Sein erstes Buch "Giebelstadt und sein Flugplatz – Der Fliegerhorst 1928 bis 1945" kann Robert Popp als vollen Erfolg verbuchen: Von 500 gedruckten Exemplaren sind nach knapp einem Jahr gerade mal elf übrig – der Rest verteilt sich über Deutschland und die ganze Welt. Nun hat der Hobby-Archivar aus Giebelstadt sein zweites 300-seitiges Buch "Giebelstadt und sein Flugplatz; Giebelstadt Airfield 1945 bis 1955" herausgebracht, weitere Bände sollen folgen.
Das Feedback auf den ersten Band der Flugplatz-Reihe sei gut gewesen, erzählt der 73-Jährige bei einem Besuch in seinem Zuhause in Giebelstadt stolz. Die Hälfte der Abnehmer stamme aus dem Ort, es hätten ihn aber auch Anfragen aus ganz Deutschland, der Schweiz und den USA erreicht, die zum Teil über einen Artikel dieser Redaktion von dem Buch erfahren hätten. "Auch ehemalige Soldaten, die in Giebelstadt stationiert waren, haben mich kontaktiert", sagt Popp.
Ein Freund aus Giebelstadt, der in den USA lebt und dort eine Firma betreibt, hätte sich 15 Exemplare gesichert und sie über einen Container, den er für Geschäfte seines Unternehmens bestellt hatte, mit nach Amerika bringen lassen. "Es hat fünf Wochen gedauert, bis er die Bücher hatte", lacht Popp. Auch die Bayerische Staatsbibliothek besitzt inzwischen sein Werk; das WürzburgWiki, eine Online-Enzyklopädie für Stadt und Landkreis Würzburg, nutzt das Flugplatz-Buch als Nachschlagewerk.
Notlage der Bevölkerung nach Kriegsende
Popps neues Werk beleuchtet die Zeit von 1945 bis 1955, nach dem Einmarsch der amerikanischen Soldaten in Giebelstadt und auf seinem Flugplatz. "Auch wenn der Krieg zu Ende war, waren die Sorgen noch lange nicht vorbei. Besetzungen und Beschlagnahmungen durch das amerikanische Militär in und um Giebelstadt und auch auf seinem Flugplatz sowie die Anordnungen der Militärregierung und die Lebensmittelknappheit stellte die Gemeinde und ihre Bevölkerung vor manche Probleme", schreibt der Autor im Vorwort des Buches.
Da der Flugplatz bombardiert worden war, konnten die Amerikaner dort nicht unterkommen. Und so mussten viele Giebelstadter ihre Häuser räumen. "Nachdem die amerikanischen Soldaten den Ort Giebelstadt mit seinem Flugplatz kampflos eingenommen hatten, mussten in der Ost- und Westsiedlung und auch in der Hauptstraße innerhalb von drei bis vier Stunden die Familien ihre Wohnungen oder Häuser verlassen", heißt es im Buch über die Lage im April 1945. "In dieser kurzen Zeit hatten sie nur die Möglichkeit, das Allernotwendigste mitzunehmen. (…) Manche Familien hatten 'Glück' und konnten nach Wochen, Monaten, viele aber erst nach Jahren in ihre alten Wohnungen zurück."
Zusätzlich wurden für die Amerikaner Hallen gebaut, darunter vier große, miteinander verbundene Holzbaracken, in denen unter anderem ein Offizierssalon, ein Speisesaal und ein Casino untergebracht waren. Dort fand 1951 die erste Verkaufsmesse Giebelstadts statt, zu der etwa 20 000 Besucher von nah und fern kamen. Zudem gab es verschiedene Lager: Im "Lager Casino" in der heutigen Industriestraße waren bis in die 60er Jahre Flüchtlinge einquartiert, ebenso im "Lager Wäldchen".
Seine Informationen bezieht Popp vor allem aus Material aus dem Stadtarchiv Ochsenfurt mit Berichten aus der damaligen Ochsenfurter Zeitung, dem Marktarchiv Giebelstadt – und aus Zeitzeugenberichten. In den vergangenen Jahren seien viele Zeitzeugen verstorben, sagt Popp. "Ich hab' aber noch Leute, die ich frage, wenn ich etwas wissen will." Zum Beispiel einen ehemaligen Feuerwehrmann, der unter den Amerikanern auf dem Flugplatz gearbeitet hat.
In seinem Buch reiht Popp verschiedenste Ereignisse in und um Giebelstadt von 1945 bis 1955 chronologisch aneinander: Die Einladung aller über 18-jährigen Frauen des Ortes zu einer Tanzveranstaltung der US-Armee findet sich dort ebenso wie ein Bericht über die Öffnung des Flugplatz-Schwimmbads für die Öffentlichkeit ab 1950. Flugzeugabstürze bei Herbstmanövern, die Erhaltung der Reste der Florian-Geyer-Ruine, eine 26-Jährige, die wegen Spionage rund um den Flugplatz zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wird, der Großflugtag, die Bescherung der Giebelstadter Schulkinder durch amerikanische Soldaten: Es ist die Vielfalt der Dokumente, anhand derer es Popp gelingt, die damalige Zeit für den Leser lebendig werden zu lassen.
"Ich bin schon als kleiner Kerl auf dem Flugplatz rumgestolpert", erzählt der 73-Jährige. Damals habe es dort noch keinen Zaun gegeben, so dass man gut auf "Entdeckungsreise" habe gehen können. Im Schwimmbad auf dem Flugplatz hat er schwimmen gelernt. "Das war eine prägende Zeit für mich", sagt Popp. "Beim Schreiben versuche ich, mich in die Vergangenheit zurückzuversetzen." Schon als Kind habe er gern den Älteren beim Erzählen zugehört – und auch später, als Erwachsener, war er stets in Kontakt mit vielen Menschen. "Durch meine Arbeit als Elektriker bin ich viel rumgekommen", so Popp. "Damals hat einen der Chef zu den Kunden rausgefahren und abends wieder abgeholt, oft auch mit Verspätung." So habe er Zeit für den einen oder anderen Plausch mit Kunden gehabt.
Was Popp am Schreiben anstrengend findet, ist das Suchen nach dem jeweils passenden Dokument. Auf seinem PC finden sich Hunderttausende von Bildern und Texten, schwerpunktmäßig zu Giebelstadt und seinen Ortsteilen – in Ordnern, feinsäuberlich gegliedert nach erstem und zweitem Weltkrieg sowie nach Flugplatz, Anwesen und Vereinen. Und dann schlummern noch Fotos und Berichte im Ordner "unbearbeitet" – "Bilder ohne Datum, zum Beispiel", so Popp.
Der Hobbyarchivar plant, die Geschichte des Flugplatzes bis in die Gegenwart zu belegen. Geschehen soll dies in weiteren Büchern, die je etwa zehn Jahre abdecken sollen. "Schreiben hält fit", sagt der 73-Jährige. "Ich habe vor, noch sechs bis sieben Jahre weiterzumachen."
Band 2 von "Giebelstadt und sein Flugplatz" ist über Robert Popp erhältlich: Tel.: (09334) 8127.