
Im Mai dieses Jahres berichtete diese Redaktion über eine mögliche Begehung einer Steuerordnungswidrigkeit oder sogar Steuerstraftat durch den Würzburger CSU-Stadtrat und Gastronomen Emanuele La Rosa. Nach der Veröffentlichung leitete die Staatsanwaltschaft Würzburg ein Vorermittlungsverfahren ein, das nun eingestellt wurde. Wie die Staatsanwaltschaft der Redaktion mitteilte, habe sich nach den Ermittlungen der Finanzbehörden der Anfangsverdacht einer Straftat nicht bestätigt. Es habe allerdings einen Bußgeldbescheid des Finanzamtes Würzburg gegeben, den La Rosa akzeptiert und bezahlt habe.
Auf Anfrage bestätigt La Rosa, dass er ein Bußgeld in dreistelliger Höhe zahlen musste. Grund dafür sei gewesen, dass nicht jeder Verkauf wie vorgeschrieben sofort ins Kassensystem des Kiosks eingegeben worden sei. „Da ist einfach zu viel los gewesen.“ Dies sei aber für jeden verkauften Artikel nachgeholt worden, so der Gastronom.
Deutscher Presserat weist Beschwerden gegen die Berichterstattung zurück
In einer Stellungnahme zur Entscheidung der Staatsanwaltschaft schreibt La Rosa: „Wie ich im gesamten Verfahren erklärt habe, habe ich mich immer steuerehrlich verhalten". Die Situation habe ihm und seiner Familie "sehr zugesetzt". La Rosa bezeichnet die Berichterstattung als eine "Diffamierungskampagne". Der Deutsche Presserat bewertet das anders. In einer Entscheidung von Anfang Oktober heißt es: In der Berichterstattung dieser Zeitung über den Fall La Rosa liege „kein Verstoß gegen die publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserats vor“.
La Rosa selbst – über seinen Anwalt – sowie zwei Leser hatten sich mit einer Beschwerde an den Presserat gewandt, unter anderem weil sie die Unschuldsvermutung verletzt sahen und eine Vorverurteilung erkannt haben wollten. Der Presserat wies die Beschwerde nach eingehender Prüfung der Berichterstattung jedoch als unbegründet zurück. Es wurde kein Verstoß gegen das „im Pressekodex festgeschriebene Gebot zur Unschuldsvermutung“ festgestellt, heißt es in der schriftlichen Begründung.
Der Deutsche Presserat mit Sitz in Berlin ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien in Deutschland. Die im Journalismus geltenden ethischen Standards sind im Pressekodex normiert. Wer glaubt, ein journalistischer Beitrag verletze diese Grundsätze, kann sich beim Presserat beschweren.
Redaktion hatte Rechtsanwalt um Einschätzung gebeten
„Hinterzieht Stadtrat La Rosa Steuern?“ – Unter dieser Überschrift erschien am 12. Mai 2023 in der Printausgabe und auf der Internetseite dieser Zeitung ein Beitrag über die Kassenführung im von La Rosa gepachteten Kiosk eines Würzburger Schwimmbads. Weitere Berichte folgten. Der Kern der Berichterstattung: Emanuele La Rosa soll mit seiner elektronischen Registrierkasse im Kiosk nicht alle Transaktionen ordnungsgemäß verbucht haben. Ohne Ausnahmegenehmigung sei dies nicht zulässig. Ob eine solche Ausnahmegenehmigung vorliegt, ist offen.
Die Redaktion hatte deshalb einem erfahrenen Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht die in Frage stehenden Vorgänge in abstrakter Form geschildert und ihn um eine Einschätzung gebeten. Der anonym gebliebene Experte hatte derartige Vorgänge als Steuerhinterziehung bezeichnet. La Rosa spricht nun in seiner Stellungnahme von einem „geheimnisvollen Steuerexperten“, der offenbar falsch gelegen habe.
