Wie viele Lehrerinnen und Lehrer fehlen in Unterfranken? Welche Schularten sind davon besonders betroffen? Und tun sich Schulen wirklich so schwer damit, Aushilfspädagogen zu finden? Fragen und Antworten zu einem Thema, das Eltern und Schülern auf den Nägeln brennt.
Wie groß ist der Lehrermangel in Bayern?
Seit einem Jahrzehnt beklagen die beiden großen, schulartenübergreifenden Lehrerverbände, der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), den Lehrermangel in Bayern. Forderten die Verbände vor einigen Jahren aber noch Zweitlehrer gerade für die zunehmende Zahl an problematischen Klassen, fürchten sie aktuell um die Erstlehrer. Denn aus ihrer Sicht hat sich der Mangel an qualifiziertem Personal "eklatant" verschärft. Besonders Mittel- und Förderschulen sowie Grundschulen brauchen mehr qualifizierte Pädagogen. Allein an diesen Schularten fehlen laut BLLV zum kommenden Schuljahr mindestens 650 Lehrerinnen und Lehrer. Rechnete man deren Fehlen in Lehrerstunden um, fallen damit bayernweit mindestens 16 000 Lehrerstunden pro Woche unter den Tisch. Insgesamt unterrichten aktuell 44 000 Lehrkräfte an den rund 3260 staatlichen Grund-, Mittel- und Förderschulen in Bayern. Schulartenübergreifend fielen schon vor der Pandemie in Bayern rund 1,5 Prozent aller Schulstunden ersatzlos aus. Dies ist in einer Erhebung des Kultusministeriums (Stand 2020) nachzulesen.
Wie viele Lehrer fehlen in Unterfranken?
Laut der Rechnung von Tomi Neckov, dem Vizepräsidenten des BLLV, fehlen in Unterfranken zum nächsten Schuljahr rund 60 Lehrkräfte an Mittel-, Grund- und Förderschulen. Damit könnten unterfrankenweit rund 1600 Lehrerstunden pro Woche nicht gehalten werden. Wenn an Grund- und Förderschulen und vor allem an Mittelschulen Lehrerstellen nicht besetzt werden, dann liegt das Neckov zufolge an einem Mangel an qualifizierten Bewerbern. "Der Markt ist abgegrast, der Markt ist leer. Jeder, der die nötigen Voraussetzungen hat, hat auch eine Stelle." Bereits in den vergangenen Jahren waren vor allem Mittelschullehrer Mangelware; wie viele andere Schulleiter hat sich auch Neckov, der Rektor der Frieden-Mittelschule in Schweinfurt ist, deshalb mit Ein-Fach-Fachlehrern und zu Mittelschullehrern umgeschulten Gymnasiallehrern beholfen. Im Gespräch mit Schulämtern hat er erfahren, dass aktuell sogar weniger gut qualifizierte Aushilfskräfte kaum mehr zu bekommen sind.
Bleiben Gymnasien und Realschulen vom Lehrermangel verschont?
Bereits jetzt herrscht laut Aussage des bayerischen Philologenverbands Personalknappheit an bayerischen Gymnasien. Aktuell warnt der Philologenverband vor einem "dramatischen Lehrermangel am Gymnasium", der sich in den nächsten Jahren verschärfen wird. Aufgrund des neuen G9 müssen nämlich bis 2025 rund 1500 zusätzliche Lehrerstellen an Bayerns Gymnasien besetzt werden. Wenn an den Gymnasien Lehrkräfte fehlen, liegt das laut dem Sprecher des bayerischen Philologenverbands, Benedikt Karl, allerdings nicht daran, dass es keine Bewerber gäbe, sondern daran, dass fertige Junglehrer nicht eingestellt werden. Zum Schulhalbjahr 2021 seien nur 40 Prozent der 465 fertig gewordenen Referendarinnen und Referendare eine Stelle an Gymnasien angeboten worden. Der Realschulverband Bayern spricht aktuell nicht von einem Lehrermangel.
Sieht auch das Kultusministerium einen Lehrermangel?
"Auf die Frage, wie viele Lehrer fehlen, nennen wir grundsätzlich nie Zahlen", erklärt der Sprecher des bayerischen Kultusministeriums, Daniel Otto, auf eine entsprechende Anfrage dieser Redaktion. Man gehe auch "fürs kommende Schuljahr davon aus, den Lehrkräfte-Bedarf in allen Schularten decken zu können", heißt es offiziell. Gleichzeitig ist einigen Schreiben des Kultusministeriums an Schulen oder Bezirksregierungen zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Ministerium mit Fehlzahlen schwer zu kämpfen hat. "Die aktuellen Lehrerbedarfsprognosen gehen auch in den kommenden Schuljahren im Bereich der Grund- und Mittelschulen von hohen zusätzlichen Bedarfen aus, die alleine durch die jährlich zur Verfügung stehenden Einstellungsbewerber nicht zu decken sein werden", heißt es etwa in einem Schreiben an die Bezirksregierungen von April mit dem Titel "Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung an Grund- und Mittelschulen".
Was wird gegen den Mangel getan?
Das Ministerium hat in den vergangenen Jahren eigenen Angaben zufolge viele Register gezogen, um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Dazu gehört die Zweitqualifizierung von mehr als 3000 Realschul- und Gymnasiallehrern zu Grundschullehrern. Dazu gehört, beginnend zum Schuljahr 2022, die Gewinnung von rund 50 Quereinsteigern, die an einer Sondermaßnahme zur Ausbildung als Mittel- oder Förderschullehrer teilnehmen werden. Den Lehrerstunden-Bedarf deckt das Ministerium allerdings überwiegend dadurch, dass bestehende Kräfte maximal genutzt werden: So hat Kultusminister Michael Piazolo zum Schuljahr 2020 allen Grundschullehrern eine Wochenarbeitsstunde mehr verordnet, Sabbaticals gestrichen und die Möglichkeit für den vorzeitigen Ruhestand stark beschränkt. Zum Schuljahr 21/22 setzt das Ministerium außerdem darauf, dass Mittel- und Grundschullehrer nur noch Kernfächer unterrichten und dass für sogenannte "Randfächer" wie Musik, Kunst oder Sport externes, weniger qualifiziertes Personal eingestellt wird. Das stößt Lehrerinnen und Lehrern offenbar bitter auf. "Wie tief müssen wir eigentlich noch sinken? Ich liebe Musik und ich möchte es weiterhin in meiner Klasse unterrichten", kommentiert eine Lehrkraft. Auch sehen Grundschullehrer dann, wenn sie ausschließlich Vorrückungsfächer unterrichten sollen, für sich mehr Belastung.
Welche Folgen hat der Lehrermangel für Schüler und Eltern in Unterfranken?
Eltern und Schüler müssen sich darauf einstellen, dass in den Randfächern zunehmend Aushilfskräfte eingestellt werden. Weil Schulen mit gebundener Ganztagsbetreuung weniger Lehrerstunden zugewiesen werden als bisher, werden sich die Lehrer in die Ganztagsbeschulung weniger einbringen können. Auch bei den Vorkursen Deutsch sind Sparmaßnahmen wahrscheinlich.
Man muss auch die fehlenden ausgebildeten Lehrkräfte hinzuzählen, die durch unzureichend oder gar nicht ausgebildete Aushilfen ersetzt werden. Außerdem ist hinzuzurechnen, dass der gesamte musische Bereich sowie Arbeitsgemeinschaften, Förderkurse, Inklusionsangebote, Vorkurse, der Ganztagsunterricht, etc. entweder gar nicht mehr oder deutlich reduziert angeboten werden, weil keine Lehrkräfte da sind.
Zählt man das alles zusammen, fehlen allein in Unterfranken mindestens 500 Lehrkräfte allein an den Grund- und Mittelschulen. Diese Situation hat sich in den letzten 10 Jahren durch permanentes Bildungssparen immer mehr verschlechtert und systematisch aufgebaut.
Es ist höchste Zeit, dass wir die Schulen personell wirklich so ausstatten wie es nach den wohlklingenden Politikerworten von der "Priorität für Bildung" angebracht wäre und es die Kinder und Jugendlichen dringend brauchen.
was die "Große Politik" will, sind gar keine gebildeten Leute, sondern höchstens geBILDete.
Das hat den enormen Vorteil, dass die sich wirklich viel erzählen lassen - aber auch den Nachteil, dass wenn jemand kommt, der den größten Unsinn noch besser rüberbringen kann, die Leute eher dem glauben (s. "Verschwörungstheorien" etc.).
Was unser Schulsystem angeht, bin ich der Meinung, es müsste endlich und gründlich dahingehend reformiert werden, dass es die Leute nicht mehr (prinzipiell) in abgehängte Loser, solche die mitschwimmen können und solche denen wirklich alle Chancen offenstehen unterscheidet. Aber siehe oben...
Aktuell warnt der Philologenverband vor einem "dramatischen Lehrermangel am Gymnasium", der sich in den nächsten Jahren verschärfen wird. Aufgrund des neuen G9 müssen nämlich bis 2025 rund 1500 zusätzliche Lehrerstellen an Bayerns Gymnasien besetzt werden.
Warum holt man die "umgeschulten Gymnasiallehrer" nicht zurück?
die Antwort hast du doch schon selbst gegeben.
Dann fehlen sie an den Mittelschulen
Musik, Kunst, Sport und Ethik (Religion ist wirklich Privatangelenheit) gehören zur Menschenbildung. Sie aus der Schule zu verbannen würde uns unfähige Fachidioten liefern.
Und über Ihr Lehrerbild braucht man nicht zu diskutieren, denn Sie haben sichtbar keine Ahnung, was engagierte Lehrer leisten.
Beim Thema Schule kann jede(r) mitreden oder glaubt es zumindest...
Die Lehrplaninhalte für alle Schularten stehen übrigens frei zugänglich im Netz.
Sie mögen Recht haben. Ich dachte noch an meinen Religionsunterricht in den 60ern mit einem mich prügelnden Dorfpfarrer. Den hätte man sich meinerseits wirklich schenken können
denken Sie bitte nochmal drüber nach, was für Leute dabei rauskommen würden, wenn man das wirklich umsetzen würde, und wie die dann (auch) mit Ihnen umgehen dürften...