Straßenumbenennungen sind immer wieder ein umstrittenes Thema. Meist geht es um neue Erkenntnisse oder Interpretation dessen, was die Namensgeber zur Zeit des Nationalsozialismus gemacht haben. In Würzburg etwa wird seit Jahren über die Umbenennung vom Kardinal-Faulhaber-Platz diskutiert. Jetzt soll der Graf-Luckner-Weiher in der Würzburger Sanderau umbenannt werden.
Das wird dem Namensgeber des Graf-Luckner-Weihers in Würzburg vorgeworfen
Zwar geht es wie bei anderen Umbenennungen auch hier um die Zeit des Nationalsozialismus. Allerdings nicht um eine aktive Beteiligung von Felix Graf von Luckner am Nationalsozialismus – obwohl er sich wohl zeitweise in den Propaganda-Dienst der Nazis gestellt hat. Vielmehr hat Luckner wohl mehrfach minderjährige Mädchen und seine eigene Tochter sexuell missbraucht. Die Nazis stellten ihn vor Gericht. Eine Verurteilung blieb, obwohl die Schuld als bewiesen angesehen wurde, aus.
Die öffentlichen Akten zum Verfahren wurden 2005 in einem Gutachten ausgewertet. Dieses bildet jetzt die Grundlage für die Umbenennung. In Auftrag gegeben hatte das Gutachten die Stadt Halle, in der Graf Luckner gedacht werden sollte. Dass sich die 2015 ins Leben gerufene Straßennamenkommission nicht gleich mit dem Weiher in der Sanderau beschäftigte, wird in der jetzigen Vorlage damit erklärt, dass diese sich eben auf Straßennamen konzentriert habe.
Der neue Name für das Würzburger Gewässer soll "Sander-Weiher" lauten
Jetzt empfiehlt die AG Straßenbenennung der Stadt eine Umbenennung. Entschieden wird das letztlich vom Stadtrat. Am Mittwoch diskutiert darüber der Hauptausschuss. Auch ein neuer Name in Anlehnung an den naheliegenden Stadtteil wird vorgeschlagen: "Sander-Weiher".
"Typisch Würzburgerisch", kommentiert Klaus-Peter Wohlrab den Wiedererkennungswert des Neuvorschlags. Er ist zweiter Vorsitzender vom Modell-Sport-Club Würzburg (MSC), der das Grundstück mit dem Weiher aktuell gepachtet hat. "Wir hoffen, dass der Vorschlag Sander-Weiher angenommen wird." Für den Verein, "der sich der Jugendarbeit verpflichtet fühlt", sagt Wohlrab, "ist der Name nicht mehr tragbar."
Die Gedenktafel beim Weiher werde der MSC ebenfalls abbauen. Geehrt wurde Felix Graf von Luckner in der Nachkriegszeit, weil er wohl friedlich dazu beigetragen hat, dass die Stadt Halle 1945 vor schlimmeren Bombardierungen der Alliierten verschont blieb.
Ich muss mich korrigieren und Sie sich auch! Der Autor der Main Post hat eine Quelle zu den Vorwürfen zitiert:
https://digital.bibliothek.uni-halle.de/pe/content/titleinfo/2632872
Allerdings ohne die signifikanten Inhalte darzustellen und zu diskutieren. Deswegen überliest man das schnell. Ist Erklärung, aber nicht wirklich Entschuldigung. Habe Frau Kram spontan aus dem eigenen Gedächtnis vertraut und nicht nochmal eingehend überprüft. Erst jetzt. Entschuldigung dafür! Die angeblich "frei verfügbare" Quelle kann ich leider auch nicht öffnen. Es wäre schon wichtig, die Vorwürfe und den letztendlichen Freispruch genauer anzuschauen. Beim Studium von Quellenangaben habe ich schon Kunst und Wunder erlebt. Da steht nämlich manchmal gar nicht das drin, was behauptet wird. Aus diesem Grund geht man auch besser selbst in eine Gerichtsverhandlung statt einen Zeitungsbericht über sie zu lesen.
Sehr geehrter Herr Hoffmann, mir geht es nicht um Luckners Sicht auf die Dinge, sondern mich interessiert vielmehr, warum es sein Korsarenbuch anscheinend nur in französischer Sprache gibt, was genau es mit der Feindesrettung auf sich hat und warum er als Held des Humanitären gelobt wird, warum er mit 13 Jahren (!?) zur See durchgebrannt ist usw.
Das wäre doch u. U. aufschlussreich bez. der Anschuldigungen gegen ihn.
@ Edith Kram
Ansonsten kann ich Frau Kram nur beipflichten: Wo sind die Beweise eines seriösen Mediums für die Vorwürfe gegen Luckner, die unsere Tageszeitung einfach mal so in den Raum stellt? Ich werde ständig zensiert, wegen Lächerlichkeiten wie (vermutlich) angebliche Ironie, die Main Post selbst kann anscheinend unsanktioniert elementare Regeln des Journalismus überschreiten.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
Jetzt lassen Sie mal die Kirche im Dorf, Herr König. Warum sollten die Leute, die Umbenennungen von (gewissen) Straßen für sagen wir mal überzogen halten, dieselben sein, die Todesstrafe für "Kinderschänder" und Abschiebung von Flüchtlingen fordern? Das ist viel zu verallgemeinert und auch "unlogisch", würde Mr. Spock sagen. Unlogisch ist vor allem, dass die Juliuspromenade und die Martin-Luther-Strasse nicht schon längst umbenannt wurden. Und der Protestantismus wegen des Antisemitismus seines Gründers nicht schon längst gewaltig in derKritik ist. Aber der ist dann plötzlich ein Kind seiner Zeit.
https://www.spiegel.de/politik/felix-der-luegner-a-85c9e22a-0002-0001-0000-000007284910
Da hatte man eigentlich genug Zeit, schon vorher darüber zu entscheiden, ob man einen Weiher nach ihm benennen will - ein Vierteljahrhundert.
