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Würzburg
Ab Januar kommt die Grundrente: Wer profitiert?
1,5 Millionen Menschen sollen ab 2021 Grundrente erhalten. Das bedeutet einen deutlichen Zuschlag für Bezieher kleiner Renten. Doch wer erhält die Grundrente überhaupt?
Lange gearbeitet und trotzdem wenig Rente? Die Grundrente soll vielen Versicherten ab 2021 ein Plus bescheren.
Foto: Mascha Brichta, dpa | Lange gearbeitet und trotzdem wenig Rente? Die Grundrente soll vielen Versicherten ab 2021 ein Plus bescheren.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:24 Uhr

Die Grundrente kommt – wenn auch für viele später als erhofft. Der Bundestag hat das Grundrentengesetz am 2. Juli 2020 beschlossen. Mit der Grundrente soll die Lebensleistung gewürdigt und so für mehr Gerechtigkeit gesorgt werden. Doch die Grundrente ist keine neue Rentenart. "Es handelt sich um einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung, der zu allen Renten, also zu Versicherten- ebenso wie zu Hinterbliebenenrenten, gezahlt wird", sagt Stephan Fasshauer, Direktor der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV). Er warnt aber vor falschen Erwartungen: "Die meisten Rentner werden die Grundrente nicht bekommen." 

Carsten Vetter, Bezirksgeschäftsführer des Sozialverbands VdK für Unterfranken glaubt nicht, dass die Grundrente ein wirksames Instrument gegen Altersarmut ist. "Ein Alterseinkommen in Höhe von zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs – denn dies soll mit der Grundrente erreicht werden – ist nicht das, was man sich wünscht, wenn man ein Leben lang gearbeitet hat", sagt Vetter. Er und Stephan Fasshauer von der DRV beantworten unsere Fragen zum Thema.

Was ist die Grundrente?

Die Grundrente soll Geringverdiener im Alter besserstellen und dafür sorgen, dass ihnen mehr zusteht als nur die Grundsicherung im Alter. Sie ist laut DRV ein Zuschlag auf die Rentenansprüche von Geringverdienern.

Wann kommt die Grundrente?

Das Gesetz zur Grundrente tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Versicherte müssen sich aber darauf einstellen, dass sie ihren Rentenzuschlag erst später ausgezahlt bekommen. "Grund ist vor allem der hohe Verwaltungsaufwand, den die Einkommensprüfung mit sich bringt", sagt Fasshauer. Die Deutsche Rentenversicherung geht davon aus, dass zunächst Neurentner ab Mitte 2021 Grundrente ausgezahlt bekommen – dann natürlich rückwirkend zum Januar. Bei Menschen, die heute schon in Rente sind, könnte es noch bis Ende 2022 dauern, ehe das Geld auf dem Konto ist.

Wie sieht die Umsetzung des Grundrentengesetzes aus? Darüber informierte Stephan Fasshauer, Direktor  der Deutschen Rentenversicherung Bund. Fasshauer hat in Würzburg Volkswirtschaftslehre studiert.
Foto: Thomas Obermeier | Wie sieht die Umsetzung des Grundrentengesetzes aus? Darüber informierte Stephan Fasshauer, Direktor der Deutschen Rentenversicherung Bund. Fasshauer hat in Würzburg Volkswirtschaftslehre studiert.
Wer bekommt die Grundrente?

Die DRV geht davon aus, dass etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen Empfänger einer Grundrente sein werden. Da viele Frauen mit Rücksicht auf ihre Familien häufig in Teilzeit und teilweise auch in eher schlecht bezahlten Berufen gearbeitet haben, werden sie eine große Gruppe der Grundrenten-Bezieher darstellen. Auch viele Ostdeutsche, die für niedrige Löhne gearbeitet haben, werden von der Grundrente profitieren. Gutverdiener haben schlechte Karten. SPD und Union haben sich auf eine Einkommensprüfung geeinigt. Das heißt: Nur wessen Haushaltseinkommen eine bestimmte Obergrenze nicht überschreitet, bekommt tatsächlich Geld.

Ab Januar kommt die Grundrente: Wer profitiert?
Welche Voraussetzungen gelten für die Grundrente?

Um Grundrente zu erhalten, müssen Sie eine bestimmte Zeit an Versicherungsjahren vorweisen, die so genannten Grundrentenzeiten. Außerdem zählt das durchschnittliche Bruttoeinkommen aus Ihrem Versicherungsleben: mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten für einen teilweisen Zuschlag, für den vollen Zuschlag mindestens 35 Jahre Grundrentenzeiten. Noch dazu darf der Durchschnittsverdienst nicht höher als 80 Prozent des bundesweiten Durchschnittsverdienstes sein, mindestens jedoch 30 Prozent. Wo Sie mit Ihrem Durchschnittseinkommen stehen, lässt sich an den Entgeltpunkten ablesen, die Ihnen jedes Jahr gutgeschrieben werden.

