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GIEBELSTADT
Flugplatz Giebelstadt: Wo ganz Mainfranken in die Luft geht
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:52 Uhr

Es war Andreas Gabalier, der den Flugplatz Giebelstadt (Lkr. Würzburg) zuletzt in die Schlagzeilen brachte. An die 15 000 Menschen tummelten sich Anfang Juli beim Konzert des österreichischen Volksrockers vor den Hangars – und stellten damit das Potenzial des Platzes für Großveranstaltungen unter Beweis.

In den 80 Jahren seines Bestehens wurde das 265 Hektar große Gelände bereits auf verschiedenste Art und Weise genutzt. Im südlichen Teil nimmt der Verkehrslandeplatz etwa die Hälfte der Fläche ein; der nördliche Teil ist als Gewerbegebiet „Airpark“ ausgewiesen. Dazwischen befindet sich seit 2011 auf 40 Hektar eine Photovoltaikanlage.

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Das Herzstück, der Flugplatz, hat die Struktur Giebelstadts stark geprägt. „Bis 1932 war der Ort ein kleines Bauerndorf mit 900 Einwohnern“, sagt Bürgermeister Helmut Krämer. Durch den Bau des Flugplatzes seien viele Menschen in die Gemeinde gekommen; die Bevölkerung sei stark durchmischt worden, was sich auch heute noch in der Offenheit der Einwohner zeige. „Hier gibt es keine verkrusteten Strukturen“, so Krämer.

Nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte Ende 2006, die Giebelstadt als Militärflugplatz betrieben hatten, fand eine Umwandlung zum Business-Airport statt. Heute hat der Flugplatz eine große wirtschaftliche Bedeutung für ganz Mainfranken.

Etwa 600 Flüge kommen im Jahr in Giebelstadt an, „bis 25 Tonnen darf hier alles landen: vom Luftsportgerät bis zum Düsenjet“, so der Leiter des Flugplatzes, Karl Herrmann. Neben Geschäftsreiseflügen und Sportflügen gehören Ambulanzflüge zu den drei Haupt-Geschäftsfeldern des Flugplatzes. „Dieser Bereich hat sich vor allem durch die Nähe zur Uniklinik Würzburg seit 2010 entwickelt“, sagt Herrmann. „Wir hatten bereits zweimal an Heiligabend einen Transplantationsflug, und mussten einen solchen Flug noch nie ablehnen.“

Wichtiger Standortfaktor für Mainfranken

Unternehmen aus der Region wiederum schätzen den Flugplatz, um Geschäftsflüge schnell und unkompliziert tätigen zu können.

„Unsere Fabriken stehen zum Beispiel in Debar, Belzi oder Krasnogorsk – und nicht in Paris, London oder Rom“, erklärt Jörg Schanow, Mitglied der Geschäftsleitung der Knauf KG, „mit Linienflügen erreichen wir deshalb nicht alle unsere Standorte“. Die Firma aus Iphofen ist zusammen mit der Gemeinde Giebelstadt Eigentümer des Flugplatzes. „Wir sparen darüber hinaus viel Zeit, wenn wir nach unserem Zeitplan von Giebelstadt starten und an einem Tag sogar zwei oder drei Standorte abfliegen können“, so Schanow. Insgesamt 206 mal sei Knauf im Jahr 2015 in Giebelstadt gestartet oder gelandet.

„Nach dem Abzug der US-Streitkräfte wollten wir dazu beitragen, diese bedeutende Infrastruktureinrichtung für die Bevölkerung und die heimische Wirtschaft zu erhalten“, erklärt Schanow das Engagement seines Unternehmens für den Flugplatz, den er als „wichtigen Standortfaktor für die Wirtschaft in der Region Mainfranken“ sieht.

Dem schließt sich Jürgen Bode, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt, an: „Die Wirtschaft profitiert vom regionalen Luftverkehr.“ Eine gute Verkehrsinfrastruktur, auch beim Luftverkehr, gehörten zu den zentralen Wettbewerbsvorteilen einer Region. „Geschwindigkeit ist heute wichtig, Zeit ein knappes und kostbares Gut“, so Bode. Die IHK habe sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass auch ein ziviler Luftverkehr nach und ab Giebelstadt möglich sei.

