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Würzburg/Nordheim
Piwi statt Silvaner? Wie neue pilzresistente Rebsorten den Frankenwein verändern und welche Chance drin steckt
Noch werden sie meist in Cuvées versteckt. Doch immer mehr Winzer in Franken versuchen, mit neuen Sorten den Weinbau zukunftsfähig zu machen. Welche Weine es schon gibt.
Piwi-Pionier: Winzer Manfred Rothe aus Nordheim im Landkreis Kitzingen macht 'Zukunftsweine' aus pilzwiderstandsfähigen neuen Rebsorten.
Foto: Thomas Obermeier | Piwi-Pionier: Winzer Manfred Rothe aus Nordheim im Landkreis Kitzingen macht "Zukunftsweine" aus pilzwiderstandsfähigen neuen Rebsorten.
Folker Quack
 |  aktualisiert: 09.06.2024 02:30 Uhr

Bei Bio-Winzer Manfred Rothe aus Nordheim steht die Zukunft sogar auf dem Etikett. "Zukunftsweine" heißen zwei seiner Cuvées, in die nur pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die sogenannten Piwis, hinein dürfen. Rothe gilt als Pionier im Bioweinbau und bei den resistenten Sorten. Mittlerweile stehen Piwis auf 30 Prozent seiner Rebflächen. Und, sagt Rothe, seit er sie nicht mehr Helios oder Muscaris, sondern "Zukunftsweine" nenne, steige auch die Akzeptanz. 

Der Nordheimer Winzer gehört zu der Bewegung, die den Begriff "Zukunftswein"geschützt hat. Neben Rothe haben sich auch der Zehntkeller Iphofen, das Weingut Hemberger aus Rödelsee und das Weingut Markelsheimer in Bad Mergentheim der Initiative angeschlossen, der deutschlandweit inzwischen 53 Weingüter angehören.    

"Zukunftsweine" aus Franken: Versuch, ganz ohne Pflanzenschutz auszukommen

Die resistenten Sorten stünden für die Zukunft, weil sie im Schnitt 80 Prozent weniger Pflanzenschutz benötigten, sagt Rothe. Der Pilzbefall sei die größte Herausforderung im Bioweinbau. Anderes zu pflanzen hält der Winzer deshalb für "grob fahrlässig". Weniger Pflanzenschutz, das bedeute auch weniger Traktorfahrten durch den Weinberg und weniger Wasserverbrauch. 

Der Würzburger Winzer Ludwig Knoll sagt, er könne in guten Jahren in seinen Piwi-Weinbergen völlig auf Pflanzenschutz verzichten. Seine resistenten Sorten vermarktet Knoll nicht eigenständig unter dem Namen "Piwi". Sie stecken mit einem großen Anteil in seinen Cuvées.

Ludwig Knoll vom Weingut am Stein in Würzburg: Er steckt Piwis in viele seiner Cuvées.
Foto: Timo Jaworr | Ludwig Knoll vom Weingut am Stein in Würzburg: Er steckt Piwis in viele seiner Cuvées.

Noch habe man zu wenig Erfahrungen, wie sich die pilzresistenten Rebsorten entwickeln würden, meint der Winzer vom Weingut am Stein. So fein wie ein Silvaner oder Riesling seien die Weine noch nicht. Aber Knoll kann sich gut vorstellen, dass durch geschickte Kreuzungen und Erkenntnissen aus der Gentechnologie auch traditionelle Rebsorten mit Pilzresistenz gezüchtet werden können. 

Juliusspital Würzburg setzt auf Blütenmuskateller und Donauriesling

Das Juliusspital, mit 180 Hektar Anbaufläche das größte Weingut Frankens, hat aktuell auf knapp zehn Hektar Piwis stehen. Gerade sei eine Rebfläche auf Würzburger Gemarkung mit Blütenmuskateller hinzugekommen, sagt der neue Weingutsleiter Joachim Brand. Im kommenden Jahr pflanze man auf einem Weinberg zwischen Iphofen und Rödelsee im Landkreis Kitzingen den pilzresistenten "Donauriesling". Eine Rebsorte mit "weinsensorisch super Ergebnissen", sagt Brand. Der Name sei für Franken zwar schwierig, aber man müsse den Wein ja nicht darunter vermarkten.

