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Randersacker
Probefischen bei Randersacker: Die Barbe fühlt sich wieder wohl im Main
Früher kam die Barbe im Main in großen Schwärmen vor. Dann ist der "Brotfisch" fast ausgestorben. Was den Fischern nun neue Hoffnung gibt.
Die erwachsene Barbe, die der Randersackerer Fischer Hubert Holl in Händen hält, lässt darauf hoffen, dass sich die einst vom Aussterben bedrohte Art im Main wieder ausbreiten kann.
Foto: Gerhard Meißner | Die erwachsene Barbe, die der Randersackerer Fischer Hubert Holl in Händen hält, lässt darauf hoffen, dass sich die einst vom Aussterben bedrohte Art im Main wieder ausbreiten kann.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:28 Uhr

Für Hubert Holl, den Obermeister der Randersackerer Fischerzunft, sind die stattlichen Barben, die beim Probefischen gefangen wurden, fast so etwas wie ein Geschenk des Himmels. Die Einleitung von Industrieabwässern hat die Art Mitte der 1970er Jahre an den Rand des Aussterbens gebracht. Gezielte Besatzmaßnahmen, Verbesserungen des Flusslebensraums, vor allem aber die Hartnäckigkeit der Fischerzunft und der Fischereifachberatung am Bezirk Unterfranken lassen nun die Hoffnung keimen, dass sich die Barbe wieder auf natürliche Weise ausbreiten kann.

Der naturnah gestaltete Umgehungsbach entlang der Staustufe Randersacker wurde gebaut, um den Fluss durchlässig zu machen für Fische, deren Wanderrouten durch die Stauwehre unterbrochen wurden und deren Leben allzu oft in den Turbinen des Wasserkraftwerks endet. Jedes Jahr führt die Fischereifachberatung, unterstützt von der Randersackerer Fischerzunft, dort eine elektrische Probebefischung durch, die Aufschluss über den Zustand der Fischfauna gibt. Durch elektrischen Strom werden die Fische nur kurz betäubt und nach der Zählung wieder in die Freiheit entlassen.

Fast ausgestorbene Barben können sich im Main wieder vermehren 

"Es ist ein gutes Zeichen, dass Barben da sind", sagt Fischereifachberater Michael Kolahsa. Dabei gilt sein Interesse vor allem den jungen Exemplaren. "Das zeigt, dass es funktionierende Laichplätze gibt." Diese sind rar geworden, seit der Main zu Gunsten der Schifffahrt seine natürliche Strömung verloren hat und die Kiesbänke, auf denen die Barben ihren Laich ablegen, zunehmend von Sediment überdeckt wurden. Nur noch im Unterwasser der Kraftwerke sei die Strömung hoch genug, um den Schlamm fortzuspülen, sagt Kolahsa. Im Zuge des Mainausbaus war deshalb unterhalb des Kraftwerks Randersacker eine künstliche Kiesbank aufgeschüttet worden.

Das schlechte Wetter konnte die Randersackerer Kinder nicht davon abhalten, beim Probefischen am Umgehungsbach zuzuschauen. Rechts im Bild das Fischerteam mit dem Fischereifachberater Michael Kolahsa, seinen Mitarbeitern Stefan Hummel und Matthias Schäffner sowie Thomas Weber von der Fischerzunft.
Foto: Gerhard Meißner | Das schlechte Wetter konnte die Randersackerer Kinder nicht davon abhalten, beim Probefischen am Umgehungsbach zuzuschauen.

Für Hubert Holl hat die Barbe mit ihren typischen Barteln ums Maul auch große Bedeutung für die Tradition des Fischerhandwerks. Sie kam früher in großen Schwärmen vor und galt als "Brotfisch" der Fischerfamilien. Auch deshalb, weil sie nicht nur im Sommer mit Netzen, sondern im Winter mit dem sogenannten Kugelhamen, einem besonders konstruierten Kescher, gefangen werden konnte. Dann standen die Fische häufig bewegungslos in Ufernähe und waren den Fischern eine leichte Beute, erzählt Holl.

Die Nachzucht, die der Bezirk Unterfranken in seinem Teichbetrieb in Maidbronn betreibt, dient dem Erhalt der Art. Tausende junger Barben wurden in den letzten Jahren bei Randersacker in den Main entlassen, um – wenn sie nicht von einem Raubfisch gefressen wurden – zu geschlechtsreifen Exemplaren heranzuwachsen. Dass nun neben erwachsenen Tieren auch viele Jungfische den Umgehungsbach besiedeln, wertet Kolahsa als Zeichen des Erfolgs.

Der Barsch könnte der Ausbreitung der Schwarzmeergrundel Einhalt gebieten

Der Fischbiologe zieht noch weitere Erkenntnisse aus dem Probefischen. So seien viele junge Barsche gefangen worden. Der Raubfisch, heuer zum "Fisch des Jahres" geadelt, ernährt sich – wie jüngere Forschung ergeben hat – gerne von Schwarzmeergrundeln. Der aus dem Donauraum zugewanderten Art, die als Laichräuber heimische Fische verdrängt, könnte so ein natürlicher Fressfeind erwachsen sein. "Der Barsch ist unser Hoffnungsträger, was die Grundeln angeht", sagt Kolahsa.

Außerdem gilt sein Interesse dem Döbel oder Dickkopf, der dafür bekannt ist, sich auch in wärmeren und sauerstoffärmeren Gewässern wohl zu fühlen. "Ich finde es spannend, diese Art im Auge zu behalten, weil sie zu den Gewinnern des Klimawandels zählen könnte", sagt er.

Im Gegensatz zum vergangenen Sommer macht sich Kolahsa heuer keine Sorgen um den Zustand des Mains. Nachdem die Temperatur vor einigen Wochen 25 Grad erreicht hat und der "Alarmplan Main" angesprungen sei, habe sich der Fluss in den vergangenen Tagen wieder merklich abgekühlt. Fischer Hubert Holl ist ebenfalls zufrieden mit dem, was er bei seinen Ausfahrten beobachten konnte. "Das Ablaichen der Weißfische war dieses Jahr optimal, mit der Wärme gibt es kein Problem", sagt er.

Kinder, die am Main aufwachsen, sollen die Fische kennenlernen

Die Fischerzunft nutzt das Probefischen, um den Kindern aus Randersacker im Rahmen einer Ferienaktion die Fische des Mains näher zu bringen. Rund 100 sind an diesem verregneten Morgen mit Eltern und Großeltern an den Umgehungsbach gekommen. "Wer am Main aufwächst, soll auch die Fische kennenlernen", sagt Hubert Holl.

Werbung für das Fischerhandwerk verspricht er sich auch von dem Fischerfest, das heuer am 14. Oktober erstmals nach der Corona-Pandemie wieder stattfinden soll, wenn auch in veränderter Form. Vom Flecken wurde das Fest in den Rathaushof verlegt. Auf den Verkauf lebender Fische will die Zunft heuer verzichten. An frisch frittierten Meefischli und Weißfischfilets oder geräucherten Forellen soll aber kein Mangel herrschen, verspricht Holl.

 
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