Doch auch im Punkt der Anonymisierung des Experten stützt der Presserat das Vorgehen dieser Redaktion: Diese sei „notwendig gewesen, um den Quellenschutz zu gewährleisten und die veröffentlichte Expertise zu bekommen“, so der Presserat in seiner Begründung.
Leserschaft reagierte unterschiedlich auf Berichterstattung
Die Leserschaft hatte nach den Berichten in Online-Kommentaren und Leserbriefen höchst unterschiedlich reagiert. Die einen begrüßten, dass die Vorgänge öffentlich gemacht wurden und wünschten weitere Aufklärung – andere kritisierten, der Stadtrat werde ohne Beweise öffentlich an den Pranger gestellt. Der Presserat hat in seiner einstimmig ergangenen Entscheidung deutlich gemacht, dass kein Verstoß gegen die Grenzen der Recherche oder das Gebot zur Unschuldsvermutung vorliege.
„Das Gremium folgt in seiner Bewertung weitgehend der Argumentation der Beschwerdegegnerin“, heißt es in der Entscheidung des Presserats. Die Redaktion vertritt die Auffassung, mit ihrer Berichterstattung der grundgesetzlich verankerten Aufgabe der Presse nachgekommen zu sein, auch über Missstände oder mögliches Fehlverhalten zu berichten, ohne dass die Schuld bereits bewiesen ist. Das ist zulässig, wenn die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung eingehalten werden.
Der Presserat schreibt zum Fall La Rosa: „Sofern die Leserschaft durch die Berichterstattung einen für den Betroffenen unvorteilhaften Gesamteindruck bekommen sollte, wäre dies insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Betroffene von der Möglichkeit der eigenen Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hat.“ Dies sei jedoch nicht der Redaktion zur Last zu legen und „kann insbesondere nicht dazu führen, dass eine umfassend recherchierte Verdachtsberichterstattung wie die vorliegende zu unterbleiben hätte“.
Der Presserat ist nicht das objektive Kontrollorgan, für das es der Leser halten soll.
Er ist die Interessensvertretung der Medienhäuser. Man stellt sich wo immer es geht schützend vor die.
Der so genannte Steuerexperte, der nun nicht mal namentlich genannt wird, lag offensichtlich mit seiner Einschätzung, dass es sich um Steuerhinterziehung handelt, völlig falsch.
"Die Redaktion hatte deshalb einem erfahrenen Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht die in Frage stehenden Vorgänge in abstrakter Form geschildert und ihn um eine Einschätzung gebeten. Der anonym gebliebene Experte hatte derartige Vorgänge als Steuerhinterziehung bezeichnet."
Hätte das nicht zum einen ein Jura Student Auch wissen können, oder gar ein Steuerberater?
Und was soll das, jetzt diesen Namen nicht zu veröffentlichen, beziehungsweise geheimnisvoll zurückzuhalten?
Offensichtlich ist es mit dem Expertenwissen nicht weit her!
Strafanzeigen erfolgen ständig in Würzburg - über diese wird seitens Mainpost zum Teil genüsslich und wenig zimperlich berichtet, wenn es im Sinne der Staatsanwaltschaft ist udn entsprechende "Feindbilder" trifft.
Auf der anderen Seite werden Strafanzeigen - insbesondere gegen Juristen - von der Mainpost vollständig unter den Teppich gekehrt, schlicht NICHT darüber berichtet. Dies auch bei Verdacht auf Verbrechenstatbestände! Als langjähriger Polizeibeamter traue ich mir hier durchaus eine Expertise zu.
Man muss hier auch nicht das große Fass "Pressefreiheit" aufmachen, Herr Knahn! Hier geht es nicht um einen Whistleblower sondern nur um einen Juristen, der zwar eine starke Meinung hat aber seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Man hätte sicher auch andere Fachkundige gefunden, die damit kein Problem gehabt hätten....
82 Zeilen rechtfertigen sich die MP und Redakteure dass sie Nix falsch gemacht haben und sogar der Presserat das deckt.
Souverän und Nix falsch gemacht schaut anders aus!
Es hätte zum einen der MP gut gestanden, sich bei ihm öffentlich zu entschuldigen!
