
Es wurde als Befreiungsschlag für viele Kifferinnen und Kiffer angekündigt: Seit April ist der Konsum und Besitz von geringen Mengen Cannabis in Deutschland legal. Es gibt nur ein Problem: Wer sich das grüne Kraut ohne selbst anzubauen, beschaffen will, kann das bisher nur auf illegalem Weg.
Denn: Die Social-Clubs, in denen Cannabis legal angebaut und abgegeben werden darf, sollen erst im Juli dieses Jahres legal werden. Anders als in Ländern wie Spanien und den Niederlanden, in denen Cannabis schon seit mehreren Jahren entkriminalisiert ist, wird es in den deutschen Clubs aber kein gemütliches Beisammensitzen hinter verschlossenen Türen geben. Die Cannabis-Vereine sollen lediglich zum gemeinschaftlichen Anbau genutzt werden können. Gekifft werden darf weiterhin nur Zuhause oder in der Öffentlichkeit unter strengen Auflagen.
Cannabis-Verein soll zur Entstigmatisierung der Pflanze beitragen
Calvin Gosselke aus Würzburg hat schon seit seiner Jugend Kontakt mit Cannabis und bekommt sich das Gras ganz legal über die Apotheke. Vor zwei Jahren wurde bei ihm ADHS diagnostiziert und Cannabis als Therapieform verschrieben. Doch das ist nicht sein einziger Berührungspunkt mit der Pflanze. Neben seinem BWL-Studium arbeitet der 23-Jährige im Marketingbereich eines Pharmaunternehmens in Berlin, welches sich auf medizinisches Cannabis spezialisiert hat. Und steckt aktuell mitten in der Gründung seines eigenen Cannabis-Vereins in Würzburg.
"Mein Antrieb dahinter ist, der Allgemeinheit zu zeigen, dass Gras lange Zeit zu Unrecht stigmatisiert wurde." Es sei an der Zeit, die Pflanze wertfrei zu betrachten und dabei die positiven und negativen Seiten hervorzuheben. Letzteres möchte Gosselke dabei nicht ausblenden, sondern ganz gezielt ansprechen: "Wir wollen und müssen ein Sucht-Präventionskonzept aufstellen und da sind wir gerade in enger Zusammenarbeit mit studierten Sozialarbeitern."
Vor allem verunreinigtes Cannabis könne zu erheblichen gesundheitlichen Schäden führen. Die auf dem Schwarzmarkt erhältlichen Blüten seien oft mit sogenannten Streckmitteln beschwert oder einfach so stark hochgezüchtet, dass das Cannabis teilweise psychische Beschwerden auslösen könne. Gosselke sagt, dass es ihm gerade wegen dieser bekannten Risiken ein Anliegen sei, kontrolliertes Cannabis mit anderen Menschen zu teilen.
Kein Social-Club, sondern nur eine Abgabestelle von gemeinschaftlich angebautem Cannabis
Aber wie soll das Ganze aussehen? "Im Prinzip sind wir eine Abgabestelle für unser gemeinschaftlich angebautes Cannabis", sagt der Würzburger. Gemeinschaftlich sei dabei jedoch nur im weitesten Sinne zu verstehen. Die Vorstellung, dass jedes Mitglied sich seine eigenen Pflänzchen im gemeinsamen Verein heranzüchtet, sei schlicht nicht umsetzbar.
"Wir hätten dann das Problem, dass die Grundvoraussetzungen nicht alle gleich wären und wir nicht sicher sagen könnten, dass unsere Ernte am Ende nicht verunreinigt ist", erklärt der Student. Denn: Der Verein muss sicherstellen, dass die Qualität bei allen angebotenen Produkten gleich ist.
Ein Thema sei auch die Frage der Finanzierung. "Wir werden am Anfang ein hohes Startkapital im sechsstelligen Bereich brauchen", sagt Gosselke. Deshalb einen hohen Mitgliederbeitrag zu verlangen, entspreche aber nicht dem sozialen Gedanken hinter dem Verein. "Als BWLler ist es mein Job, mir Gedanken darüber zu machen, wo man sich Kredite und Investoren besorgt."
