Ökologischer Weinbau ist die Zukunft, da sind sich viele Winzer und Experten in Franken einig. Bislang sind gerade einmal knapp 13 Prozent der Anbauflächen in der Region offiziell ökologisch bewirtschaftet. Weitere rund vier Prozent sind in der drei Jahre dauernden Umstellungsphase. Dazu kommen ökologisch bewirtschaftete Flächen, deren Weine von den Winzer aber nicht unter dem Siegel "Bio" vermarktet werden. Fehlt dafür die Nachfrage oder gibt es andere Gründe?
Im Jahr 2021 hat die Peronospora, der falsche Mehltau, vor allem den Biowinzern heftig zugesetzt. Die große Feuchtigkeit im Frühsommer war zwar für alle Winzer ein Problem, aber durch den Verzicht auf konventionellen Pflanzenschutz bedeutete sie im biologischen Anbau deutlich mehr Arbeit und weniger Ertrag. Wie steht es also um die Zukunft des Bioweinbaus in Franken? Setzen sich neue, gegen Pilze und Klimawandel widerstandsfähigere Rebsorten durch? Und muss Biowein zwingend mehr kosten? Antworten von Winzerinnen und Winzern auf zentrale Fragen.
Warum betreibt man überhaupt ökologischen Weinbau?
Franziska Schömig ist eine der jungen Winzerinnen in Franken , die ganz auf Ökoweinbau setzen. 2017 hat sie von ihrem Vater Weinberge in Rimpar (Lkr. Würzburg) übernommen und wie er schon biologisch weiter bewirtschaftet. Für die 33-Jährige ist das ein klares Statement für nachhaltiges und naturnahes Wirtschaften. Gelernt hat Schömig ihr Handwerk bei biologisch und konventionell arbeitenden Betrieben, um beide Seiten kennenzulernen. In 15 Jahren werde sich kein Winzer mehr fragen, ob er ökologisch oder konventionell anbaut, ist Ludwig Knoll vom Würzburger Weingut am Stein sicher. Da werde es nur noch Biowein geben, sagt Knoll. "Wir können doch nicht für ein Luxusgut Pestizide und Herbizide in die Natur spritzen", sagt Franziska Schömig. "Wenn wir unsere Landschaft mit all ihrer Artenvielfalt und Diversität erhalten wollen, führt an ökologischer Landwirtschaft kein Weg vorbei."
Schmeckt man das Bio im Wein?
Ludwig Knoll ist sicher, dass ein nachhaltig und ganzheitlich angebauter Wein auch über eine höhere Qualität verfügt. Auch Franziska Schömig glaubt, dass Bioweine harmonischer sind. Einige Biowinzer experimentieren mit Maischegärung, bauen klassisch in Amphoren aus oder verzichten auf die Filtration - dadurch entstehen neue Geschmacksrichtungen. Beim Ausbau im Keller und der Önologie gebe es aber prinzipiell keine Unterschiede zwischen Biowein und konventionellem Wein, sagt Weinfachberater Hermann Mengler vom Bezirk Unterfranken.
Ist Biowein gesünder?
Von gesünder möchte Hermann Mengler bei einem Produkt, das Alkohol enthält, nicht sprechen. Winzer Ludwig Knoll sagt, wenn keine Pflanzenschutzmittel in den Weinberg kommen, kommen sie auch nicht in die Pflanzen, nicht in die Trauben und nicht in den Wein. Durch die Gärung und das Herausfiltern der Hefe würde allerdings auch im konventionellen Anbau der Wein so gut wie keine Rückstände mehr enthalten. Weinbau sei immer nachhaltig, ein Winzer pflanze die Reben für die nächste Generation, so Knoll. Im Weinbau habe eine kurzfristige industrielle "Denke" keinen Platz.
In wie weit schützt biologischer Weinbau die Natur?
Bei biologischem Anbau werden im Weinberg weder Unkrautvernichter am Boden noch Pflanzenschutzmittel oder Schädlingsbekämpfungsmittel gespritzt. Es gibt keinen chemischen Dünger. "Es ist nichts erlaubt, was in der Natur nicht vorkommt", sagt Ludwig Knoll. Laut Hermann Mengler benötigt ein ökologisch bewirtschafteter Weinberg weniger Wasser. Das liege zum einen am niedrigeren Ertrag. Die Pflanzen würden aber auch robuster, ihre Blätter könnten das Wasser besser speichern. Für Manfred Rothe, der vor fast 40 Jahren seinen Betrieb in Nordheim (Lkr. Kitzingen) auf Bioweinbau umstellte, waren der Verzicht auf Kunstdunger, Glyphosat und Pestizide jeder Art die stärksten Argumente. Er wollte nicht, dass seine Kinder am Rande eines Weinberges aufwachsen, in dem regelmäßig Chemie verspritzt wird. Es gehe auch ohne, ist Rothe sicher.
Kostet Biowein zwingend mehr?
Ökologischer Weinbau bedeutet einen enormen Mehraufwand für die Winzer, erklärt Fachberater Hermann Mengler. Das beginne beim Boden, der ohne Herbizide mehr gehackt und gepflegt werden müsse - gerade in den fränkischen Steillagen eine Herausforderung. Auch die Pflanzen selbst müssten mit einem deutlich höheren Aufwand gepflegt werden, um Schädling, wie den falschen Mehltau abzuwehren. Zur nötigen Mehrarbeit komme ein geringerer Ertrag. Mengler schätzt, dass im Bioweinbau der Ertrag zwischen 20 und 30 Prozent geringer ist als im konventionellen Weinbau. In der Umstellungsphase seien die Erträge sogar noch geringer, erinnert sich Ludwig Knoll. "Biowein muss mehr kosten", sagt Mengler, aber dieser Preis müsse auch auf dem Markt erzielt werden können. Viele Kundinnen und Kunden wollten zwar gerne Biowein, aber nicht unbedingt mehr dafür bezahlen. Ökoweinpionier Manfred Rothe sagt: "Den 2,99 Euro teuren Silvaner wird es im Bioweinbau niemals geben können."
Warum war 2021 ein herber Rückschlag für den Bioweinbau?
Im Frühjahr bis in den Frühsommer hinein war es in Unterfranken einfach zu feucht. Die Natur explodierte regelrecht, die Winzer kamen kaum mit der Arbeit nach. Denn der größte Feind der Biowinzer, die Peronospora, machte sich breit. Bis 2014 durfte auch im ökologischen Weinbau die phosphorige Säure als Pflanzenstärkungsmittel eingesetzt werden. Dann aber wurde sie zum Pflanzenschutzmittel umfirmiert und ist seitdem für Biowinzer tabu. Wenigstens in so extremen Jahren wie 2021 sollte der Gesetzgeber diese Säure auch für den Bioweinbau wieder zulassen, fordert Hermann Mengler vom Bezirk Unterfranken.
Dürfen Biowinzer überhaupt keinen Pflanzenschutz betreiben?
Alles was in der Natur nicht vorkomme und zu Rückständen im Produkt führen könnte, sei tabu, sagt Ludwig Knoll. Allerdings dürfe zum Schutz vor Peronospora natürliches Kupfer eingesetzt werden. Nachteil sei, dass es sich im Boden absetze. Manfred Rothe plädiert deshalb dafür, phosphorige Säure wieder zuzulassen, um dafür das Kupfer zu minimieren. Heinrich Hofmann von der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) kann sich auch ein Kupfer-Verbot für Bio-Anbauer vorstellen. An der LWG werde an Alternativen geforscht.
Wird es neue Rebsorten es geben?
Silvaner, Müller-Thurgau oder Domina kennen alle. Künftig wird man sich an neue Namen im fränkischen Weinbau gewöhnen müssen. Seit 50 Jahren forscht auch die Landesanstalt für Weinbau in Veitshöchheim an pilzwiderstandsfähigen neuen Rebsorten. Mit dem Projekt "VitiFit" möchte man die Qualität dieser Rebsorten steigern und sie dem Verbraucher näher bringen, sagt LWG-Mitarbeiter Heinrich Hofmann. Man bekomme bestehende Rebsorten nicht widerstandsfähig, es gelte neue Sorten zu kreieren. Die bekanntesten "PIWIS" (Pilz-Widerstandsfähige-Sorten) seien Cabernet Blanc, Muscaris oder Johanniter, sagt Fachberater Hermann Mengler. Bei Rotweinen gebe es als bekanntesten Vertreter Regent, Cabertin oder Pinotin.
Pionier Manfred Rothe bepflanzte vor 20 Jahre als erster Winzer in Deutschland einen ganzen Weinberg mit der Rebsorte Helios, noch heute verkauft er die Sorte als Landwein. Inzwischen nehme der Muscaris den größten Teil seiner neu bestockten Anbaufläche ein, sagt der Nordheimer. Aus ihm macht Rothe seinen Winzersekt. Viele Biowinzer experimentieren mit PIWIS, doch der Verbraucher bevorzuge die Klassiker, sagt Winzer Markus Schmachtenberger aus Randersacker (Lkr. Würzburg). Er überlege dennoch, seinen Bacchus durch Calardis Blanc zu ersetzen. Denn der Bacchus habe auch mit dem Klimawandel große Probleme.
Kann ein Winzer sowohl biologisch als auch konventionell anbauen?
Weingutsdirektor Horst Kolesch vom Würzburger Juliusspital ist beides: Biowinzer und konventioneller Winzer. Als das Juliusspital 2011 an der Vogelsburg bei Volkach (Lkr. Kitzingen) die Weinberge der Augustiner-Schwestern übernahmen, verpflichtete es sich, diese auch weiterhin biologisch zertifiziert zu bewirtschaften. Die 2,5 Hektar an der Vogelsburg sind die Keimzelle des fränkischen ökologischen Weinbaus. Bereits seit Mitte der 60er Jahre wird hier ausschließlich ökologisch produziert. An der Mainschleife und in Würzburg bewirtschafte man weitere Weinberge bereist im dritten Jahr ökologisch, sagt Kolesch. Allerdings seien diese Weinberge noch nicht zertifiziert. Die Nachfrage nach Bioprodukten steige zwar, sagt der Weingutsdirektor, aber auf einem geringen Niveau. Beim Wein sehe er aktuell keine deutliche Steigerung mehr.