Zum andern zu sagen: Leute, wir sind über das Ziel hinausgeschossen und haben einen Menschen zu Unrecht beschädigt/gebrandmarkt!
Stattdessen wird ellenlang begründet, dass das Vorgehen gedeckelt und sogar von Presserat abgesegnet ist!
Das ist schäbig!
Eine Krähe hackt doch der anderen kein Auge aus!
Statt 80 % Begründung hätte es gut gestanden, wenn sich mal jemand hinstellt und sagt:
"Sorry! Wir sind über das Ziel hinausgeschossen! Es tut uns leid dass wir das Ansehen beschädigt haben!"
Denn egal was der Presserat schreibt:
Der Mensch ist abgestempelt und in einer Ecke, in die er gestellt wurde!
Sie werden es in dieser Region nicht erleben, dass irgendjemand in einem solchen Kontext um Entschuldigung bittet.
Völlig losgelöst von dem Fall hier: anstatt auch nur ansatzweise Überreaktion oder Vorverurteilung einzuräumen, verweisen die Akteure IMMER auf Dritte, die sie bestätigten und wird die Rechtfertigung IMMER sein, man habe halt „gemeint“….
Das ist hier offenbar „Tradition“, eine Form von moralischem Jagdeifer, der selbst dann ausgelebt wird und formelhaft „begründet“ wird, wenn objektive Beobachter von Anfang an warnen.
Dennoch: bei La Rosa geht es „nur“ um Steuerdelikte, da muss man es jetzt auch nicht übertreiben mit dem Opfer-Narrativ.
Ich hatte ja beim Anfangsartikel meine Entrüstung kundgetan und explizit darauf hingewiesen, dass nicht nur Herr La Rosa der Leidtragende ist, sondern dessen gesamte Familie im „Dorf“ Würzburg am Pranger stehen würde.
Selbst der Hinweis, dass Mörder unter Kürzeln benannt und deren Gesichter verpixelt würden, von der MP, hielt die Herren Redakteure nicht davon ab,von diesem Verhalten abzuweichen .
Ich finde , es ist ein „dicker Hund „, so mit jemanden umzugehen.
Ob das wohl alles dem Wahlkampf geschuldet war? Denn es dauerte nicht lange, war der nächste, offensichtlich der CSU Nahestehende , in der MP mit Bild dran.
Bedeutet Pressefreiheit ist gleich Sturmreif schiessen?
Und das auch noch sehr einseitig?
Wie Sie schon sagen, kein Wort des Bedauerns geschweige denn Entschuldigung
Abgewartet, resolut reagiert und alles Schwätzer dürfen sich nun bei ihm entschuldigen.
Ein Bußgeld gibts heute vom Fiamt schon, wenn der Furz nicht korrekt gelassen wurde.
Alles andere klären Leute, die dafür bezahlt werden. Ich denke, ausser einem Einspruch hat er nicht viel getätigt, der Rest ist in Luft aufgegangen.
Interessant!
Im allgemeinen läuft es ja anders: der "für den Betroffenen unvorteilhafte Gesamteindruck" entsteht aufgrund einer Verdachtsberichterstattung, die durch die Staatsanwaltschaft (sog. privilegierte Quelle) angestoßen wird, die gegen Betroffene ein Verfahren einleitet.
Wenn sich das infolge als heiße Luft entpuppt, ist dann auch der - regelmäßig nicht befragte - "Betroffene" selbst für den "unvorteilhaften Gesamteindruck" verantwortlich - oder nur dann, wenn die Mainpost die Sache anstößt?
