Würzburgs Stadtkämmerer Robert Scheller zieht Konsequenzen aus der öffentlichen Diskussion über seine privaten Grundstücksgeschäfte und eventuelle Interessenskonflikte: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich im Stadtgebiet von Würzburg keine neuen Investitionsprojekte angehen werde, da ich überhaupt kein Interesse daran habe, dass meine Integrität durch ein solches privates Engagement beschädigt wird", sagte Scheller am Donnerstag in der letzten Sitzung des Stadtrats vor der Sommerpause.
Der 50-Jährige Jurist ist seit 2014 Finanz-, Personal- und Liegenschaftsreferent, in seinen Aufgabenbereich fallen auch die städtischen Grundstücksgeschäfte. Durch die Berichterstattung dieser Redaktion war öffentlich gemacht worden, dass er privat als einer von mehreren Teilhabern der Düll-Gerhard-Scheller GbR (DGS) in mehreren Fällen an Grundstückskäufen und Bauprojekten in Würzburg beteiligt war. Scheller bekräftigte am Donnerstag erneut, dass er sich keinerlei Fehlverhalten vorzuwerfen habe: "Ich muss allerdings erkennen, dass ich das von mir korrekt und transparent angelegte Handeln in der öffentlichen Wahrnehmung nicht transportiert bekomme."
Bei dem Gutachten geht es auch um das künftige Vorgehen bei Nebentätigkeiten
Unabhängig von der Erklärung des Kämmerers hat der Stadtrat einstimmig beschlossen, dessen privaten Nebentätigkeiten von einem externen Gutachter auf Verstöße gegen die Compliance-Richtlinien der Stadt untersuchen zu lassen. Bei internen Prüfungen der Verwaltung wurden keine Probleme festgestellt, wie Oberbürgermeister Christian Schuchardt am Donnerstag mitteilte: Das Rechnungsprüfungsamt habe keine Verstöße gegen die städtische Dienstanweisung zur Korruptionsprävention festgestellt, das Rechtsamt sehe keine Genehmigungspflicht für die Nebentätigkeit. Laut Gutachterausschuss für Bodenrichtwerte lagen die von der DGS gezahlten Grundstückspreise auch über den Richtwerten.
Das externe Gutachten soll auch Hinweise darauf geben, wie die Stadt künftig mit Nebentätigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgeht. Beantragt wurde das Gutachten mit neun konkreten Fragen von Grünen, SPD, Linke, ÖDP und FDP/Bürgerforum. Die CSU-Fraktion schloss sich dem interfraktionellen Antrag in der Sitzung an, verwahrte sich dabei aber gegen die Formulierung der Kollegen, es gebe einen "starken Verdacht" gegen Robert Scheller.
OB Schuchardt: Unabhängige Überprüfung ist wichtig
Auch die Freien Wähler hatten kurzfristig einen Antrag vorgelegt, "weil uns die Formulierung überhaupt nicht gepasst hat und weil ein externer Gutachter für uns nicht richtig ist", erläuterte der FW/FWG-Fraktionsvorsitzende Josef Hofmann. Er sprach sich für eine Überprüfung durch die Rechtsaufsicht bei der Regierung von Unterfranken oder den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) als "neutrale staatliche Instanzen" aus.
Den BKPV, der regelmäßig Compliance-Prüfungen in bayerischen Kommunen durchführt, hatte auch der OB als einen von mehreren möglichen Gutachtern vorgeschlagen. Die unabhängige Überprüfung der Vorgänge sei wichtig, um sich "zukunftsorientiert und richtig aufzustellen", so Schuchardt. Er führte nach kurzer Diskussion beide Anträge zu einem Beschlussvorschlag zusammen: Die Stadt wird vom BKVP, einem Experten für öffentliches Dienstrecht und zwei Anwaltskanzleien Angebote für ein Gutachten einholen, die Vergabe soll im Ferienausschuss am 7. September erfolgen.