Können auch Minijobber Grundrente bekommen?

Grundsätzlich ja, denn Minijob-Zeiten zählen als Grundrentenzeiten. Minijobs können laut DRV dazu beitragen, die geforderten 33 Jahre zu erreichen. Eine Grundrente allein mit Minijobs ist nicht möglich.

Muss ich einen Antrag auf Grundrente stellen?

Nein, niemand muss einen Antrag stellen, um die Grundrente zu erhalten. Sie wird von der Deutschen Rentenversicherung automatisch ausgezahlt. Wohlgemerkt: Erst 2021 soll die Grundrente starten.

Carsten Vetter, Bezirksgeschäftsführer des Soziaverbands VdK für Unterfranken, sieht die Grundrente  nicht als wirksames Instrument gegen Altersarmut
Foto: Patty Varasano | Carsten Vetter, Bezirksgeschäftsführer des Soziaverbands VdK für Unterfranken, sieht die Grundrente  nicht als wirksames Instrument gegen Altersarmut
Ist die Grundrente ein wirksames Instrument gegen Altersarmut?

"Leider nicht", sagt Carsten Vetter, VdK-Bezirksvorsitzender. Die Grundrente mildere teilweise das Syndrom, beseitige aber nicht die Ursache von niedrigen Renten. "Falsche politische Weichenstellungen, welche zu Niedriglohn, prekärer Beschäftigung und sinkenden Rentenniveaus führen, sollten korrigiert werden, um auskömmliche Renten zu ermöglichen." Nur so könne man für kommende Generationen Altersarmut vermeiden.

Welche Zeiten zählen als Grundrentenzeiten?

Als Grundrentenzeiten zählen die Zeiten aus sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit, aber auch Pflichtbeitragszeiten der Kindererziehung und Pflege von Angehörigen, Zeiten des Bezugs von Krankengeld oder Reha, Ersatzzeiten wie zum Beispiel Zeiten des Kriegsdienstes, der Kriegsgefangenschaft oder der politischen Haft in der DDR.

Welche Zeiten zählen nicht als Grundrentenzeiten?

Zeiten, in denen Sie Arbeitslosengeld I oder ALG 2 erhalten haben, Zeiten der Schulausbildung, Zurechnungszeit (fiktiv verlängerter Lebenslauf zur Erhöhung einer Erwerbsminderungsrente) und Zeiten, in denen Sie freiwillige Beiträge gezahlt haben.

Wie hoch ist die Grundrente?

Die Höhe der Grundrente wird für jeden Versicherten individuell errechnet. Bei der Berechnung kommen Ihre bislang erzielten Entgeltpunkte (EP) ins Spiel. "Durchschnittlich wird sich der Zuschlag auf rund 75 Euro brutto im Monat belaufen. Dabei reichen die Beträge für den Zuschlag je nach Fall von wenigen Cent bis zum Höchstbetrag von rund 420 Euro", sagt Fasshauer.

Welche Einkommensgrenzen gelten bei der Grundrente?

Die volle Grundrente erhält nur, wer nicht mehr als 1250 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 1950 Euro (Paare) verdient. Wer etwas mehr verdient, bekommt den darüber liegenden Teil des Einkommens zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet. Oberhalb von 1600 beziehungsweise 2300 Euro ist es damit aber vorbei. Einkommen, das diese Grenze überschreitet, wird voll angerechnet. Die Freibeträge sollen regelmäßig angepasst werden.

Welche Einkommen werden bei der Einkommensprüfung berücksichtigt?

Für die Einkommensprüfung zählen unter anderem die eigene Nettorente, eine Witwer- oder Witwenrente und Kapitalerträge oberhalb des Sparerfreibetrags. Nicht dazu zählen der Grundrentenzuschlag selbst sowie Vermögen wie zum Beispiel Immobilien.

Gibt es einen Freibetrag bei Wohngeld und Grundsicherung?

Bei Rentnern, die Zuschüsse in Form von Wohngeld oder Grundsicherung erhalten, soll die Grundrente nicht voll als Einkommen angerechnet werden. Der Freibetrag liegt je nach Höhe der Rente mindestens bei 100 Euro, höchstens jedoch bei 50 Prozent des Regelsatzes zur Grundsicherung. 2020 wären das also maximal 216 Euro.

Erreicht die Grundrente die wirklich Bedürftigen?

"Leider nicht alle", sagt Carsten Vetter. Einen Zuschlag erhalten Rentner nur dann, wenn sie wenigstens 33 Versicherungsjahre aufweisen und nur für Monate, in denen wenigstens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes dem Rentenkonto gutgeschrieben wurden. "Viele Menschen werden daher keinen Anspruch haben und weiterhin auf Grundsicherung angewiesen sein." Vetters Fazit: "Bei einem sehr hohen Verwaltungsaufwand für die Rentenversicherung werden große Teile der bedürftigen Menschen nicht erreicht."  

Können auch Deutsche, die im Ausland leben, eine Grundrente beziehen?

Ja, die Grundrente wird auch gezahlt, wenn Sie im Ausland leben.

Wie viel Arbeit kommt durch die Grundrente auf die Rentenversicherung zu?

Die Einkommensprüfung bei etwa 2,9 Millionen Renten und die Berücksichtigung von Partnereinkommen führen zu einem hohen Arbeitsaufwand in einem Terrain, das die Rentenversicherung so noch nicht betreten hat, sagt DRV-Direktor Fasshauer. Zum Start der Umsetzung des Grundrentengesetzes, benötigt die DRV zur Unterstützung der Sachbearbeitung etwa 3500 Vollzeitbeschäftigte zusätzlich, in den folgenden Jahren rund die Hälfte.

Wie viel kostet die Umsetzung der Grundrente?

Allein die Verwaltungskosten im ersten Jahr, also in der Aufbauphase, werden etwa 24 Prozent der gesamten Ausgaben für den Grundrentenzuschlag ausmachen. "Dauerhaft rechnen wir mit etwa 13 Prozent. Insgesamt erwarten wir – nach einer moderaten Entwicklung in den Vorjahren – einen deutlichen Anstieg unserer Verwaltungskosten im Jahr 2021", so Fasshauer. Allein für die Umsetzung des Grundrentengesetzes sind im Einführungsjahr 2021 rund 410 Millionen Euro angesetzt.

Grundrente berechnen: So geht’s:

Zunächst wird Ihr durchschnittlicher Wert der Entgeltpunkte (EP) errechnet. Jahre, in denen Sie weniger als 0,3 EP erhalten haben, gehen nicht in die Berechnung ein. Im zweiten Schritt wird dieser EP-Wert verdoppelt, allerdings maximal auf 0,8. Die Differenz ergibt den Zuschlag. Im letzten Schritt wird der Zuschlag um 12,5 Prozent gekürzt. Die so ermittelten Entgeltpunkte lassen sich in eine Rentenzahlung umrechnen. Jeder Entgeltpunkt steht seit dem 1. Juli 2020 für monatlich 34,19 Euro (West) beziehungsweise 33,23 Euro (Ost).
Beispiel: Wie sieht eine Berechnung der Grundrente aus?
Claudia Heinemann hat 35 Jahre lang als Pförtnerin in Dresden gearbeitet. Sie hat im Schnitt 0,7 Entgeltpunkte (Ost) jährlich gesammelt, und das entspricht aktuell einem Verdienst von etwa 26 500 Euro brutto im Jahr. Damit kommt sie nun auf eine Altersrente von rund 814 Euro brutto pro Monat. Darüber hinaus hat Frau Heinemann Mieteinnahmen, von denen 400 Euro zum anzurechnenden monatlichen Einkommen gehören. Ihr steuerpflichtiges Einkommen zuzüglich steuerfreiem Teil der Rente liegt unter dem Freibetrag für Alleinstehende von 1250 Euro. Es hat damit keinen Einfluss auf die Berechnung des Grundrentenzuschlags. Somit erhält Frau Heinemann einen Grundrentenzuschlag von rund 102 Euro und insgesamt eine Rente von rund 916 Euro brutto im Monat.
Quelle: DRV Bund
 
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Kommentare
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  • diefulls
    Und die Frauen die es wirklich bräuchten gehen leer aus.
    Wie viele Frauen der Kriegsgeneration haben zwar ihr Leben lang gearbeitet, aber halt "Nur" als Minijobber, die es vor 50 Jahren so gar nicht gab. Und haben sich von den paar Kröten auch noch Geld zusammen gespart um freiwillige Rentenbeiträge zu zahlen. Diese Frauen sind heute über 80 Jahre alt und haben vielleicht 350 € Rente. Diese Generation der Mütter deren Schulzeit in die Kriegsjahre viel, die keinen anständigen Beruf erlernen konnten, sie waren bestenfalls auf der Hauswirtschaftsschule. Die uns groß gezogen haben und nebenbei Putzen gegangen sind, das wir es besser haben, einen Beruf lernen konnten. Diese Mütter gehen leer aus, deren Lebensleistung verdient offensichtlich keine Anerkennung.
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  • flyarcus@gmx.de
    wegen den paar Kröten die ausgezahlt werden, müssen 3500 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden, welche die Rentenkassen für nix und wieder nix belasten.... irgendwo hängt es doch, oder?
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