von Beschuldigungen betroffene Menschen werden vor der Berichterstattung immer befragt. Das ist eine journalistische Pflicht. Wäre das aktuell nicht der Fall gewesen, hätte der Presserat anders reagiert. In der von ihm überprüften zulässigen Berichterstattung darf man durchaus eine Notwendigkeit sehen. Es gibt aber selten nach journalistischer Abwägung nur den einen Weg. Dass es von Anfang an z.B. eine abwartende Form der Berichterstattung gegeben hätte, habe ich bereits geschrieben. Ist im Artikel nicht zitiert. Deshalb dieser Link: https://www.mainpost.de/ueberregional/meinung/leseranwalt/leseranwalt-ueber-die-kontrollfunktion-der-presse-und-den-namen-eines-beschuldigten-stadtrates-art-11142778
Vielleicht komme ich in meiner Kolumne bei www.mainpost.de/leseranwalt noch einmal darauf zurück.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Ihr Bericht von Damals und ihr Einwand von heute spiegeln inhaltlich leider nicht das wieder was die MP schreibt!
Nur ein Beispiel:
Sie schrieben: "Sollten die beobachteten Vorgänge - entgegen den berichteten Expertenstimmen - am Ende ohne strafrechtliche Konsequenzen bleiben, gilt es auch Prangerwirkungen wieder journalistisch angemessen zurechtzurücken. Dieser anspruchsvollen Aufgabe käme die Redaktion natürlich so gut es geht nach."
Hmmm; davon ist nichts erkennbar!
Oder:
"...Abwägung der Folgen kann zum vorliegenden Zeitpunkt dennoch einiges für einen Verzicht auf Namen und Bild sprechen. Denn tatsächlich entsteht schon mit der Verbreitung von Vorwürfen ein Medien-Pranger. In Zeitung und Internet, das nichts vergisst, wird der Name einer Person belastet. Und die gilt aktuell unzweifelhaft als unschuldig. Da kann im Internet Belastendes auch noch hängen bleiben, wenn es zu einem Freispruch kommen sollte. ..."
Auch nichts dazu!
Werden Sie tätig!
Sie schreiben, dass "von Beschuldigungen betroffene Menschen" vor der Berichterstattung "immer befragt" werden.
Das kann ich so ganz und gar nicht bestätigen! Nach meiner Erfahrung wird Menschen, die auf Betreiben von (privilegierter) Quelle zum Objekt von Berichterstattung - auch identifizierend - werden, nicht die Möglichkeit gegeben, Stellung zu den Beschuldigungen zu nehmen.
Ich selbst bin bspw. seit 2005 vielfach Objekt von zum Teil bizarrster Berichterstattung geworden, ohne dass jemals ein Reporter der Mainpost persönlich mit mir gesprochen hat.
Auch werden Darstellungen von (privileg.) Quellen regelmäßig keinerlei Recherche oder Prüfung unterzogen sondern schlicht die Aussagen der Quelle übernommen.
Ebenfalls beruft sich die Mainpost z.T. zirkelschlüssig auf ein bereits so erzeugtes "Bild" von Menschen, die sich nicht zu Beschuldigungen äußern konnten oder - wie im Fall LaRosa - nicht äußern wollten, was natürlich ggf. "zur Last" gelegt wird.
Ich möchte weiter ausführen, da m.E. völlig verkannt wird, dass die Mainpost - nicht nur im Fall LaRosa - durchaus AKTIVER Part bei Strafverfolgung ist, in der Regel in sich gegenseitig bestärkender Wechselwirkung mit der Staatsanwaltschaft, was Herr La Rosa nun erspart bleibt.
Nach dem Motto: eine Quelle wirft einer Person etwas vor, die Mainpost berichtet - Verdacht ! - z.T.dramatisierend und plakativ. Die Berichterstattung wiederum wird von der Quelle (oder auch "Experten") wiederum zirkelschlüssig als "Bestätigung" aufgefasst....
Eine Kollegin von Ihnen schrieb mir vor zwei Tagen:
"Für die Redaktion ist die Staatsanwaltschaft (wie auch andere Behörden) eine verlässliche Quelle für Informationen."
Das war insoweit nicht die Frage und ist erkennbar ein Allgemeinplatz, den man auch als Schutzbehauptung dafür verwenden kann, dass Auskünfte von "verl." Quellen entweder 1:1 übernommen werden oder nur in Richtung "Bestätigung" recherchiert wird.
Der Eindruck besteht.