überhaupt keine Straßen bzw. Einrichtungen nach Personen zu benennen, denn ich bin mir sicher - analog zu dem Spruch "es gibt keine gesunden Menschen, sondern nur ungenügend untersuchte" - wer tief genug gräbt, findet garantiert bei jeder Person mindestens eine verachtungswürdige Tat/ Handlungsweise (bzw. was der politischen Korrektheit/ "Wokeness" geschuldet zurzeit als solche gilt)...
Moment, nur damit ich Sie richtig verstehe:
Man benennt einen öffentlichen Ort nach einen - wie sich später herausstellt - Kinderschänder. Und wenn man den Fehler dann korrigiert ist das für Sie übertriebene politische Korrektheit bzw. Wokeness?
haben nichts richtig verstanden - zumindest nicht mich.
Luckner war nach allem was man heute weiß ein hochgradig widersprüchlicher Charakter, so dass man tatsächlich weder tief graben (noch besonders woke sein) muss, um seine Schattenseiten zu finden (die er in seinen "Werken" teilweise sogar selber anspricht).
Auch "zwischen den Weltkriegen" hängte er offenbar sein Mäntelchen öfter mal nach dem Wind.
In seinen "starken Momenten" (wovon es etliche gegeben haben muss...) fiel er allerdings - bei aller Tatkraft - eher durch seine humane Handlungsweise, auch gegenüber den "Kriegsgegnern", auf (alles nachzulesen z. B. bei Wikipedia).
Damit das klar gesagt ist, als Namenspatron egal für was würde ich ihn nicht zitieren. Aber jetzt wo das geklärt ist, machen wir doch (s. mein ursprünglicher Kommentar/ z. B.) mal bei Julius Echter und Martin Luther weiter. Oder aus welchen Gründen sollen deren Schattenseiten tolerabel sein?
Dann schauen Sie doch mal da:
https://www.msc-wuerzburg.com/clubgel%C3%A4nde/
Der MSC ist ein Verein, in dem Schiffsmodelle gebaut werden können. Graf Luckner war in seiner Jugend zum Abenteuer Seefahrt aufgebrochen und hatte den Alias "Seeteufel". Es gibt keine Verbindung zu Würzburg, sondern zum Clubziel.
Er hat ein Buch geschrieben, das trug den Titel "Le dernier corsaire", Der letzte Seeräuber". Scheint es seltsamerweise nicht auf Deutsch zu geben! Warum nicht? Müsste es nicht ursprünglich Deutsch gewesen sein? In der französischen Beschreibung steht folgendes: "il prendra à son bord tous les équipages des 14 bateaux ennemis coulés par le fond." https://www.amazon.de/dernier-corsaire-1914-1918-grands-caractres/dp/2848681675
Imnerhin hat der Bösewicht Feinde gerettet. Das kommt heutzutage ganz schlecht. Da muss man natürlich mit Dreck werfen. Main Post, recherchiere!
wer Interesse an Luckners Sicht auf die Dinge hat, möge sich "Seeteufels Weltfahrt" reinziehen.
Von daher werde ich den Eindruck nicht los, "Teufelskerle" wie ihn gibt es auch heute noch, aber ob die alle auch über seine "zweite Seite" verfügen, mag ich nicht beurteilen.
Komisch. Da legt die Redaktion der MainPost immer so viel Wert auf "political correctness" und verlangt in Leserbriefen Quellenangaben.
Im oben stehenden Artikel heißt es aber: "...hat wohl mehrfach".
Liebe Redaktion, wo sind eure Quellenangaben?
Bevor man permanent den Art. 5 unseres Grundgesetzes bei der Bewertung von Kommentaren mißachtet (Stichwort: Zensur), sollte man seine eigenen Quellen überprüfen, bevor man mit Behauptungen wie "hatte wohl..." an die Öffentlichkeit geht.
Genauso könnte man den o.g. Artikel als weiteren Beweis dafür anführen, dass es bestimmten Leuten nicht um die "geschichtliche Offenheit", sondern nur um die Beschmutzung nach Verantwortlichen nach 1945 geht.
Auffallen dürfte dem geneigten Leser auch, dass alle derartigen (Neu-)"Entdeckungen" von Würzburg ausgehen.
Zufall oder Kalkül?
vielen Dank für Ihre kritische Anmerkung. Vor allem das wissenschaftliche Gutachten aus Halle (die "Entdeckung" ging also nicht von Würzburg aus) wird im Artikel als Quelle genannt. Ein kurzer Abschnitt draus:
"Es liegen nicht nur die belastenden Aussagen der beiden Kinder und seiner (leiblichen?) Tochter, sondern auch Beschuldigungen von Vertrauten bzw. ehemaligen Vertrauten und Bekannten des Grafen (Richard Krüger, Fritz Kist, Walter Knaack), aber insbesondere sein eigenes Geständnis vor!"
Die Vorwürfe sind also mehrfach belegt. Der Einschub "wohl" nimmt Rücksicht darauf, dass es 1. trotzdem nie zu einer offiziellen Verurteilung gekommen ist und 2. dass "Quellen aus der NS-Zeit kritisch hinterfragt werden müssen", wie das Gutachten sagt.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Sommer
Redaktion
- wenn das erwiesen ist, dann ist eine Umbenennung unbedingt erforderlich