Sind die Kitas im Norden Bayern im Durchschnitt schlechter ausgestattet als die Krippen und Kindergärten in Südbayern? "Ja", kritisierten Expertinnen und Experten kürzlich im Landtag bei einer Fach-Anhörung zur Zukunft der Kitas in Bayern: "Es gibt ein eindeutiges Gefälle zwischen Franken und Südbayern", beklagte etwa Christiane Münderlein vom Evangelischen Kita-Verband.
Hauptgrund für diese Schieflage sei, dass letztlich die Finanzkraft der jeweiligen Kommune über die Qualität der Kita vor Ort bestimme, sagte Münderlein. Und die sei eben in Unter- oder Oberfranken oft schlechter, als etwa in Oberbayern. Doch eine bessere Betreuungsquote als die gesetzlich verlangten elf Kinder pro Fachkraft, Zusatzpersonal etwa für Verwaltung und Hauswirtschaft oder eine auskömmliche Ausbildungsvergütung seien freiwillige Leistungen, die sich zunehmend nur noch finanzstarke Kommunen vor allem in Südbayern leisten könnten.
Aus Geldmangel: "In sozial schwachen Gegenden oft die qualitativ schlechtesten Kitas"
Das Ergebnis sei auch sozialpolitisch fatal, bemängelte Münderlein: "Denn in sozial schwachen Gegenden gibt es oft die qualitativ schlechtesten Kitas." Dabei sei dort der Förderbedarf gerade bei den Kleinsten besonders groß und wichtig.
Eine Fehlentwicklung, hinter der das komplexe Fördersystem für die Kitas in Bayern steht: Grundsätzlich sind die Kommunen für Einrichtung, Betrieb und Kosten ihrer Kitas zuständig. Der Freistaat bezuschusst das System aber mit einer kindbezogenen Grundförderung, die aktuell im Schnitt gut 60 Prozent der Betriebskosten abdeckt. Sollen die Elternbeiträge nicht durch die Decke gehen, müssen die Kommunen deshalb bei steigenden Fixkosten eine immer größere Finanzlücke aus eigenen Mitteln schließen.
Vor diesem Hintergrund sei es in Unterfranken sehr schwierig, zusätzliches Geld für eine bessere Kita-Qualität zu bekommen, bestätigt Christiane Leclaire, die für rund 130 evangelische Kitas in Unterfranken zuständig ist. Zwar gebe es in Würzburg seit kurzem erstmals freiwillige Kita-Leistungen der Kommune – in Schweinfurt oder Kitzingen aber nicht. Wenn es extra Geld für die Kitas gebe, dann eher in kleineren Gemeinden, berichtet Leclaire. Denn dort sind die Bürgermeister mangels Alternativen oft auf das Engagement und Knowhow der privaten Kita-Träger angewiesen.
"Die Hütte brennt", warnt der Gemeindetag – und fordert mehr Kita-Geld vom Freistaat
"Viele private Träger denken über das Aufgeben nach", berichtete Kurt Krömer vom Bayerischen Gemeindetag im Landtag. Die Rahmenbedingungen seien schlicht zu schlecht. Für viele Kommunen ein Horrorszenario: Denn in diesem Fall müsste die Gemeinde die Kita wohl selbst übernehmen – und damit "ein finanzielles Risiko, das oft kaum zu erfüllen ist", warnt Krömer. Sein Fazit: "Die Hütte brennt." Und zwar überall in Bayern. Es herrsche deshalb "dringender Handlungsbedarf bei der finanziellen Ausstattung der Kitas durch den Freistaat".
Auf rund 90 Prozent der Betriebskosten müsse die staatliche Förderung steigen, so die einhellige Forderung von privaten Kita-Trägern und Kommunen in der Landtagsanhörung: Dies entspreche rund "einer Milliarde Euro plus für die Grundförderung", rechnete etwa Alexa Glawogger-Feucht vom Katholischen Kita-Verband vor.
"So bekämen wir viel Druck aus den Kitas raus", sagte sie. Die Organisation könnte durch dafür freigestelltes Leitungspersonal besser werden, die pädagogischen Kräfte würden durch Hauswirtschafts- und Verwaltungskräfte entlastet. Weniger Kinder pro Kita-Gruppe - das könnten die Betreuung verbessern und die aktuell hohe Fluktuation der ohnehin raren Fachkräfte senken, so die Hoffnung.
Zusätzliche Kita-Milliarde in Bayern? Sozialministerin äußert sich zurückhaltend
Doch ist eine zusätzliche Kita-Milliarde in Bayern realistisch? Aktuell schießt der Freistaat jährlich rund 3,5 Milliarden Euro in das System, ungefähr dieselbe Summe kommt noch einmal von den Kommunen. Zudem muss ab 2026 flächendeckend eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder aufgebaut werden, was den Freistaat ebenfalls sehr viel Geld kosten wird.
Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) äußerte sich jedenfalls zurückhaltend zu den Finanzierungsforderungen: Sie kenne die Sorgen der Kommunen und nehme diese sehr ernst, sagte sie. Eine "Vorfestlegung auf eine bestimmte Höhe der zukünftigen Förderung" sei jedoch nicht sinnvoll.
Würzburger Kita-Praktikerin Leclaire fordert Geld für "Professionalisierung mit Anspruch"
In Würzburg würde sich Kita-Praktikerin Christine Leclaire vom Freistaat zumindest eine Verstetigung der Finanzierung zeitlich begrenzter und aufwändig immer wieder neu zu beantragender freistaatlicher Projekt wie dem Personalkostenbonus für Zusatzkräfte wünschen. Die Kitas bräuchten überall in Bayern endlich "eine Professionalisierung mit Anspruch", fordert Leclaire – inklusive einer dauerhaften Finanzierung ohne regionale Schieflagen.