Mitglieder dürfen nicht mehr als 50 Gramm pro Monat mitnehmen
Den Mitgliedsbeitrag und den Preis für das Cannabis will der 23-Jährige erschwinglich halten, auch damit am Ende nicht all diejenigen, die finanziell schlecht aufgestellt sind, doch in den Zwang kommen, beim Dealer anzurufen. Mitglied werden sollen bei Gosselke nur Personen ab 21 Jahren. Andernfalls seien die Auflagen zu hoch. Im Verein selbst müssen die Menschen dann ein Kontaktformular ausfüllen und bekommen einen Mitgliederausweis, den sie bei der Abholung von Cannabis vorzeigen müssen.

So soll sichergestellt werden, dass die Abgabe nur an Personen erfolgt, für die sie auch gedacht ist, und den Wert von 50 Gramm pro Monat nicht übersteigt. Dabei setzen die Gründerinnen und Gründer auch auf die enge Zusammenarbeit mit den Behörden. Als Mitglied bewerben könnten sich erst einmal alle, die generell berechtigt sind, Cannabis zu konsumieren. "Ich hasse diesen Exklusivitätscharakter, deshalb suchen wir die Leute nicht danach aus, was sie beitragen können, sondern wer zuerst kommt", sagt der Würzburger.
Gosselke: Präventionsarbeit wird durch gesetzliche Auflagen erschwert, statt erleichtert
Er befürchtet, dass einige Vereine nicht aus Idealismus heraus gegründet werden, oder um für die Pflanze einzustehen. Er glaubt, dass einige Anbieter dann die Mitglieder nach ihrem Konsum auswählen. "Die nehmen dann lieber jemanden auf, der im Monat 20 Gramm konsumiert, als eine Person, die vielleicht nur 2 Gramm kauft." Doch das stehe eigentlich im Widerspruch mit dem Sucht-Präventionsprinzip.
In dem Punkt sind bei den Würzburger Gründerinnen und Gründern aktuell noch einige Fragen offen. "Hätte es Social-Clubs wie in anderen Ländern gegeben, wo man gemeinsam rauchen kann, wäre die Prävention meiner Meinung nach einfacher gewesen." So hätte man die Leute beobachten und ein persönlicheres Verhältnis zu ihnen aufbauen können. Er fühle sich als Gründer verantwortlich für den gesunden Konsum. "Wenn wir mit Freunden in einer Bar wären und merken würden, dass sich einer komplett abschießt, würden wir ja auch etwas sagen."

Kommunikation auf Augenhöhe ist sein Ziel, sagt er. "Wir wollen, dass unsere Mitglieder offen mit uns sprechen und auch fragen können, welche Sorte für welche Situation vielleicht angebracht wäre." Im Club selbst sollen dann regelmäßig Events stattfinden, zum Austausch, aber auch zur Aufklärung über den sicheren Gebrauch.
Starttermin steht fest und Großteil der Arbeit ist bereits erledigt
Und wann ist es soweit mit der Cannabis-Abgabe? Da müssen sich die Würzburgerinnen und Würzburger noch gedulden. "Rechnerisch braucht eine Pflanze drei Monate, bis sie Ernte abwirft, plus Trockenzeit und man darf erst zum 1. Juli die Genehmigungen beantragen." Vor Anfang 2025 wird es also nichts. Dass andere Vereine bereits ab Juli mit dem Verkauf starten wollen, daran stört sich Gosselke nicht. "Wir glauben, dass es viele Jahre geben wird, wo das Konzept Cannabis-Club funktioniert, und deshalb wollen wir diese drei Monate nicht unnötig riskieren, indem wir uns nicht an Gesetze halten."
In Würzburg soll es dann nur eine Abgabestelle geben. Anbauen wollen die sieben Gründerinnen und Gründer im benachbarten Baden-Württemberg. Einerseits, weil ein Großteil von ihnen dort wohnt, andererseits, weil dort keine strenge Cannabis-Kontrolleinheit angekündigt wurde wie in Bayern.
Die Mitglieder sollen dann ihren finanziellen Beitrag leisten, müssen aber keine aktive Aufgabe im Verein übernehmen. Sobald das Cannabis reif und getrocknet ist, können alle Mitglieder ab 21 Jahren monatlich bis zu 50 Gramm davon käuflich in der Abgabestelle erwerben. Der Konsum ist dort allerdings nicht gestattet.