zurück
Würzburg
Nach dem Tod von Benedikt XVI: Wie sich unterfränkische Christen an ihn erinnern
"Brillianter Theologe" oder "unerbittlicher Bewahrer einer erstarrten Lehre"? Kirchenmänner aus der Region sagen, was Joseph Ratzinger ihnen bedeutet hat.
Der Würzburger Bischof Franz Jung betet am Samstagmittag im Würzburger Dom für den emeritierten Papst Benedikt XVI. Der ehemalige deutsche Papst ist am Samstagvormittag im Alter von 95 Jahren im Vatikan gestorben. 
Foto: Silvia Gralla | Der Würzburger Bischof Franz Jung betet am Samstagmittag im Würzburger Dom für den emeritierten Papst Benedikt XVI. Der ehemalige deutsche Papst ist am Samstagvormittag im Alter von 95 Jahren im Vatikan gestorben. 
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:25 Uhr

Der ehemalige Papst Benedikt XVI. ist tot. Am Samstagvormittag starb Joseph Ratzinger mit 95 Jahren nach längerer Krankheit im Vatikan. Der gebürtige Oberbayer, der 1977 vom Würzburger Bischof Josef Stangl zum Erzbischof von München und Freising geweiht wurde, danach viele Jahre lang die Glaubenskongregation leitete und von 2005 bis 2013 als Papst wirkte, hat auch in Unterfranken Spuren hinterlassen und das Glaubensverständnis unterfränkischer Christen geprägt.

Für den verstorbenen deutschen Papst brennt im Würzburger Dom eine Kerze

"Mit den Gläubigen in aller Welt trauere ich um Benedikt XVI. Im Gebet und der Feier der Heiligen Messe wollen wir seiner gedenken“, teilt der Würzburger Bischof Franz Jung am Samstagmittag mit. Schon um die Mittagsstunde hat Bischof Jung für den verstorbenen deutschen Papst eine Kerze im Dom angezündet; er hat auch um Trauerbeflaggung an kirchlichen Gebäuden gebeten und die Gläubigen im Bistum aufgefordert, für Benedikt zu beten (siehe Infokasten).

Anzeige für den Anbieter Facebook Beitrag über den Consent-Anbieter verweigert

Jung würdigt den verstorbenen deutschen emeritierten Papst als "einen der herausragenden Theologen des 20. Jahrhunderts und einen Wegbereiter des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Ratzinger könne als theologische Ausnahmebegabung betrachtet werden. "Er brillierte mit einem scharfen Verstand und wies eine umfassende theologische Bildung auf, durch die er mit der Heiligen Schrift und der Tradition der Kirche vertraut war wie nur wenige“, so Jung. Auch als Papst habe sich Joseph Ratzinger vor allem als theologischer Lehrer verstanden. Er sei ein "gesuchter Gesprächspartner“ gewesen, der durch seine klaren Positionen zum einen Orientierung vermittelte, zum anderen aber zur Auseinandersetzung einlud“.

Münsterschwarzacher Abt erinnert sich an Treffen mit dem Papst in Freiburg

"Mit Benedikt XVI. ist ein großer Theologe von uns gegangen, der die Kirche in den vergangenen Jahrzehnten geprägt hat“, sagt Abt Michael Reepen, der die Abtei Münsterschwarzach im Landkreis Kitzingen leitet. Abt Michael hat in seinem Studium viele von Ratzingers Schriften gelesen und "über die Jahre gemerkt, wie er sich gewandelt hat“. Benedikt habe, meint Abt Michael, "das Papstamt in Demut und Gehorsam angenommen, obwohl er nie Papst werden wollte.“ Besonders berührt hat den Münsterschwarzacher Abt ein persönliches Treffen mit dem deutschen Papst: "2011 hatte ich in Freiburg die Gelegenheit, mit ihm die heilige Messe zu feiern. Seine berühmte Rede im Konzerthaus habe ich live miterlebt. Ich war persönlich begeistert davon und konnte nicht verstehen, wie negativ diese aufgefasst wurde“, erinnert sich der Abt. Bei der von Abt Michael erwähnten Rede im Freiburger Konzerthaus hatte der damalige Papst die katholische Kirche in Deutschland überraschend aufgefordert, auf staatliche Privilegien zu verzichten – ein Vorschlag, der nicht umgesetzt wurde.

