
Montag, 23. Oktober, 10 Uhr. Um einen frisch gepflanzten Baum im Würzburger Ringpark, zwischen Bahnhof und Friedensbrücke, versammelt sich eine kleine Menschengruppe. Grund dafür ist die Gedenkfeier für Adela Duda, einer polnischen Zwangsarbeiterin, die während des Zweiten Weltkriegs nach Würzburg deportiert worden war. Der Würzburger Arbeitskreis (AK) Stolpersteine, der die Gedenkfeier ausrichtet, möchte dadurch nicht nur an sie, sondern zugleich auch an alle Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter erinnern, die in Würzburg dem nationalsozialistischen Regime zum Opfer gefallen waren.
"Adela Dudas Schicksal ist eines von vielen. Es soll exemplarisch für das menschenverachtende System der Ausbeutung und das billigende Inkaufnehmen des Todes der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter stehen", sagt Historiker und Mitarbeiter des AK, Alexander Kraus, in seiner Rede. Auch eine weitere Mitarbeiterin des AK, Beata Surdyka, sowie die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, Sandra Vorlová, kommen zu Wort, um an die Zwangsarbeiterin zu erinnern. Musikalische Untermalung erhält die Gedenkfeier durch die selbst komponierten Stücke des Würzburger Saxophonisten Johannes Liepold.
Wer war Adela Duda?
Die polnische Zwangsarbeiterin Adela Duda wurde am 22. Oktober 1925 in Polen geboren, wo sie sechs Jahre lang die Grundschule in ihrem Heimatdorf besuchte. Im Februar 1943 wurde sie gemeinsam mit vielen anderen mit dem Zug von Krakau nach Deutschland deportiert, um hier als Arbeitskraft eingesetzt zu werden. Kurz darauf kam sie nach Würzburg und wurde ab dem 25. Februar 1943 als Haushaltshilfe in einem Privathaushalt im Winterleitenweg beschäftigt. Aus Briefen an ihre Familie geht hervor, dass sie während ihrer Zeit als Arbeitskraft schlecht behandelt wurde.
Für die Familie im Winterleitenweg arbeitete sie bis zum 4. Oktober 1944, dem Tag ihrer Festnahme. Aus unbekannten Gründen kam sie in das Notgefängnis Friesstraße, wo sie zwei Wochen später, am 22. Oktober 1944, starb - ihrem 19. Geburtstag. Als Todesursache wurde Tuberkulose angegeben, woran sie wohl bereits einige Monate zuvor erkrankt war. Ihr Leichnam wurde für Forschungs- und Ausbildungszwecke dem Anatomischen Institut der Universität Würzburg übergeben. Erst zweieinhalb Jahre später, am 13. März 1947, wurden ihre sterblichen Überreste schließlich auf dem Hauptfriedhof Würzburg beigesetzt.
6000 bis 9000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Würzburg
Während des Zweiten Weltkrieges waren etwa 6000 bis 9000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Würzburg untergebracht, die unter anderem in Privathaushalten, in der Industrie, der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe beschäftigt waren. Während ihrer Arbeitszeit mussten sie sich an strenge Regeln und Pflichten halten, schon bei den geringsten Verstößen wurden sie verhaftet und im Notgefängnis untergebracht - wie auch Adela Duda. Hier lebten die Häftlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen, bis sie schließlich umgebracht wurden. Viele starben allerdings auch an Krankheiten, die durch ihre schlechten Lebensbedingungen entstanden waren.

"Gerade heutzutage können wir angesichts der Entwicklungen und komplexen Herausforderungen nicht oft genug an unsere Geschichte erinnern", betont Kraus in seiner Rede. Laut ihm starben in Würzburg zwischen 1939 und 1945 mindestens 388 Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Die Dunkelziffer sei aber wesentlich höher, es gebe Hinweise auf zahlreiche weitere Todesopfer. Um den verstorbenen Zwangsarbeitskräften sowie den Angehörigen anderer Opfergruppen der nationalsozialistischen Gewalt die letzte Ehre zu erweisen, wurde 2005 der AK Stolpersteine ins Leben gerufen.
AK Stolpersteine erinnert an Opfer des NS-Regime
Zweimal jährlich veranlasst der Arbeitskreis die Verlegung von Stolpersteinen, um den Todesopfern zu gedenken. Die ehrenamtlichen Mitglieder recherchieren die Biografien der Opfer, planen und führen die Verlegung der Stolpersteine durch - dadurch konnte laut der Homepage des AK mittlerweile an 696 Opfer des NS-Regimes in Würzburg erinnert werden. Die Stolpersteine, die für Adela Duda sowie 20 weitere Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im April 2019 verlegt wurden, befinden sich in der Friesstraße am Ort des ehemaligen Notgefängnisses.
Nun erinnert außerdem der Gedenkbaum im Ringpark an die polnische Zwangsarbeiterin. "Ein Baum steht für Leben, für Wachsen und für Gedeihen. Adela Duda hatte, wie viele Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, ihr Leben mit allen damit verbundenen Chancen und Möglichkeiten noch vor sich. Ein verbrecherisches Regime hat dies zunichtegemacht", beendet Vorlová ihre Rede. Die Gedenkfeier für Adela Duda solle deshalb verdeutlichen, dass das Schicksal der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nicht vergessen werde.