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Rottendorf
Edeka-Chefs: Kleine Läden auf dem Land haben kaum Zukunft
Der Lebensmittel-Riese Edeka hat in Rottendorf eine wichtige Zentrale. Im Interview sprechen die Chefs über Corona, Nahversorgung auf dem Land und das Verkäuferimage.
In diesem unscheinbaren Zweckbau in Rottendorf (Lkr. Würzburg) hat Edeka für Nordbayern, Sachsen und Thüringen seine Zentrale.
Foto: Thomas Obermeier | In diesem unscheinbaren Zweckbau in Rottendorf (Lkr. Würzburg) hat Edeka für Nordbayern, Sachsen und Thüringen seine Zentrale.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:57 Uhr

Milliarden-Umsatz und 45 000 Beschäftigte: Vom kleinen Würzburger Vorort Rottendorf aus steuert der Lebensmittelhändler Edeka sein Reich zwischen Franken, der Oberpfalz, Thüringen und Sachsen. In einem unscheinbaren Zweckbau laufen die Fäden bei Sebastian Kohrmann (36) und Rainer Kämpgen (57) zusammen. Nachdem sich Dieter Stukenbrok zu Monatsbeginn in den Ruhestand verabschiedet hat, steht das Duo an der Spitze des Vorstandes der Edeka-Gruppe Nordbayern-Sachsen-Thüringen. Von dort drangen bislang selten Nachrichten nach draußen. Nun reden die beiden Chefs darüber, wie Edeka tickt.

Bei ihnen in Rottendorf laufen die Fäden zusammen: Rainer Kämpgen (links) und Sebastian Kohrmann sind die Chefs der Unternehmensgruppe Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen.
Foto: Thomas Obermeier | Bei ihnen in Rottendorf laufen die Fäden zusammen: Rainer Kämpgen (links) und Sebastian Kohrmann sind die Chefs der Unternehmensgruppe Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen.
Viele Menschen in Mainfranken wurden mit dem Namen Kupsch groß, der seit 2000 zu Edeka gehört. Um Kupsch ist es ruhig geworden. Welche Zukunft haben diese traditionsreichen Märkte?

Sebastian Kohrmann: Kupsch hat vor allem in Würzburg eine relevante Bedeutung und ist dort auch noch eine starke Marke. Aber eher aus der Vergangenheit heraus. Die Märkte sind erfolgreich. Aber für das Expansionsmodell, mit dem wir regional und überregional neue Märkte eröffnen, sind natürlich E-Center und Edeka die starken Marken. 

Welchen Stellenwert hat für Sie die Versorgung der Bevölkerung  zum Beispiel über Nah & Gut oder Diska außerhalb der Ballungszentren? Das ist ja gerade in strukturschwachen Landstrichen wie Rhön-Grabfeld oder Haßberge ein wichtiges Thema.

Kohrmann: Das sind zwei Aspekte. Die kleineren Märkte sind absolut in unserem Fokus – nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch in den urbanen Zentren. In Nürnberg oder in Dresden, auch in Würzburg. In solchen Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern gehen wir bewusst in kleinere Flächen, um nah an die Kunden zu rücken. Auf dem Land haben die ganz kleinen Läden jedoch kaum eine Zukunft. Da kommt es eher darauf an, dass man mit einem ordentlichen Edeka-Markt auf 1200 oder 1500 Quadratmetern Zentren schafft, wo man alles bekommt.

Edeka-Chefs: Kleine Läden auf dem Land haben kaum Zukunft
Trotzdem: Wäre das, was die Dorfläden mancherorts machen, nicht auch was für Edeka?

Kohrmann: Das ist ein Teil unseres Geschäfts, wenn man so will. Wir haben ja auch die Großhandelssparte und beliefern eine große Zahl an Dorfläden. Für diese ganz kleinen Strukturen in Dörfern mit zum Beispiel 800 Einwohnern, also mit so etwas wie den Bäckereiläden von früher, gibt es nur dann eine Zukunft, wenn das Geschäft eine lokale Genossenschaft oder die Kommune non-profit betreibt. Für dieses Modell gibt es immer mehr Beispiele.

Edeka hat sehr viele selbstständig geführte Märkte, wo die Inhaber im Grunde machen können, was sie wollen. Wie gewährleisten Sie da die Lebensmittelsicherheit?

Kohrmann: Wir verfolgen die komplette Prozesskette vom Lieferanten über unsere Lager bis hinein in die Märkte. Gleichzeitig haben wir hohe Anforderungen an unsere Lieferanten, die wir ständig überprüfen.

Rainer Kämpgen: Wir haben Qualitätsabteilungen mit einem ausgeklügelten Informationssystem und sofortigen Rückmeldungen zu notwendigen Maßnahmen. So haben wir zum Beispiel bei Qualitätsmängeln zeitnah die Kenntnis, dass die Ware auch wirklich aus dem Verkauf geholt wurde.

Wir erleben gerade wirtschaftlich schwierige Zeiten. Sie haben indes Millionenvorhaben angekündigt wie etwa die Erweiterung Ihres Regionallagers in Gochsheim bei Schweinfurt. Geht Corona an Edeka Nordbayern vorbei?