Würzburgs Bischof Franz Jung hat die Gläubigen im Bistum dazu aufgerufen, für den verstorbenen Papst Benedikt zu beten. 
Foto: Silvia Gralla | Würzburgs Bischof Franz Jung hat die Gläubigen im Bistum dazu aufgerufen, für den verstorbenen Papst Benedikt zu beten. 

Hochschulpfarrer Hose hat den Papst als unerbittlichen Bewahrer einer erstarrten Lehre gesehen

"Ein langes Leben ist zu Ende gegangen. Vielschichtig wie jedes menschliche Leben. Möge er in Frieden ruhen.“ Diese Sätze hat der bekannte Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose kurz nach der Bekanntgabe von Papst Benedikts Tod auf Facebook gepostet. Auch für Hochschulpfarrer Hose war der Theologe Ratzinger, der viele Jahre Präfekt der Glaubenskongregation war, wichtig: "Wie viele Theolog:innen meiner Generation habe ich Bücher des Theologen Joseph Ratzinger in meinem Regal stehen, die mich zu Beginn meines Studiums geprägt haben“, so Hose. Er habe Ratzinger zunächst als "intellektuellen Konzilstheologen“ gesehen und mit seinem Namen die Hoffnung auf eine Erneuerung der Kirche verbunden, erinnert sich der Würzburger Hochschulpfarrer. Das änderte sich: "Später nahm ich ihn zunehmend als ängstlichen und gleichzeitig unerbittlichen Bewahrer einer erstarrten katholischen Lehre wahr“, berichtet Hose. Dennoch zeigt er sich beeindruckt von Ratzingers ungeheurem Wissen, seiner schlichten und tiefen Verbundenheit zu seiner bayerischen Heimat und zu seiner Familie. Hose: "Für mich ist sein langes und vielschichtiges Leben auch ein Spiegel der Kirchengeschichte nach dem II. Vatikanischen Konzil.“

Anzeige für den Anbieter Facebook Beitrag über den Consent-Anbieter verweigert

Aus Sicht von "Wir sind Kirche" hat Benedikt XVI. der Kirche geschadet

Weniger versöhnlich als der Hochschulpfarrer zeigt sich nach dem Tod von Benedikt XVI. Edgar Büttner aus Kitzingen, ein verheirateter  Priester, der auch Sprecher der Bundesversammlung der Basisbewegung "Wir sind Kirche“ ist. In dieser Funktion hat Büttner dem ehemaligen Papst Benedikt mehrfach vorgeworfen, durch Nichthandeln und Wegschauen Mitschuld zu tragen an einem Missbrauchsskandal in der Erzdiözese München und Freising. "Mit seinen unglaubwürdigen Stellungnahmen zum zweiten Münchner Missbrauchsgutachten hat Benedikt XVI. selbst seinen Ruf als Theologe und Kirchenführer schwer beschädigt. Zu einem persönlichen Schuldeingeständnis war er nicht bereit“, schreibt Büttner an Benedikts Todestag.

Aus Büttners Sicht hat Benedikt XVI. seiner Kirche geschadet: "Zur Führung des größten und ältesten Global Players fehlte es ihm an Menschenkenntnis, Empathie, Integrationskraft und Mut“, urteilt Büttner. Benedikts Rücktritt im Jahr 2013 findet Büttner "anerkennenswert“ und doch geht dem  verheirateten Priester dieser Rücktritt nicht weit genug: "Folgerichtig wäre es gewesen, wenn er in den Kardinalsstand oder Bischofsstand zurückgetreten wäre und die weiße Soutane abgelegt hätte. Trotz anderslautender Versprechen hat er sich im Ruhestand in problematischer Weise in kirchenpolitische Fragen eingemischt.“ Büttners Bilanz: "Seinem Nachfolger Papst Franziskus und der ganzen Kirche hat er ein schweres Erbe hinterlassen, das bis in den synodalen Weg reicht. Das, was Benedikt wollte, den Gott der Liebe des Evangeliums zu vermitteln, hat er so nicht erreicht. Darin liegt eine gewisse Tragik.“

Gedenken an Benedikt XVI. im Bistum Würzburg

Bischof Dr. Franz Jung feiert am Neujahrstag, 1. Januar, um 18.30 Uhr zusammen mit den Mitgliedern des Domkapitels ein Pontifikalrequiem für den verstorbenen Papst Benedikt XVI. im Würzburger Kiliansdom.
Die Würzburger Dommusik begleitet das Requiem musikalisch. Die Feier wird auf TV Mainfranken per Kabel und live im Internet sowie auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg übertragen. "Mit den Gläubigen in aller Welt trauere ich um Benedikt XVI. Im Gebet und der Feier des Requiems im Kiliansdom am Abend des Neujahrstags wollen wir seiner besonders gedenken“, so der Bischof.
Die Kirchengemeinden bittet der Bischof um das Totengeläut zu einem von ihnen gewählten Zeitpunkt. Außerdem bittet er um Trauerbeflaggung an den kirchlichen Gebäuden. "Damit soll die Trauer über den Tod des emeritierten Papstes zum Ausdruck gebracht und zum Gebet aufgerufen werden.“ Im Kiliansdom in Würzburg, in der Stiftsbasilika Sankt Peter und Alexander in Aschaffenburg und in der Pfarrkirche Heilig Geist in Schweinfurt liegen Kondolenzbücher aus.
Quelle: POW
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Gisela Rauch
Benedikt XVI
Bistum Würzburg
Bundesversammlung
Burkhard Hose
Domkapitel
Erzbischöfe
Facebook
Franz Jung
Heilige Messe
Michael Reepen
Päpste
TV Ochsenfurt
Zweites Vatikanisches Konzil
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • R. E.
    Es liegt an jedem Einzelnen, wie er den ehemaligen Papst - und vor allem Menschen - Ratzinger sieht. Und das ist gut so.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. R.
    Ihr Besserwisser und Reformer:

    Betet für Benedikt und lasst ihn in Ruhe !
    Was wird wohl einmal über Euch geschrieben werden? Ihr ward ja immer die Besseren!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. W.
    Tot isser und die ewige Ruh' sei ihm gegönnt bis zum jüngsten Tag.
    R.I.P.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. J.
    Auf eigenen Wunsch hin entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. S.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • L. S.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. F.
    klar - PKD weiß es ja besser! Er war zweifellos ein sehr großartiger Theologe und Prediger.
    Als er in München war, waren wir auch mit einem Buss drunten. München war letztlich dich so was wie seine ewige Heimat, Bayern sein Heimatland. Sicher hat er auch Fehler gemacht, er war auch nur ein Mensch - das sollte niemand vergessen. Wenn es auch heißt, der Papst sei unfehlbar, aber das stimmt leider nicht. Und ist auch gut so. Das Amt des Papstes vielleicht schon, aber die Person, die in diesem Amt tätig ist, ist ein Mensch wie du und ich. Möge er nun den ewigen Frieden gefunden haben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Ich bin gespannt auf die Titelseite der Zeitung mit den vier großen Buchstaben. "Wir sind tot" ?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. R.
    Sein unermüdlicher Einsatz für die bedingungslose Aufklärung der Missbrauchsskandale hat mich tief beeindruckt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Genau, dass er etwa 400 Priester aus dem Amt entfernt hat geht im deutschen Mainstream leider total unter. Dass er auch Fehler gemacht hat will keiner ernsthaft bestreiten, aber auch er war ein Mensch....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. K.
    Irgend was muss um 1970 passiert sein das Josef Ratzinger aus der Bahn warf. Bis dahin war er ein Reformer der mit Hans Küng zusammengearbeitet hat. Danach wurde er Küngs ärgster Gegenspieler.
    Ich denke, dass es einen Zusammenhang mit dem auf Ratzinger 1999 zugelassenen VW Golf gibt den er nie fuhr. Eigentlich ein typisches Geschenk für ein Kind zu einem besonderen Anlass.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. E.
    Da empfehle ich einfach einen Blick in seine Biografie: das waren die )8-er Studentenunruhen!
    In Tübingen, wo er zu der Zeit Professor war, wurden Hörsäle besetzt, Büros von Profs blockiert und Ähnliches mehr.
    Das hat ihn extrem verunsichert und auch gegen jede Reform verschlossen gemacht. Er hat sich danach der vermeintlichen Sicherheit, dem Althergebrachten, der Tradition zugewandt, quasi theologisch eine 180 Grad Krhrwende vollzogen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten