Er schreibt immer weiter: Der Giebelstädter Hobby-Archivar Robert Popp hat den dritten Band seiner Reihe über den Flugplatz Giebelstadt herausgebracht. Wie Band eins, in dem die Jahre 1928 bis 1945 behandelt werden, und Band zwei (1945 bis 1955) beschreibt das Buch in chronologischer Reihenfolge die militärischen und nicht militärischen Ereignisse in Giebelstadt rund um den Flugplatz. "Giebelstadt und sein Flugplatz, 1956 – 1965" heißt das 304 Seiten dicke Buch, in dem es unter anderem um ein geheimes Spionageflugzeug und royalen Besuch auf dem Flugplatz geht.
Popps Flugplatz-Reihe ist seinen Lesern mittlerweile bekannt: "Die Leute haben schon im Juli angerufen und gefragt, wann der dritte Band erscheint", sagt Popp und lacht. In Sachen Marketing hat er dazugelernt: Käufer der ersten Bücher bekommen von ihm eine E-Mail, wenn der jeweils nächste Band erscheint. Den weitesten Weg hat eines seiner Werke nach Neuseeland genommen: Ein dort lebender Amerikaner ist der Empfänger.
Popps drittes Buch dreht sich um die Jahre 1956 bis Ende 1965 – eine Zeit, in der der Zweite Weltkrieg zwar schon einige Jahre zu Ende war, es aber noch viele Sorgen gab, wie es im Vorwort des Buches heißt: "Besatzungen und Beschlagnahmungen durch das amerikanische Militär in und um Giebelstadt und auch auf seinem Flugplatz stellten die Gemeinde und die Bevölkerung vor manche Probleme."
Neben immer noch stattfindenden Enteignungen von Feldern und Grundstücken durch die Amerikaner zugunsten des Ausbaus des Flugplatzes finden sich im Buch aber auch immer wieder Berichte über deren Hilfsbereitschaft: "Sie haben viel für die Gegend getan", weiß Popp. Sei es Unterstützung bei der Verbesserung der Kanalisation in Goßmannsdorf, Hilfe beim Straßenbau in Giebelstadt oder der Transport von Kirchenglocken: Die Amerikaner standen den Einheimischen zur Seite, mit Lkws, Armeefahrzeugen, Gerätschaften und Manpower.
Zeitzeugenberichte zum Spionageflugzeug "U2"
Popps Bücher leben unter anderem von den Augenzeugenberichten. Mehrere Zeitzeugen berichten in Band drei über die geheimnisvolle "U2", die für Spionageflüge über Osteuropa und der westlichen Sowjetunion eingesetzt wurde. Das Flugzeug, das wie ein "übergroßes Segelflugzeug mit Düsenmotor" aussah, hatte eine Einsatzhöhe von über 20.000 Metern, so dass es lange Zeit für die bodengestützte Flugabwehr und Jagdflugzeuge unerreichbar war. Aus der Luft fotografierte der U2-Pilot, was auf dem Boden zu sehen war.
Im Oktober 1956 wurde die U2 mit ihrer Staffel nach Giebelstadt verlegt, wo sie bis November 1957 blieb. Es handelte sich um ein sehr gut gehütetes Geheimprogramm; erst viele Jahre später habe man etwas mehr darüber erfahren, heißt es im Buch.
Schnappschüsse aus dem Straßengraben
Im Zeitzeugenbericht von dem 1957 bei der US-Feuerwehr auf dem Flugplatz beschäftigen Josef Pfeuffer heißt es: "Bei den Starts und Landungen (die von der Feuerwehr begleitet wurden, um bei einem Unfall sofort eingreifen zu können), war ein uns unbekanntes dunkles Flugzeug ohne jegliche Aufschriften dabei. Wir Feuerwehrleute durften unsere Autos nicht verlassen, schon gar nicht uns diesem Flugzeug nähern, uns wurde auch nicht gesagt, um was für ein Flugzeug es sich hier handelte, wo es herkam und welchen Auftrag es ausführt. Wir durften auch nicht erzählen, was wir gesehen haben, wir wurden zum totalen Schweigen verdonnert."