Kohrmann: Der Lebensmittel-Einzelhandel ist ein krisensicheres Geschäft. Auch in Corona-Zeiten laufen die Lebensmittelumsätze für Edeka sehr gut. Wir haben im ersten Halbjahr ein Umsatzplus von 13 Prozent. Die andere Seite der Medaille ist, dass Corona natürlich zusätzliche Belastungen gebracht hat. Seien es zusätzliche Ausgaben für die Hygienemaßnahmen und behördlichen Auflagen, seien es zusätzliche Belastungen für die Mitarbeiter. Wir haben außerdem einen Umsatzeinbruch beim Großverbrauchergeschäft mit den Restaurants. In Summe sind wir aber mit dem ersten Halbjahr absolut zufrieden.

Kämpgen: Wir haben in den vergangenen Monaten durch unser Logistik-System viel Vertrauen bei den Verbrauchern gewonnen. Es wurde zwar viel über teilweise ausverkauftes Toilettenpapier gesprochen. Aber wir haben darüber hinaus generell einen guten Belieferungsstand bei unseren Märkten erreicht.

Was hat Corona in den Edeka-Märkten verändert? Werden jetzt plötzlich mehr Lebensmittel online gekauft?

Kämpgen: Online hat bei Lebensmitteln immer noch keine relevante Größe. Natürlich hat sich in den Märkten zum Beispiel durch die neuen Plexiglasscheiben etwas verändert. Bei den Kunden ist zum Beispiel der Trend zu beobachten, wieder mehr zuhause zu kochen. Darauf werden wir uns beim Sortiment und bei unseren Angeboten einstellen.

Ähnlich wie in der Pflege oder in den Kliniken wurden die Beschäftigten in den Supermärkten mit Blick auf Corona als systemrelevant eingestuft. Es gab allenthalben Lobeshymnen und Applaus für den Einsatz dieser Menschen. Auch in Edeka-Märkten?

Kämpgen: Ja. Die Resonanz der Kunden gegenüber unseren Mitarbeitern in den Verkaufsstellen war sehr positiv.

"Das Image des Lebensmittelverkäufers ist deutlich besser geworden."
Sebastian Kohrmann, Chef der Unternehmensgruppe Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen
Was ist von der Wertschätzung geblieben? Gibt es jetzt mehr Geld für die einst so gelobte Belegschaft an der Corona-Front?

Kohrmann: Geld ist ja immer nur ein Faktor. In unserem Großhandelsbereich und bei unseren Kaufleuten war es so, dass den Mitarbeitern mit verschiedenen Gratifikationen gedankt wurde. Zum Beispiel bei den Logistik- und Marktmitarbeitern mit Gutscheinen, weil es naheliegt. Was sich sowohl in den Märkten als auch hier in der Verwaltung am meisten verändert hat, ist das Zusammengehörigkeitsgefühl. Es ist stärker geworden.

Kämpgen: Ich bin in all unsere Lager gefahren und habe mich bei den Mitarbeitern der Logistikzentren persönlich bedankt. Wir haben natürlich noch ein bisschen mehr gemacht. Aber man darf nicht unterschätzen, dass man in solchen Krisensituationen zusammenrückt, was für ein Unternehmen einen Wert darstellt. Unsere Mitarbeiter haben einen tollen Job gemacht.

Kohrmann: Was man auch nicht vergessen darf: Das Image des Lebensmittelverkäufers ist deutlich besser geworden. Unsere Kaufleute berichten, dass sie jetzt deutlich leichter Auszubildende und Mitarbeiter finden.

Der Lebensmittelhändler Edeka

Edeka in Deutschland ist eine weit verzweigter Verbund von Geschäften, Genossenschaften und Stiftungen, der als der größte Lebensmittelhändler in Deutschland gilt. Die Wurzeln reichen ins Jahr 1907 zurück. Mit Sitz in Hamburg ist die Edeka-Gruppe in Deutschland heute in sieben Regionalgesellschaften unterteilt, darunter die Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen Stiftung & Co. KG in Rottendorf, die auch für Teile von Baden-Württemberg und der Oberpfalz zuständig ist. Ihr wiederum gehören zwölf Edeka-Untergesellschaften an, die auf Verwaltung, Großhandel, Produktion und Einzelhandel spezialisiert sind.
Die Edeka-Geschäfte unter Namen wie E-Center, Edeka, Kupsch, Nah & Gut, Marktkauf oder Diska werden zum Großteil von Kaufleuten in eigener Regie und Rechnung geführt. Die Edeka-Zentrale in Rottendorf ist in diesen Fällen für die Immobilie zuständig, macht Vorschläge für das Sortiment in den Läden und kümmert sich um den zentralen Einkauf der Waren. In Mainfranken gibt es 148 der Edeka-Gruppe angeschlossene Läden mit insgesamt rund 6300 Mitarbeitern. Im gesamten von Rottendorf aus verwalteten Gebiet sind es 900 Geschäfte mit zusammen 45 000 Beschäftigten (inklusive Verwaltung).
Mit seinen Lebensmittelpreisen liegt Edeka im Branchenvergleich im oberen Bereich. Laut Sebastian Kohrmann von der Zentrale in Rottendorf habe der Lebensmittelhändler, der bei neuen Läden auf eine edle Gestaltung setzt, allein wegen des breiten Sortiments und der angebotenen Spezialitäten mitunter höhere Preise.
aug/Quelle: Edeka
 
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