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Würzburg
Finanzreferent Robert Schellers private Geschäfte: Was der Würzburger Stadtrat  darüber wusste
Die große Mehrheit des Würzburger Stadtrats sieht das Ansehen der Stadt durch die Privatgeschäfte des Kämmerers geschädigt. Bürger seien sauer darüber.   
Die Vorsitzenden der Fraktionen im Würzburger Stadtrat bewerten die Privatgeschäfte von Finanzreferent Robert Scheller unterschiedlich. Von links oben: Alexander Kolbow (SPD), Barbara Meyer (Linke),  Sandra Vorlova (Grüne). Von links unten: Wolfgang Roth (CSU),  Josef Hofmann (Freie Wähler), Raimund Binder (ÖDP) und Joachim Spatz (FDP/Bürgerforum).
Foto: Anna Tanzer, Patty Varasano, Thomas Obermeier, Fabian Gebert, Rudi Merkl, Thomas Lang | Die Vorsitzenden der Fraktionen im Würzburger Stadtrat bewerten die Privatgeschäfte von Finanzreferent Robert Scheller unterschiedlich.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 27.07.2023 04:04 Uhr

"Herr Scheller hat umfassend und transparent informiert", antwortet CSU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Roth auf die Frage, ob der Würzburger Stadtrat bislang ausreichend über die private Geschäftstätigkeit von Finanzreferent Robert Scheller unterrichtet wurde. Die Fraktionen von Grünen, SPD, Linken, ÖDP und FDP/Bürgerforum finden dagegen, dass Scheller seine Geschäfte mit der DGS Projektentwicklungsgesellschaft nicht ausreichend offengelegt hat.

Vor eineinhalb Wochen hatte Scheller erstmals den Stadtrat öffentlich über seine Tätigkeit informiert. Die Stellungnahme zu sieben Grundstücksgeschäften und Bauprojekten der DGS zwischen 2002 und 2022 gab er ab, nachdem diese Reaktion über deren Problematik berichtet hatte.

CSU: Die Beteiligung Schellers war bekannt, jedes Stadtratsmitglied hätte kontrollieren können

Was wusste der Stadtrat vorher davon? Barbara Meyer (Linke): "Uns waren diese privaten Geschäfte aus Erzählungen von einzelnen Bürgern bekannt." Nachforschungen wären schwierig gewesen, weil "oft der Schleier des Datenschutzes über diese Themen gelegt wird". Joachim Spatz (FDP/Bürgerforum): "Es gab Gerüchte, aber kaum belastbare Fakten." Wolfgang Roth (CSU) sagt: "Die Beteiligung von Herrn Scheller an einer GbR war uns bekannt. Ebenso, dass er Immobilien besitzt, saniert und errichtet."

Die CSU findet den Umgang transparent, weil Scheller – nichtöffentlich – über zwei Projekte informierte: 2017 hat er die Fraktionsvorsitzenden über den Kauf eines Mehrfamilienhauses am Hubland informiert, das die Stadt ein Jahr vorher an einen Projektentwickler verkauft hatte. Scheller erklärte dabei auch, dass er mit seinem Schwager und einem Schulfreund eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat, die mehrere Immobilien besitzt.

2021 schrieb Scheller in einer Mail den Mitgliedern des Stadtrats-Ferienausschusses, dass diese Gesellschaft ein städtisches Grundstück in der Zeppelinstraße kauft und dort bereits 2001 und 2008 städtische Flächen erworben hat, um einen Tegut- und einen Getränkemarkt zu bauen.  CSU-Fraktionschef Roth: "Jeder Stadtrat hätte umgehend seine Kotrollfunktion nutzen können, sofern er eine Unregelmäßigkeit vermutet oder mehr Informationsbedarf gehabt hätte."

SPD: Nur von zwei Geschäften Schellers gewusst, nicht von den übrigen

"Damals haben wir keine Hinweise auf Verstöße gegen städtische Compliance-Regeln gesehen", sagt Josef Hofmann (FWG). Jetzt gebe es aber "neue Erkenntnisse", die eine Untersuchung notwendig machten. "Wir wollen nichts verharmlosen, aber auch nicht vorverurteilen", so Hofmann. 

Auch SPD-Fraktionschef Alexander Kolbow sah keine Anzeichen für Verstöße. "Ich hielt die beiden genannten Geschäfte für Einzelfälle." Allerdings habe er nicht gewusst, dass Scheller mit seiner Gesellschaft noch weitere Projekte in Würzburg verwirklicht habe.

Grüne: Transparenz ist nicht durch "stille Post" zu erreichen

ÖDP-Fraktionsvorsitzender Raimund Binder erklärt, er habe Scheller 2017 so verstanden, dass dieser "stiller Teilhaber" der Gesellschaft sei. Er habe die "moralisch-ethische" Problematik,  wie Gerechtigkeit und Vertrauensverlust bei den Bürgern, gesehen und thematisiert, so Binder.

Der damalige Grünen-Fraktionschef Matthias Pilz sagt, er habe Scheller "von Geschäften dieser Art abgeraten". Die heutige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, Sandra Volvora, bekam 2021 die E-Mail Schellers, wusste aber nichts "über das tatsächliche Ausmaß der privaten Immobiliengeschäfte". Sie betont, dass Transparenz nicht erreicht werde, indem man von "einer Wahlperioden-übergreifenden stillen Post in den Fraktionen" ausgehe. Stattdessen hätten Scheller oder OB Christian Schuchardt die Geschäfte dem neuen Stadtrat offenlegen müssen. 

Wird das Ansehen der Stadt durch die Geschäfte des Würzburger Kämmerers geschädigt?

Wird das Ansehen der Stadtverwaltung durch die Geschäftstätigkeit Schellers geschädigt? Ja, sagen fünf von sieben Fraktionen. "Dass sich ein gut bezahlter Referent nebenbei noch im eigenen Bereich privatwirtschaftlich betätigt", sorgt laut Barbara Meyer (Linke) für "massiven Unmut, egal ob das juristisch angreifbar ist oder nicht." Auch Joachim Spatz (FDP) berichtet von "deutlichen Meinungsäußerungen vieler Bürgern".

Sandra Vorlova meint, dass "schon alleine der Anschein, Scheller könnte dienstliche Kenntnisse und Kontakte für private Geschäfte nutzen, dem Ansehen von Verwaltung und des Stadtrats schadet und Politikverdrossenheit fördert."  Die CSU hat eine andere Antwort: "Aufgrund der Berichterstattung ist das Ansehen der Stadt beschädigt."

Robert Scheller

Seit 2002 arbeitet Robert Scheller in der Würzburger Stadtverwaltung, zunächst als persönlicher Referent der damaligen Oberbürgermeisterin Pia Beckmann. 2005 wählte der Stadtrat den Juristen zum Sozialreferenten, 2014 dann zum Finanzreferenten. Der Wahlbeamte gehört als Leiter der Fachbereiche Personal, Finanzen und Immobilienmanagement zur Rathausspitze. Der 50-Jährige ist parteilos, steht aber der CSU nahe. 2020 kandidierte er in seinem Wohnort Volkach (Lkr. Kitzingen) auf der Kreistagsliste der CSU. Die DGS GbR (Düll-Gerhard-Scheller Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) wurde 2001 gegründet. Gesellschafter sind Robert Scheller, sein Schulfreund, sein Schwager, sein Neffe und seine Nichte.
Quelle: gam
 
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  • Rainer Haerth
    Wenn es keinen Vorteil für den Herrn Scheller und seinen Freunden und Verwandten gab oder gibt, frage ich mich warum macht er seine Geschäfte unbedingt in Würzburg, und nicht da wo er nicht „Insider“ ist ?
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  • Klaus Hettrich
    is halt auch in Würzburg der übliche CSU Sumpf!
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  • Christine Gerhardt
    Die CSU meint also das Ansehen ist aufgrund der Berichterstattung beschädigt, das ist doch hochgradig dreist. Keine Information der Bevölkerung = kein Problem. Unfassbar. Oder wie soll man das sonst verstehen?! Ich habe die Berichterstattung nämlich als sehr sachlich wahrgenommen.
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  • Max Hegler
    Was hat das mit Transparenz in der Lokalpolitik zu tun? Herr Scheller hat soweit ich informiert bin, kein politisches Mandat inne und wie jemand sein Geschäft vermarktet ist jedem selbst überlassen.

    Im Grunde entscheidet der Stadtrat darüber, an wen er Grundstücke verkauft und kauft.
    Ich finde es komisch das nun fast jeder sagt, er wüsste nichts davon. Man sollte von jedem Mandatsträger erwarten, daß er sich informiert an wen er Grundstücke kauft und verkauft. Finde es jedoch sehr komisch, das nun fast alle sich versuchen in Unschuld zu waschen, mich würde mal interessieren was im Protokoll steht, zu den betroffenen Grundstückskäufen. Haben die Fraktionen hier schon ihre bedenken geäußert? So kommt es für mich rüber, dass nun sämtliche Verantwortung auf OB Schuchardt und Herrn Scheller (vonseiten der Fraktionen) abgeschoben wird. ...
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  • Peter Koch
    Wer will kann ja mal im Internet nach der DGS Projektentwicklung GbR suchen und sich informieren. Ich finde da ausser der Adresse nix. So sieht halt moderne Transparenz in der Lokalpolitik und darüber hinaus aus.
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