
Müssen sich Millionen Arbeitnehmer darauf einstellen, dass sie in Zukunft erst mit 70 Jahren in Rente gehen können? Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat sich kürzlich für eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre ausgesprochen. "Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht. Wir werden länger und mehr arbeiten müssen", sagte Wolf. "Stufenweise werden wir auf das Renteneintrittsalter von 70 Jahren hochgehen müssen - auch weil das Lebensalter immer weiter steigt", so Wolf. Sonst werde das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar sein.
Nach aktueller Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnt bislang eine weitere Anhebung ab. Wie sicher ist unsere Rente? Im Streitgespräch antworten Fabian Kindermann, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Regensburg, und Frank Firsching, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Unterfranken.

Frank Firsching: Dafür gibt es keinen zwingenden Grund. Einer repräsentativen Umfrage der IG Metall zufolge können sich 61 Prozent der Beschäftigten nicht vorstellen, bis zum aktuell gültigen Renteneintrittsalter zu arbeiten. Bei den Pflegekräften liegt dieser Wert bei knapp 80 Prozent. Die Wirklichkeit zeigt, dass es in der aktuellen Debatte weniger darum geht, die Beschäftigten länger arbeiten zu lassen. Es geht vielmehr darum, Rentenkürzungen durch vorzeitigen Renteneintritt auf breiter Basis durchzusetzen.
Fabian Kindermann: Es ist legitim darüber nachzudenken, das Renteneintrittsalter anzuheben. Die Deutschen werden immer älter. Im Schnitt beziehen Senioren heute 20 Jahre lang Rente, im Jahr 1990 waren es noch fünf Jahre weniger. 2040 werden es vermutlich 25 Jahre sein. So entwickelt sich ein Missverhältnis zwischen Arbeits- und Rentenzeit. Noch dazu geht eine Generation in Rente, die ziemlich groß ist, die Babyboomer – und es kommen nicht genügend Rentenbeitragszahler nach.
Kindermann: Im Schnitt sind die Leute schon immer früher in Rente gegangen. Das Problem ist aber, dass sich die Lebenserwartung in der Bevölkerung sehr ungleich entwickelt. Wir brauchen eine Flexibilisierung des Rentenzugangs. Die Leute, die länger arbeiten wollen, sollen das dürfen. Aber für diejenigen, die es nicht können – zum Beispiel Pflegepersonal – muss es eine flexible Lösung geben.
Kindermann: Wir stehen vor einem demografischen Problem: Immer mehr Ältere stehen immer weniger jüngeren Beitragszahlern gegenüber. Daher wurde ja bereits die Rente mit 67 eingeführt. Zudem werden heute schon zahlreiche Rentenleistungen aus Steuermitteln finanziert. Das geht zu Lasten anderer Aufgaben des Staates, wie Bildung und Infrastruktur. Es muss eine Reform her.
Firsching: Wirtschaftsprofessoren verbreiten wieder das Märchen vom Generationenkonflikt bei der Rente: Junge sollen gegen ihre Eltern und Großeltern aufgebracht werden. Doch bei der Finanzierung der Rente ist entscheidend wie die Kosten zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten aufgeteilt werden. Die Konfliktlinie läuft also nicht zwischen den Generationen, sondern zwischen Kapital und Arbeit. Falsch läuft auch die Zunahme der Altersarmut. Sie ist verursacht durch den deutlich angewachsenen Niedriglohnsektor. Wer im Erwerbsleben nur wenig verdient und keine Erbschaft macht, ist im Alter arm. Die Grundrente ist ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus. Wir müssen aus niedrigen Löhnen gute Löhne machen um Altersarmut wirksam zu bekämpfen.

Kindermann: Der Rentenzugang muss flexibler werden, aber nicht zu Lasten von Menschen mit geringen Einkommen und Lebenserwartungen. Noch dazu müssen wir mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt bringen. Je länger wir warten, desto schwieriger wird die Situation. Was in den nächsten 20 Jahren passiert, ist sehr vorhersehbar. Aber in 20 Jahren können wir den Menschen nicht einfach die Rente wegnehmen. Da gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: die Beiträge steigen oder alle Menschen gehen später in Rente. Daher müssen wir jetzt entschlossen handeln.
Frisching: Wir setzen uns als DGB für die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung ein, in die alle Erwerbstätigen - also auch der Selbstständige, Beamte und Politiker - einzahlen. Während die Bundesrepublik auf die private Vorsorge gesetzt hat, hat Österreich eine solche Erwerbstätigenversicherung eingeführt. Im Ergebnis erhalten Frauen in Österreich heute monatlich 470 Euro mehr Nettorente und Männer etwa 700 Euro mehr als hierzulande. Dafür müssen in Österreich Arbeitgeber zwei Prozentpunkte höhere Beiträge für die Rentenkasse zahlen als ihre Beschäftigten. Das wäre auch hier möglich.
Wir sind die sog. Nettozahler !!
Nicht immer auf manche Freiberufler/Beamte schauen.
Wer sein Leben lang körperlich gearbeitet hat, KANN irgendwann nicht mehr, und das passiert nicht erst mit 68.
Wir können nichts dafür, dass wir der Babyboomer-Generation angehören, schwer gearbeitet haben wir wie andere auch!!!
Die Faustzahl -45 Jahre sozialversicherungspflichtige Tätigkeit- ist anscheinend in Vergessenheit geraten.
Bei Rentenbeginn mit 68 Jahren würde das bedeuten, ab 23 einzahlen.
Wie viele tun das heute noch nicht?
Aus meiner Schulklasse war ein Mitschüler noch 13 Jahre alt, als er seine Ausbildung begann.
Und der ging nicht schon mit 58 in Rente.
Genau, schauen wir nach Griechenland. Lässt sich von uns subventionieren und schickt seine Einwohner frühzeitig in Rente. So geht regieren!
Natürlich führt um den Dreiklang Rentenkürzung, höhere Beiträge und höheres Eintrittsalter kein Weg vorbei. Das müsste insbesondere für die geburtenstarken Jahrgänge jetzt noch angepasst werden. Jedes Jahr mehr Arbeit entschärft diese Zeitbombe wenigstens ein bisschen.
Der oder diejenigen müssten ja blöd sein wenn sie so etwas einführen würden .
Das würde ja zu einer einklassen Gesellschaft führen.
Anders wird es aber nicht gehen.
Die Pensionen werden uns alle noch das Genick brechen!