Ebenso wie Bode sieht Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer den Flugplatz als ein Beispiel gelungener öffentlich-privater Partnerschaft. Ein Flugplatz in dieser Größenordnung sei nie wirtschaftlich zu betreiben, so Krämer – die Defizite, die von öffentlicher Hand mitgetragen würden, betrügen aber nicht mehr als 6000 Euro im Jahr. „Aus Sicht des Steuerzahlers wäre es fahrlässig, einen Flugplatz mit einer so guten Infrastruktur aufzugeben.“ Der Flugplatz stehe außerdem für Wirtschaftsförderung. „Die größeren Betriebe in der Umgebung wie Knauf, Südzucker, Brose oder s.

Oliver und auch die Uni-Klinik Würzburg profitieren vom Flugplatz“, sagt Krämer. Er sieht ihn als „Dienstleister für die Region“, wünscht sich aber auch, dass dadurch weitere Menschen nach Giebelstadt ziehen. Zum Standort für Billigflieger ausgebaut werden – ein Vorstoß aus dem Jahr 2006 – sollte der Flugplatz laut Krämer nie: „Ryanair und Co. wären eine unwahrscheinliche Belastung für die Gemeinde; außerdem kann es bei großen Anbietern leicht passieren, dass sie den Preis diktieren und man erpressbar wird.“

Imagegewinn durch Großveranstaltungen

Ein attraktives Gewerbegebiet, das wünscht sich Otto Mayr von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) für die Konversionsfläche neben dem Verkehrslandeplatz. Die Bima ist als Eigentümer der Fläche auch für deren Vermarktung zuständig. Auch wenn die Konversion einer Großliegenschaft mit der geografischen Lage Giebelstadts im Schnitt bis zu 20 Jahre dauern könne: „Es ist besser, bestehende Flächen zu nutzen, um ein Gewerbegebiet zu entwickeln, als ein neues auf der grünen Wiese zu eröffnen“, so Mayr.

An Attraktivität gewinnen könnte das gesamte Gelände auch durch die Pläne von Annette Barreca, Geschäftsführerin der Flugplatz GmbH, die den Flugplatz betreibt. Sie möchte durch mehrtägige Events wie das Food Truck Festival und Konzerte wie das von Andreas Gabalier dem Gelände neben dem Flugbetrieb ein zweites Standbein verschaffen. Gelingt es, den Flugplatz als Veranstaltungsareal auszubauen, winkt neben Einnahmen auch ein Imagegewinn für Giebelstadt.

Ein Ausbau des Flugplatzes sei dagegen nicht geplant; man wolle das jetzige Niveau halten, so Flugplatzleiter Herrmann. Dazu gehört auch der Instrumentenanflug aus beiden Start- und Landerichtungen, der es Piloten ermöglicht, bei nahezu jedem Wetter und jeder Windrichtung zu starten und zu laden.

Jubiläum: 80 Jahre Flugplatz

Der Flugplatz Giebelstadt wird 80 Jahre alt – und feiert dieses Jubiläum am kommenden Wochenende mit zahlreichen Attraktionen auf dem Flugplatz-Gelände. Neben einer Flugzeugausstellung und einer Fotodokumentation stehen Fallschirmsprünge, Kunst- und Ballonflüge sowie die Vorführung der Roten 7 auf dem Programm. Besucher können die Hallen und den Hangar erkunden, Flugzeug-Oldtimer wie die Messerschmitt BF 109 oder ein großes Feuerwehrauto bestaunen. An den beiden Jubiläumstagen, Samstag, 23. Juli, und Sonntag, 24. Juli, öffnet der Flugplatz Giebelstadt jeweils von 10 bis 18.30 Uhr seine Tore. Ein detailliertes Programm finden Sie auf Facebook.
Startschuss für den Flugplatz als Veranstaltungsgelände: das Konzert der Band Glasperlenspiel im Juli 2015 – mit etwa 10 000 Besuchern.
Foto: Berthold Diem | Startschuss für den Flugplatz als Veranstaltungsgelände: das Konzert der Band Glasperlenspiel im Juli 2015 – mit etwa 10 000 Besuchern.
Abflug Ghana       -  Auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war der Flugplatz Giebelstadt gefragt – hier für den Abflug der Mannschaft aus Ghana.
Foto: Schwarzott (MainPost) | Auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war der Flugplatz Giebelstadt gefragt – hier für den Abflug der Mannschaft aus Ghana.
 
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