Neuer Chef im Würzburger Weingut Juliusspital: Joachim Brand.
Foto: Thomas Obermeier | Neuer Chef im Würzburger Weingut Juliusspital: Joachim Brand.

Aktuell würden Piwis in die Cuvées und im Secco des Juliusspital verschnitten, sagt der Weingutsleiter. Er könne sich gut vorstellen, in den nächsten Jahren weitere Weinberge mit den neuen resistenten Sorten zu bestocken. 30 bis 40 Hektar könnten das am Ende dann sein. 

Ersatz für traditionelle Sorten: Wird ein Piwi der neue Bacchus? 

Und der Geschmack? "Wir haben Geschmacksbilder im Kopf", sagt der Nordheimer Winzer Manfred Rothe. Die neuen Sorten würden mit Silvaner, Bacchus oder Müller-Thurgau verglichen. Doch die Vielfalt in der Piwi-Welt sei groß und wachse weiter. Man müsse herausfinden, welche Rebsorten an den Main, welche besser an die Mosel passten. Und vor allem: Welche Sorte zum Weingut passe.

Sehr beliebt bei den Winzern in Franken sei derzeit der Blütenmuskateller, sagt Rothe: "Vielleicht wird das ja der neue Bacchus." Die traditionelle Sorte habe aktuell in Franken die größten Probleme mit dem Klimawandel.  

International ausgezeichneter Piwi kommt aus Franken

Rothe selbst hat gezeigt, dass aus Piwis auch große Weine gemacht werden können. Der Nordheimer bewarb sich 2023 mit seinen Zukunftsweinen bei der Berliner Wein-Trophy, Deutschlands größtem und auch international bedeutenden Weinwettbewerb. Mit seiner Beerenauslese der Sorte Solaris gewann Rothe die Große Goldmedaille, die höchste bei der Trophy vergebene Auszeichnung. Es sei das erste Große Gold für einen Piwi überhaupt gewesen, sagt Rothe. Eine "einfache" Goldmedaille gab es für seinen Muscaris. 

Die Zukunft in Franken? Sie gehöre weiter dem Silvaner, da sind sich alle befragten Winzer und Weingutsleiter einig. "Ich bin nach Franken gekommen, um Silvaner-Geschichte mitzuschreiben", sagt der Württemberger Joachim Brand. Ob Burgund, Toskana, Franken - jede große Weinregion habe eine klassische Rebsorte als Mittler ihrer Böden, sagt Ludwig Knoll. Hier in Franken passe der Silvaner als Botschafter perfekt zu den kalkigen, kargen Böden - das dürfe man ruhig noch selbstbewusster vertreten.

Piwi: Die neue Rebsorten und wie viele es schon gibt

Seit über 25 Jahren werden neue Rebsorten mit Pilz-Widerstandsfähigkeit in Deutschland unter dem Namen "Piwi" entwickelt - meist von öffentlichen Forschungsinstituten durch klassische Kreuzungszüchtung. Die neuen Reben sind größtenteils aus einer traditionellen europäischen Kulturrebe und einer unbekannten Rebe mit großen Abwehrkräften, meist aus den USA, gekreuzt.
Sie sind unterschiedlich resistent gegen Pilzkrankheiten wie die bei Winzern gefürchtete Peronospora (eine Art Mehltau), aber auch widerstandsfähiger gegen Kirschessigfliegen und Frost.
Mittlerweile sind über 30 Piwi-Rebsorten registriert. Zu den bekanntesten weißen Reben gehören Cabernet Blanc, Solaris, Johanniter, Souvignier Gris und Muscaris. Bei den Rotweinen dominiert Regent vor Pinotin, in Franken ist aktuell der Blütenmuskateller beliebt. 
In Franken sind mittlerweile zirka 200 Hektar mit Piwis bestockt. Das entspricht nur gut drei Prozent der gesamten Anbaufläche. Deutschlandweit sind es bislang 2,4 Prozent.  
fqu
 
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