zurück
Würzburg
Prozess um Würzburger Messerattacke: Beschuldigter drohte Sozialarbeitern schon sechs Monate vor der Tat mit Erstechen
Ein halbes Jahr vor der Messerattacke auf dem Barbarossaplatz häuften sich merkwürdige Verhaltensweisen des Somaliers. So wirkte er damals auf Menschen in seinem Umfeld.
Erstmals im Prozess um den Messerangreifer fand die Verhandlung im Vogel Convention Center im Würzburger Stadtteil Zellerau statt.
Foto: Thomas Obermeier | Erstmals im Prozess um den Messerangreifer fand die Verhandlung im Vogel Convention Center im Würzburger Stadtteil Zellerau statt.
Jonas Keck
 und  Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:55 Uhr

Schon sechs Monate vor der Messerattacke am Würzburger Barbarossaplatz ging der Beschuldigte in seiner Unterkunft in einem Würzburger Obdachlosenwohnheim mit einem Messer auf zwei Sozialarbeiter los. Einen solchen Vorfall vom 12. Januar 2021 schilderten die beiden Mitarbeiter der Stadt Würzburg am Dienstag vor dem Landgericht in Würzburg.

Der ihm bis dahin unbekannte Abdirahman J. habe das Gebäude betreten, ihn und den anderen Betreuer als "Scheiß Deutsche" beschimpft. Dann sei er an ihnen vorbei in sein Zimmer gegangen. Als sie nach ihm sehen wollten, habe er die Zimmertür geöffnet. "Er ging mit einem Messer auf uns los und rief: 'Ich steche euch ab!'", schilderte der 38-jährige Sozialarbeiter.

Er habe mit dem Messer "hysterisch" vor ihrem Gesicht herumgefuchtelt, erinnert sich sein Kollege. Die beiden zogen sich zurück und riefen die Polizei. Keiner hat ihn vorher so erlebt, sagten beide Zeugen auf Nachfrage der Richter. Polizisten überwältigten Abdirahman J. und brachten ihn zur Dienststelle. Doch noch am selben Tag kehrte er in die Obdachlosenunterkunft zurück.

Er redete mit Bäumen und Vögeln

Bereits am Tag darauf beschimpfte Abdirahman J. zwei Mitarbeiter und zeigte erneut drohend sein Messer – dieses mal jedoch aus 30 Metern Entfernung. Danach gab es weitere Vorfälle von Ruhestörung, schildern Zeugen. Mitte Juni habe der Mann plötzlich wirr mit Bäumen und Vögeln geredet, seine Unterlagen in den Papierkorb gestopft und gerufen, dass er nach Hause wolle.   

Ein Sozialpädagoge, der ebenfalls in der Obdachlosenunterkunft arbeitet, sagte aus, dass der Beschuldigte vor diesen Vorfällen als "höflich" und "freundlich" gegolten hätte. Ob er ein Einzelgänger war oder Freunde in der Unterkunft hatte, können die Mitarbeiter nicht beantworten. Rund 90 Bewohner lebten im Januar 2021 in der Unterkunft, wie einer der Mitarbeiter aussagte.

Im "Zentrum für seelische Gesundheit" machte er wirre Angaben

Erstmals in diesem Prozess um die Messerattacke auf dem Würzburger Barbarossaplatz tagte das Landgericht Würzburg im Vogel Convention Center im Stadtteil Zellerau. Nur wenige hundert Meter entfernt von der Veranstaltungshalle befindet sich die Obdachlosenunterkunft, in der der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Tat wohnte.

Im "Zentrum für seelische Gesundheit" in Würzburg hat er wirr wirkende Angaben gemacht. Der deutsche Geheimdienst habe ihn beschuldigt, in seiner Zeit in Chemnitz für den Tod eines Kurden mitverantwortlich zu sein. Das geht aus einem Arztbrief hervor. Der Geheimdienst "macht mein Leben zur Hölle", soll der Geflüchtete erzählt haben. Auch ausländische Geheimdienste hätten Kontakt zu ihm aufgenommen. Er würde gerne in ein anderes Land ziehen, wo er in Frieden leben könne.

Am achten Verhandlungstag kamen weitere Zeuginnen und Zeugen zu Wort. Sie haben gemeinsam, dass sie den Beschuldigten schon vor der Tat gekannt haben. Am Abend des 25. Juni 2021 hat der damals 31-Jährige in der Würzburger Innenstadt mit einem Messer drei Frauen im Alter von 24, 49 und 82 Jahren getötet. Weitere sechs Personen, darunter ein elfjähriges Mädchen, wurden schwer verletzt.

Der damals 31-Jähriger wirkte "wie ein kleines Kind"

Ein Sicherheitsmitarbeiter der Obdachlosenunterkunft lernte den Beschuldigten vor rund zwei Jahren kennen. Damals habe er ihn als "ruhigen Menschen" wahrgenommen. Er sei oft stundenlang nur vor dem Haus gesessen und habe "in die Gegend" geschaut. Er soll Selbstgespräche geführt haben und einen Vogel gefragt haben: "Hallo, wie geht es dir heute?". Dabei habe er gewirkt "wie ein kleines Kind".

Eine Verwaltungsmitarbeiterin beschreibt ihn als "in sich gekehrten" Menschen, der oft "ins Leere" geschaut habe. Wenn Zeugen den damaligen Zustand von Abdirahman J. beschreiben, legt der Beschuldigte im Gerichtssaal immer wieder seine Arme auf den Tisch und verbirgt sein Gesicht dazwischen.

Eine Sicherheitsmitarbeiter berichtet, dass der Beschuldigte ihm damals erzählt habe, dass er seine Medikamente nicht mehr nehme. Der Somalier soll Kontakt zu anderen Bewohner aus seinem ostafrikanischen Herkunftsland gehabt haben. Ein paar Wochen oder Monate vor der Tat habe sich sein Zustand verschlechtert und er habe mit niemandem mehr gesprochen, sei oft barfuß gewesen und habe schmutzige Kleidung getragen. Am Tag der Tat, so erinnert sich der Sicherheitsmitarbeiter, soll er gesagt haben: "Ich fliege nach Hause."

Der Prozess wird am 23. Juni um 10 Uhr in der Weißen Mühle in Estenfeld (Lkr. Würzburg) fortgesetzt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Jonas Keck
Manfred Schweidler
Angeklagte
Deutsche Geheimdienste
Geschichte
Landgericht Würzburg
Messer
Messer-Attentate
Messerattacke Barbarossaplatz
Polizei
Stadt Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • terrain
    Ein klares Versagen des verantwortlichen Klinikleiters. Sozialarbeiter sind da überfordert und wurden alleine gelassen.
    Das Haus an dieser Stelle ist außerdem nicht tragbar und die Stadt finanziert lieber Profisport als da etwas zu ändern
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Einwohner
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Albatros
    Die Flüchtllingswelle und all ihre Nebenwirkungen ist für mich beinahe symptomatisch für das Agieren der Politik in allen Belangen. Digitalisierung, Energiewirtschaft, E-Mobilität, CORONA, überall werden uns unsere Grenzen aufgezeigt. Das einstige weltweit beneidete Deutschland ist nur noch ein Schatten von einst, unsere Behörden sind aufgeblasene unrentable Einrichtungen, deren Offenbarungseid spätestens in der Krise für Jedermann sichtbar wird. Wir schalten große Energieproduzenten ab, favourisieren jedoch eine Mobilität, welche deutlich mehr Energie verbraucht als wir erzeugen können. Bis heute gibt es kein flächendeckendes WLAN, der Rest in Europa ist längst auf der Überholspur. Unsere Bundeswehr ist eine Spielzeugtruppe, welche jetzt mal so schlappe 100 Mrd. braucht. Den 181.000 Soldaten stehen 81.255 Beamte in der Bundeswehr-Verwaltung gegenüber, macht sich hier Niemand mal gedanken, dass hier was nicht stimmt? Aber wir sind bunt, wenigstens hier sind wir Weltmeister.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Zugut
    Uns werden nicht unsere Grenzen aufgezeigt, wir sind begrenzt, beschränkt, wir setzen sie uns selbst. Wir, nein unsere Politiker, agieren stark selbstzerstörerisch.
    Ich frage mich nur, warum. Jede Vernunft ist abhanden gekommen. Und unter woker Correctness begraben. Die Vernünftige , die es zweifellos gibt, werden durch NeuSprech mundtot gemacht. Wer nicht alles richtig sagt, wird zum Schweigen gebracht. Vielerorts hört man „ …aber man darf das ja nicht mehr sagen@. Es hängen die Jobs daran, die Kinder müssen in der Schule bestehen können. Also lieber stillbleiben. Dabei wäre es nur das, was vor 20 Jahren common sense war. Man soll den Ast, auf dem man sitzt, nicht abschneiden. Der Ast ist unser technologischer Fortschritt und die Autoindustrie. Die 130 Leute der Deutschen Umwelthilfe (Konstanzer ExKPDler) beispielsweise machen Deutschland kaputt. Mit voller Absicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • steffen.cyran@freenet.de
    Aha.

    "......Er ging mit einem Messer auf uns los und rief: 'Ich steche euch ab!'", schilderte der 38-jährige Sozialarbeiter.

    Er habe mit dem Messer "hysterisch" vor ihrem Gesicht herumgefuchtelt, erinnert sich sein Kollege. Die beiden zogen sich zurück und riefen die Polizei. Polizisten überwältigten Abdirahman J. und brachten ihn zur Dienststelle. Doch noch am selben Tag kehrte er in die Obdachlosenunterkunft zurück......"

    Und das ist in Ordnung so?

    Wegen diesem Fehlverhalten der Behörden gibt es jetzt 3 Tote und einige Schwerverletzte zu beklagen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • xyz123
    ..........Im "Zentrum für seelische Gesundheit" in Würzburg hat er wirr wirkende Angaben gemacht............ Das geht aus einem Arztbrief hervor.

    Bitte bei "Fehlverhalten der Behörden" auch psychiatrische Einrichtungen und deren Mitarbeiter in den Blick nehmen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • info@softrie.de
    Nur weil sie einmal so etwas - in welchem Zusammenhang auch das war - sagte, kann man ihn nicht einfach wegsperren.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mementomori
    @max.....wäre besser gewesen, oder sind wir da anderer Meinung?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • info@softrie.de
    Was soll man da noch sagen? Vermutlich nur, dass es nur Opfer gibt. Der Somalier scheint nicht normal sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Zugut
    Keiner fühlte sich also zuständig. Berichte eines ebenfalls aus Somalia stammenden Mitbewohners in Chemnitz, der Täter sei wesentlich älter und Mitglied einer Terrormiliz und als solcher als Mehrfachmörder in Erscheinung getreten, wurde von der Staatsanwaltschaft nicht nachgegangen, weil die Taten ohnehin verjährt gewesen wären. Sonntagsreden von Politikern und Amtsinhabern (ich vermeide das Wort Würdenträger bewusst) und möglichst versteckte Gedächtnistafeln reichen nicht! Wir Bürger werden unzureichend geschützt. Die Geduldeten völlig unzureichend betreut. Wieviele Mirde braucht es noch, um das endlich zu beenden??!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten