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Würzburg
Nach Missbrauchsskandal in Würzburg: 53 Verdächtige ermittelt
Zweieinhalb Jahre nach dem Logopäden-Fall in Würzburg konnte die Polizei 53 weitere Verdächtige aus aller Welt ermitteln. Die Daten des verurteilten Würzburger Logopäden halfen dabei.
Im Mai 2020 wurde ein Würzburger Logopäde zu über elf Jahren Haft verurteilt. Der Komplex um den Missbrauchsskandal ist mittlerweile abgeschlossen, die Polizei hat 53 weitere Verdächtige aus verschiedenen Ländern ermitteln können.
Foto: Thomas Obermeier | Im Mai 2020 wurde ein Würzburger Logopäde zu über elf Jahren Haft verurteilt. Der Komplex um den Missbrauchsskandal ist mittlerweile abgeschlossen, die Polizei hat 53 weitere Verdächtige aus verschiedenen Ländern ...
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:47 Uhr

Im Umfeld des verurteilten Würzburger Logopäden hat die Polizei deutlich mehr Tatverdächtige mit pädophilen Neigungen erwischt, als bisher bekannt war: Man habe 53 Verdächtige im In- und Ausland ermittelt, sagt jetzt in einer Bilanz Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der Zentralstelle Cybercrime in Bayern (ZCB).

"Die Tatvorwürfe lauten in allen Fällen auf Besitz oder Verbreitung kinderpornografischer Inhalte", erläuterte Goger gegenüber der dpa. Im März 2019 hatte die Polizei zunächst den Würzburger Logopäden festgenommen. Der Mann hatte sich jahrelang an körperlich und/oder geistig behinderten Jungen sexuell vergangen - etwa bei seiner Arbeit in Kitas und in seiner Praxis. Der Sprachtherapeut hatte die Übergriffe auf die Kinder teilweise gefilmt und die Missbrauchsvideos online verbreitet, so kamen ihm die Ermittler auf die Schliche. Im Mai 2020 verurteilte das Landgericht Würzburg den damals 38-Jährigen in einem der größten Missbrauchsprozesse in Bayern zu elf Jahren und vier Monaten Gefängnis.

Verdächtige aus aller Welt ermittelt

In seiner Wohnung stellten Polizisten knapp 23 000 Dateien mit Missbrauchsinhalten sicher. Unter anderem über diese Daten gelang es den Ermittlern, weitere Verdächtige zu identifizieren. Etliche von ihnen leben im Ausland. Solche Verfahren wurden an die dortigen Staatsanwaltschaften abgegeben, etwa in die Schweiz, nach Österreich, Frankreich, Belgien und Italien. Auch die Polizeibehörden in Albanien, Dänemark, Ecuador, England, Jordanien, Mexiko, Polen, Russland, Tschechien und den USA seien über Erkenntnisse aus dem Ermittlungskomplex informiert worden.

Den bayerischen Ermittlern zufolge wurde im Zuge der Ermittlungen ein Darknetforum geschlossen, in dem etwa 1000 Nutzer Kinderpornografie verbreiteten und tauschten. In der Schweiz sei es gelungen, einen Pädophilen festzunehmen, der sich an einem fünfjährigen Buben vergangen und kurz vor weiteren Taten gestanden habe. In Paris wurde ein Mann festgenommen, der in asiatischen Ländern und in Frankreich Buben missbraucht haben soll. Bei den Betreibern eines Kinderpornografie-Forums handelte es sich um einschlägig verurteilte Pädophile, die da gerade eine Haftstrafe in Wien verbüßten und aus dem Gefängnis heraus die Kinderporno-Plattform betrieben hatten.

Betroffene Familien sind nicht zufrieden

Für diesen Ermittlungserfolg im Logopäden-Fall und die sensible Betreuung der betroffenen Familien ernteten die bayerischen Ermittler große Anerkennung. Weniger schmeichelhaft sieht die Bilanz des Freistaates für die versprochene unbürokratische staatliche Finanzhilfe für die betroffenen Familien aus dem Topf für Verbrechensopfer aus: Zweieinhalb Jahre lang wurden beim "Zentrum Familien und Soziales" Anträge hin und her geschoben, Gutachten beauftragt und geprüft, die Familien immer wieder vertröstet.

Im Oktober 2021 mussten die Familien dann in einem Bescheid lesen: Sie bekommen keine Finanzhilfe. Die Begründung: Bei den betroffenen Kindern sei unklar, welche gesundheitlichen Schäden von ihrer Behinderung stammen und welche vom dem Missbrauch durch den Logopäden. "Nach dem Opferentschädigungsgesetz ist nicht das Erleben einer Gewalttat entschädigungspflichtig, sondern die dadurch entstandenen Schädigungsfolgen". Das sei "bürokratische Korinthenkackerei", sagte eine wütende Mutter zu dem Bescheid. Sie hat sich nun eine Anwältin genommen und Widerspruch eingelegt.

Mit Material von dpa.

 
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