sogenannte Verdachtsberichterstattung. Hier ist es unter anderem erforderlich, alle Aspekte, die möglicherweise entlastend sein könnten, in der Recherche zu berücksichtigen. Das haben wir getan.

    Beste Grüße,
    Aaron Niemeyer (Redaktion)
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  • U. A.
    An MainPost: "Jetzt erklärt sich der Würzburger CSU-Stadtrat"???
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  • R. Z.
    "Sich erklären" wird hier in der Bedeutung "sich äußern" verwendet.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • H. S.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • R. T.
    Und was ist, wenn am Ende die Main Post mit ihren Recherchen daneben lag?
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  • A. H.
    Dann gilt - Achtung Ironie😏 - folgendes:
    1. Die MP hat Recht.
    2. Sollte sie nicht Recht haben, gilt wieder 1.
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  • M. Z.
    Wenn das Beschriebene nur halbwegs stimmt, dürfte das sehr unwahrscheinlich sein.
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  • A. N.
    Hallo rft,

    die Redaktion hat alle ihr vorliegenden Belege mehrfach intensiv geprüft. Die zitierten Gesetzestexte sprechen für sich. Die Einschätzung namhafter Experten ebenso. Stadtrat La Rosa hat mehrfach die Möglichkeit erhalten, von uns möglicherweise missverstandene Beobachtungen aus der Welt zu räumen. Das Ergebnis liegt Ihnen in Form verschiedener Berichte vor.

    Beste Grüße,
    Aaron Niemeyer (Redaktion)
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  • P. K.
    Wie funktioniert eigentlich so eine nachträgliche Protokollierung von Verkäufen. Da muss doch das Personal auf einem Zettel oder sonst was mitschreiben was verkauft wurde. Eine Strichliste auf einem Vordruck ginge auch.
    Dieser Vorgang müsste aber von den Zeugen gesehen worden sein. Ein Protokoll aus dem Gedächtnis halte ich für kaum vorstellbar.
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  • W. R.
    https://hellocash.de/tse/offene-ladenkasse
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