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Würzburg
"Putinversteher"? So spaltet der Ukraine-Krieg die Würzburger Linke
Würzburgs Linke ist beim Thema Ukraine-Krieg gespalten. In den sozialen Netzwerken werden Anschuldigungen ausgetauscht und auch einen Parteiaustritt gab es bereits. Worum geht's?
Wird wegen seiner Position zum Ukraine-Krieg kritisiert: Der Würzburger Linken-Stadtrat Sebastian Roth.
Foto: Die LINKE Würzburg | Wird wegen seiner Position zum Ukraine-Krieg kritisiert: Der Würzburger Linken-Stadtrat Sebastian Roth.
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:47 Uhr

Der Ukraine-Krieg treibt einen tiefen Spalt durch die Würzburger Linke. Von "Putinverstehern" und "irren" Positionen ist die Rede. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Simone Barrientos bringt auf Facebook öffentlich einen Parteiaustritt ins Gespräch. Ein prominentes Parteimitglied ist aus der Partei ausgetreten. Zuvor hatte die Person heftige Kritik gegen Sebastian Roth, Linken-Fraktionschef im Würzburger Stadtrat, geäußert. Der wiederum fühlt sich "auf persönlicher Ebene angegriffen". Doch was ist passiert?

Sebastian Roth hat beim Thema Ukraine-Krieg einen weiten Weg hinter sich. "Jemandem zu unterstellen, dass er in den nächsten Tagen Krieg führt, trägt nicht zur Deeskalation bei", schreibt er am 12. Februar auf Facebook. Da war Russlands Armee bereits an der ukrainischen Grenze aufmarschiert. "Alles nur Scharade", ist Roth noch am 13. Februar überzeugt.

Kritik am Würzburger Stadtrats-Fraktionsvorsitzenden Roth

Am 18. Februar äußert er Verständnis dafür, dass Russland wegen der NATO-Osterweiterung "massiv vom Westen enttäuscht ist". Als Putin kurz darauf "Friedenstruppen" in den Donbass entsendet, nennt Roth diesen Schritt "heikel". Als am 24. Februar die russische Armee die Ukraine angreift, ändert Roth auf Facebook seine Meinung: "Dieser Angriffskrieg von Putin ist ein Verbrechen." Im Gespräch mit der Redaktion sagt er: "Ich habe schwere Ernüchterung erfahren. Ich habe niemals damit gerechnet, dass Putin wirklich in die Ukraine einmarschiert."

In den Augen vieler Würzburger Parteimitglieder, die Roths relativierende Haltung zu Putin schon vor dem Einmarsch kritisiert haben, ist dessen Distanzierung wenig glaubwürdig. "Er rudert zwar zurück, aber die Friedensbewegung, der Roth nahesteht, muss sich schon fragen, ob sie für eine nun folgende Spirale der Aufrüstung mitverantwortlich ist", sagt eine Person aus dem inneren Kreis der Partei, die namentlich nicht genannt werden will.

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Weniger zurückhaltend ist Wigbert Baumann, Urgestein der linken Szene in Würzburg und bislang auch prominentes Mitglied der Partei. "Ich bin aus der Partei ausgetreten. Zu viele Putinversteher", schreibt Baumann am 25. Februar auf Facebook. Am 2. März tritt er nach und schreibt: "Ex-MdB Simone Barrientos ist eine kluge Frau. Stadtrat Sebastian Roth in Würzburg ist kein kluger Mann." Barrientos hatte von Beginn an klare Kante gegen die russische Aggression gezeigt und erfährt dafür auf Facebook derzeit viel Zustimmung.

Würzburger Linken-Stadtrat Roth: Partei steht an Scheideweg

Das Verständnis in Teilen der Linken für den "Faschisten" Putin könne er nicht tolerieren, erläutert Baumann im Gespräch. Dieses Verständnis sehe er auch in Teilen der Würzburger Partei. Dass dort nun sogar darüber diskutiert werde, ob es nicht besser sei, wenn die Ukraine aufgebe, sei ihm zu viel gewesen: "Da hat es mir den Vogel rausgehauen." Die Kritik richte sich jedoch nicht gegen die "gute kommunale Arbeit im Würzburger Stadtrat".

Der geschmähte Sebastian Roth will die Kritik so nicht stehen lassen. "Ich fühle mich auf persönlicher Ebene angegriffen", sagt er im Gespräch. "Wenn man die Person Putin beschreiben will, muss man weiter zurückgehen als zum Start der Kampfhandlungen in der Ukraine in diesem Jahr." Zwar könne er dessen vom Kalten Krieg geprägte Denkweise verstehen, keinerlei Verständnis habe er jedoch für den Angriffskrieg. Aus diesem Grund verwehre er sich gegen die Zuschreibung des "Putinverstehers".

Roth sagt jedoch auch: "Waffenlieferungen an die Ukraine halte ich für völlig verkehrt." Mit solchen Aktionen verzögere sich der Krieg, was anhaltendes Leid für die Zivilbevölkerung bedeute. Dennoch könne er auch Parteimitglieder verstehen, die Waffenlieferungen befürworten. "Ich glaube, die Partei steht an einem Scheideweg", befürchtet Roth.

Auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete Simon Barrientos aus Ochsenfurt sieht ihre Partei am Scheideweg. "Inzwischen haben die meisten Linken begriffen, dass Putin der Aggressor ist", schreibt sie auf Facebook. Jedoch "muss man dazusagen, dass der Westen, dass die NATO , dass Europa keine Mitschuld an diesem Krieg haben. Schuld und Verantwortung an diesem Krieg liegen bei Putin."

Simone Barrientos aus Ochsenfurt bringt Parteiaustritt ins Gespräch

Aussagen wie die des Schweinfurter Linken-Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst seien aus diesem Grund "irre", sagt sie im Gespräch. Ernst hatte auf Twitter vor dem Einmarsch angebliche Fehler von NATO und Ukraine aufgeführt und mit "russischen Sicherheitsinteressen" argumentiert.

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Aussagen wie diese seien es, die sie dazu bewegt hätten, auf Facebook öffentlich über einen Parteiaustritt nachzudenken, sagt Barrientos. Dort hatte sie die Gründung einer neuen linken Partei mit enttäuschten Mitgliedern der Linken, der Grünen und der SPD ins Spiel gebracht. Aktuell sei ein Austritt zwar kein Thema für sie. "Aber ich gebe zu, dass es mir schwer ums Herz ist in dieser Partei." Klaus Ernst war für eine Stellungnahme auf Anfrage nicht erreichbar.

 
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