"Es kommen immer mehr Rentnerinnen und Rentner, die sich bei den Tafeln Lebensmittel holen, weil ihre Rente nicht reicht", sagt Michael Donath. Der Geschäftsführer des Diakonischen Werks Lohr (Lkr. Main-Spessart) und Leiter der Lohrer Tafel sieht die Veränderung. Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und der Wegfall von Minijobs: Seit Beginn der Corona-Krise kommen viele neue Bedürftige zu den Tafeln. Dafür würden einige Stammkunden aber fernbleiben - aus Sorge vor einer Ansteckung oder aus Scham. "Viele versuchen ihre Situation zu vertuschen", sagt Donath.
Die Lohrer Tafel gibt es seit 15 Jahren. Insgesamt 756 Personen werden hier versorgt, 130 ehrenamtliche Helfer arbeiten mit. "Das letzte Jahr war für uns alle sehr anstrengend und belastend", sagt Donath. Im ersten Lockdown hatte die Tafel zwischenzeitlich geschlossen, jetzt läuft alles wieder im Normalbetrieb. Aber: "Der Aufwand ist enorm gestiegen, allein schon wegen der Hygienemaßnahmen", sagt der Tafel-Leiter. Für die nächsten Jahre würden sich alle Tafeln in Deutschland auf einen deutlichen Kundenzulauf einstellen - weil besonders die Altersarmut steigt.
Rund 81 Prozent der Frauen und knapp 45 Prozent der Männer, die 2019 in Bayern in Rente gingen, lagen mit den Zahlbeträgen ihrer gesetzlichen Altersrente unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle von aktuell 1155 Euro. Zu diesem Ergebnis kommt der Rentenreport des DGB Bayern mit den aktuellsten Zahlen der Deutschen Rentenversicherung. Demnach waren 16,2 Prozent der unterfränkischen Rentner im Jahr 2019 armutsgefährdet. "Wir sprechen von 213 000 Menschen. Der Regierungsbezirk hatte damit in Bayern die dritthöchste Quote", sagt Carsten Vetter, Bezirksgeschäftsführer des Sozialverbands VdK in Würzburg.
Die Gründe für die wachsende Altersarmut sind nach Vetters Einschätzung vielfältig. Einerseits machten sich die Rentenreformen der vergangenen Jahrzehnte bemerkbar, die fast durchweg auf eine Kürzung des Sicherungsniveaus der gesetzlichen Rente abgezielt hätten. Außerdem wirkten sich die wachsende Zahl unsteter Erwerbsbiografien und das Anwachsen des Niedriglohnsektors aus. Auch der zum Teil dramatische Anstieg der Mieten spiele eine Rolle, sagt der VdK-Bezirksgeschäftsführer: "Menschen, die wenig verdienen, können auch nichts zusätzlich sparen."
Die gesetzliche Rente reiche für viele Menschen nicht mehr, um den Lebensstandard zu sichern: In Unterfranken lag der durchschnittliche Zahlbetrag für Altersrenten 2019 bei Männern bei 1226 Euro, bei Frauen bei 715 Euro. "Viele Rentner haben da kaum finanziellen Spielraum und müssen oft mehr als die Hälfte des Einkommens für Wohnraum ausgeben", sagt Vetter. Noch dazu nehme die Zahl Sozialwohnungen in Deutschland immer weiter ab.
Viele Rentner haben durch die Krise keinen Job
"Durch die Krise verursachte Kurzarbeit und höhere Arbeitslosigkeit wird bei denjenigen, die kurz vor der Rente sind, den Rentenanspruch verringern und damit das Armutsrisiko bei Generationen erhöhen, deren Erwerbsbiografien sowieso schon höhere Lücken aufweisen", sagt Thomas Zwick, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Uni Würzburg. Viele Rentner, die sich bislang noch etwas dazuverdienten, hätten durch Corona ihren Job verloren oder arbeiten aus Angst vor Ansteckung derzeit nicht, sagt Zwick: "Obwohl diese Zuverdienstmöglichkeiten häufig nur Minijobs für 450 Euro sind, ist deren Anteil am verfügbaren Einkommen der betroffenen Rentner nicht zu unterschätzen."
Was aber können Erwerbstätige jetzt gegen Armut im Rentenalter tun? "Der erste und wichtigste Schritt ist, dem Problem ins Auge zu sehen, solange man reagieren kann", sagt BWL-Professor Zwick. "Für diejenigen, die während ihres Erwerbslebens über lange Zeit wenig in die Rentenkasse einzahlen konnten, ist eine Aufstockung ihrer Rentenansprüche oder ein Nebenverdienst im Alter absolut notwendig."
Der Sozialverband VdK sieht die Entwicklung dramatisch und fordert die Stärkung der gesetzlichen Rente und dauerhaft ein Rentenniveau von 50 Prozent. "Weit vor dem Monatsende stehen viele Senioren vor der Frage, von welchem Geld sie ihre Lebensmittel bezahlen sollen", sagt Carsten Vetter. "An Rücklagen für unvorhergesehene Ereignisse ist gar nicht zu denken. So sieht kein Altern in Würde aus."
Die gesellschaftlichen Probleme dürften nicht bei den Tafeln abgeladen werden, sagt Michael Donath von der Tafel in Lohr. Die Politik müsse das Thema Armut endlich ernst nehmen: "Wir benötigen für alle betroffenen ärmeren Rentner eine bedingungslose ausreichende Grundrente. Auch die Regelsätze im Hartz IV müssen dringend überarbeitet werden." Ansatzpunkte gäbe es viele. Im Landkreis Main-Spessart fordern die Sozialverbände seit vielen Jahren die Einführung eines Sozialpasses. "Bisher leider erfolglos", sagt der Tafel-Chef.
Also, was soll meinereins tun?
Altersarmut mit Ansage. Und das trotz Abitur und guter Ausbildung... Was machen dann erst andere???
ganz meiner Worte mir gehts genauso
da sie gar keine Möglichkeit haben ihre Rente nebenbei noch aufzustocken .
Altersarmut ist immer noch ein Tabuthema , was keiner hören will und wo auch die
Politik einen weiten Bogen darum macht .
Was soll das noch werden???
Während heutige jüngere Arbeitnehmer, zumindest theoretisch, vorgewarnt sind, privat vor zu sorgen, kam diese Warnung für manche ältere AN zu spät. Oder man hat schlicht nicht die finanziellen Möglichkeiten privat vor zu sorgen.
Ihr macht einen tollen Job. Bitte macht weiter.