Popps Buch enthält ein Foto von der U2 beim Landeanflug – es ist ein zufälliger Schnappschuss: "Der Fotograf lag rücklings im Straßengraben an der B19, nahe der Start- und Landebahn, um Bilder von den Flugzeugen zu machen – da war zufällig die U2 dabei", erzählt Popp. Auch ein Foto des Sportwagens eines U2-Piloten ist in Popps Buch zu finden, fotografiert im Sommer 1957, wie es im Ort parkt. "Der U2-Pilot Francis Gary Powers war in Giebelstadt sehr beliebt und in den Lokalitäten ein sehr gern gesehener Gast", so ein weiterer Zeitzeuge.
Warum Kamele ihr Winterquartier in Giebelstadt bezogen
Popp legt großen Wert darauf, die Erzählungen von Augenzeugen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Oft reiche dafür logisches Denken: "Die Behauptung, dass Düsenjäger auf der B19 gestartet und gelandet wären, kann zum Beispiel nicht stimmen, weil es dafür eine gerade Strecke von mindestens drei Kilometern Länge gebraucht hätte", erklärt Popp. "Die gibt es aber auf der B19 nicht." Dem 74-Jährigen ist bewusst, dass sich Gedanken im Laufe der Jahre verselbständigen können. "Wenn mir jemand eine Geschichte mit 'könnte' und 'vielleicht' erzählt, interessiert mich das nicht – man muss mich schon überzeugen."
Auch er selbst kann persönliche Geschichten von damals beitragen: Unter dem Stichwort "Zirkusromantik" erinnert sich Popp in seinem neuen Werk, wie im Winter 1958 ein Zirkus sein Winterquartier in den Hallen eines Betonwerkes auf dem Gelände des Giebelstädter Flugplatzes bezogen hatte. Der damals Zehnjährige und seine Freunde fuhren mit Fahrrädern zum Flugplatz, um die Tiere anzuschauen. "Viele Tiere, wie zum Beispiel Kamele, hatten wir vorher, außer auf Bildern, noch nie gesehen", so Popp. "Fernseher waren damals ja noch Mangelware. Für ein paar Pfennige konnten wir so lange bleiben, wie wir wollten."
Der Flugplatz brachte auch immer wieder berühmte Personen nach Giebelstadt: Prinz Philip, Gemahl der nun verstorbenen britischen Königin Elisabeth II., trat 1958 und 1959 von dort aus seine Heimreise an, nachdem er in Baden-Württemberg Verwandte besucht und an ihm zu Ehren veranstalteten Jagden teilgenommen hatte.
Der Absturz eines Sportflugzeuges des Motor-Sport-Club e.V. Ochsenfurt sorgte im Juli 1964 für Schlagzeilen: Laut Bericht aus der Ochsenfurter Zeitung stürzte es "nur wenige Meter vor den entsetzen Augen der zahlreichen Badegäste des überfüllten Inselbades in den Main". Dabei kamen der Pilot und seine zwei Passagiere ums Leben – bei einem Absturz in das Bad wäre die Zahl der Opfer wohl um einiges größer ausgefallen.
Die Vergangenheit schafft Kontakte in der Gegenwart
Auch wenn das Schreiben eines Buches "viele hundert Stunden Arbeit" sei und einen großen Teil seiner Zeit einnehme, sieht Popp die Arbeit für seine Flugplatz-Reihe noch immer als Hobby. "Meine Frau hält mir den Rücken frei, sonst wär’s schwierig", sagt er. Eine feste Schreibroutine hat der 74-Jährige nicht, "ich schreibe, wie ich Lust und Zeit habe". Alle Bücher seien bisher interessant zu schreiben gewesen: "Dabei kommen Details zum Vorschein, die auch mir bis dahin unbekannt waren."
Wenn Robert Popp vom Flugplatz erzählt, merkt man, dass er gern an dort Erlebtes zurückdenkt. "Ich habe ein gutes Gedächtnis für alte Sachen – für Neueres eher nicht so", sagt der 74-Jährige und lacht. Für ihn ist es ein schöner Nebeneffekt, dass er mit den Menschen, die bei ihm ein Buch kaufen, auch ins Gespräch kommt. Nicht selten werden daraus Kontakte, die Popp mit weiteren Fotos oder anderem historischen Material rund um den Flugplatz versorgen.
Den vierten Band der Flugplatz-Reihe, "Giebelstadt und sein Flugplatz. Mit den Amerikanern 1966 bis 1975/76", will Popp am Giebelstädter Markttag 2023 herausbringen.
Die ersten drei Bände der Flugplatz-Reihe sind über Robert Popp erhältlich: Tel.: (09334) 8127.