Zur Enttäuschung aller Beteiligten geht das Berufungsverfahren um zwei Würzburger Studenten, die auf Mallorca zwei deutsche Polizisten verprügelt haben sollen, vorzeitig zu Ende. "Empfinden Sie das als unbefriedigend?", fragt Richterin Susanne Krischker am Montagmorgen nach vier Verhandlungstagen in den fast komplett gefüllten Saal des Würzburger Landgerichts. "Ich auch", schiebt sie nach, ohne auf eine Antwort zu warten.
Ohnehin ist die Unzufriedenheit dem Staatsanwalt und den Anwälten, aber auch den Schöffen und Gutachtern anzusehen. Einer der verprügelten Bundespolizisten empfindet die Aussetzung als einen "Schlag ins Gesicht". Einer der angeklagten Studenten blickt deprimiert, lässt die Schultern hängen. Der andere schüttelt den Kopf und sucht bei einem Anwalt nach einer Erklärung.
Das Verfahren am Landgericht Würzburg wird ausgesetzt, weil Auswertungen von WhatsApp-Verläufen fehlen und die Verhandlung deshalb nicht innerhalb der zulässigen Unterbrechungsfristen fortgesetzt werden kann. So hat es die Richterin entschieden. Voraussichtlich im Frühjahr 2023 beginnt der Prozess deshalb komplett von vorn.
Wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen verurteilt
Im August 2019 sollen die beiden Studenten zwei Bundespolizisten aus Hessen während eines Urlaubs auf der spanischen Insel krankenhausreif geschlagen haben. Im Oktober 2021 wurden die beiden in Würzburg wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von je zwei Jahren verurteilt – ohne Bewährung. Doch es kamen Zweifel auf, dass tatsächlich die Täter auf der Anklagebank saßen. Bis heute ist der Richterin zufolge unklar: "Waren die beiden Angeklagten die Täter oder handelt es sich um eine Verwechslung?"
In der ersten Instanz bei der Verhandlung vor dem Würzburger Amtsgericht vor einem Jahr hatten die Angeklagten bereits bestritten, die Polizisten an der Strandpromenade Playa del Palma im Party-Ort El Arenal angegriffen zu haben. Die Studenten, die mit einer Freizeit-Fußballmannschaft Urlaub auf Mallorca gemacht und am Abend im Ballermann-Hotspot "Bierkönig" gefeiert hatten, sagten aus, zur Tatzeit um 5 Uhr morgens in ihren Hotelbetten geschlafen zu haben.
Offenbar nur durch Zufall konnten sie überhaupt ausfindig gemacht werden: Einer der verletzten Polizeibeamten saß beim Rückflug in der Maschine, die auch die Studenten gebucht hatten. Er war sich sicher, unter ihnen einen der Angreifer zu erkennen, und veranlasste, dass die Männer am Frankfurter Flughafen von der Bundespolizei "erwartet" und ihre Personalien festgehalten wurden.
Die Chatverläufe auf den Smartphones der Geschädigten sollten für mehr Klarheit sorgen, was sich in jener Nacht auf Mallorca zugetragen hat. Doch weil mehrere Prozessbeteiligte die Dateien nicht rechtzeitig erhalten hatten, konnten die Text- und Sprachnachrichten am Montag nicht in die Beweisaufnahme eingehen. Auch die Staatsanwaltschaft kam wegen eines Krankheitsfalls noch nicht dazu, die Dateien auswerten. Zudem sollen auch die Handys der Angeklagten nochmals untersucht werden.
Anwalt spricht von "enormer psychischen Belastung" für Mandanten
Die Strafprozessordnung sieht vor, dass eine Hauptverhandlung bis zu drei Wochen unterbrochen werden darf. Im Saal beginnt das Blättern in digitalen und analogen Kalendern auf der Suche nach einem weiteren Termin und endet nach mehr als einer halben Stunde ergebnislos. Auch mit sogenannten Schiebeterminen kann sich das Gericht keine Abhilfe verschaffen. So bezeichnen Juristinnen und Juristen einen Verhandlungstag, an dem im Grunde nicht verhandelt wird – sondern, zum Beispiel, ein eher unbedeutendes Dokument verlesen wird. Auch im Prozess um die mögliche Verwechslung hat man sich dieses Mittels bereits bedient.
Prozesse an anderen Gerichten und Urlaube der Beteiligten machen eine Terminfindung innerhalb der Frist offenbar unmöglich. Im Raum kommt die Idee auf, mehrere Schiebetermine hintereinanderzulegen, um den vorgesehenen Rahmen zu wahren. "Das wäre eigentlich kein ordnungsgemäßes Verfahren", macht die Richterin deutlich und setzt den Prozess aus.
Zwischen April und Juni sucht das Gericht nun freie Termine für eine neue Verhandlung. Für die Angeklagten ist die Gefängnisstrafe damit noch immer nicht vom Tisch. "Das ist eine enorme psychische Belastung für meinen Mandanten", sagt Rechtsanwalt Benjamin Hirsch, der einen der Studenten vertritt. Etliche Freunde und Bekannte, die den Prozess im Saal verfolgt haben, klopfen den beiden Angeklagten nach dem Prozess auf die Schultern und versuchen, sie aufzumuntern.
Wo ist das hier?
Auf dem Ballermann muss mit der Betriebsgefahr gerechnet werden❗
Die Sache muss erst noch "verhandelt" werden. Warten wir mal ab, wie es ausgeht. Nicht gleich wieder gegen Polizeibeamte schwadronieren!