Schwimmlehrerin Leonore Füller versucht, ein Mädchen zu beruhigen. Während sich die anderen neun Kinder mit ihren Schwimmnudeln einen Weg durch das Wasser bahnen, wirkt das Mädchen ängstlich. "Ich bleibe bei dir", versichert die Schwimmlehrerin und lässt dem Kind Zeit, sich an das Wasser zu gewöhnen. Die 68-Jährige weiß, wie sie Kindern, die Angst vor Wasser nehmen kann, immerhin bringt sie schon seit 20 Jahren Menschen das Schwimmen bei. Derzeit gibt sie gemeinsam mit der Diplom-Pädagogin Angelika Hilbert, 70, im Würzburger Wolfgang-Adami-Bad Schwimmkurse für Kinder. Die beiden Rentnerinnen übernehmen eine Aufgabe, für die es vielerorts zu wenig Personal gibt.
"Viele Kinder kommen und haben richtig Angst", sagt Füller. Das habe in den vergangenen Jahren zugenommen. Der Grund: Sie seien nicht an das Wasser gewöhnt, dabei könnten Eltern ihren Nachwuchs bereits durch das Plantschen in der Badewanne damit vertraut machen. Laut einer repräsentativen Umfrage der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) hat sich die Zahl der Nichtschwimmer im Grundschulalter seit 2017 von zehn auf 20 Prozent verdoppelt.
Innerhalb von 15 Minuten sind die Kursplätze im Würzburger Adami-Bad ausgebucht
Zwischen fünf und neun Jahren sind die Kinder, die in diesem Jahr die Schwimmkurse des Adami-Bades besuchen. Dass nun auch ältere Kinder im Kurs sind, liegt an Corona, sagt Leonore Füller: Einerseits beobachtet sie bei den Kindern motorische Defizite, andererseits sind die Kurse, die jetzt wieder stattfinden dürfen, schnell ausgebucht.
Letzteres bestätigt auch Geschäftsstellenleiterin Stephanie Sefrin vom Schwimmverein Würzburg 05. Die Nachfrage nach den 27 angebotenen Kursen - acht weniger als im Vorjahr - sei hoch. "Mir schreiben viele per E-Mail, dass sie schon seit Monaten versuchen, einen Kursplatz zu bekommen", sagt Sefrin. Teilweise seien Kurse innerhalb von 15 Minuten ausgebucht.
Gerne würde sie weitere Kurse anbieten, doch es fehle etwa an Sportstudentinnen und -studenten, die die Kurse halten. Donnerstagnachmittag bleibe das Schwimmbecken deshalb leer. Umso dankbarer ist die Geschäftsführerin für Leonore Füller und Angelika Hilbert. Die beiden Frauen geben zweimal pro Woche Schwimmkurse und sind damit für den Schwimmverein echte Stützen.
Wasserwacht: Wartezeiten für Schwimmplatzkurse betragen teilweise bis zu einem Jahr
Dass die Nachfrage nach Schwimmkursen hoch ist, bestätigt auch Tim Frieß, stellvertretender Vorsitzender der DLRG Jugend Unterfranken. "Es ist tatsächlich Corona geschuldet, dass wir derzeit sehr lange Wartelisten haben. Sonst konnten wir die Nachfrage immer abdecken, aber in dieser luxuriösen Position sind wir nicht mehr."
Bei den rund sechs bis acht Anfängerkursen, die pro Ortsgruppe angeboten werden, müssten Eltern sich auf lange Wartezeiten einstellen. "Selbst wenn wir mehr Stunden anbieten würden – was wir nicht können, weil alle Badezeiten ausgebucht sind – ginge das nicht. Mit den Stunden, die wir jetzt haben, fahren wir auf Volllast", ergänzt er.
Das kennt auch die Wasserwacht: Zwischen 120 und 150 Schwimmkurse werden von den Ortsgruppen in ganz Unterfranken angeboten. Die Kurse seien aber bereits voll ausgelastet, informiert Stefan Krüger, Sprecher des Kreisverbands Würzburg des Bayerischen Roten Kreuzes, dem auch die Wasserwacht angehört. "Dort, wo Wartelisten geführt werden, beträgt die Wartezeit teilweise über ein Jahr." Manche Eltern würden deshalb weite Wege in Kauf nehmen, damit ihr Kind an einem Schwimmkurs teilnehmen könne.
Die Anzahl der Schwimmbäder nimmt auch in Unterfranken ab
An dieser Situation sei jedoch nicht nur Corona Schuld. "Wir haben immer weniger Schwimmbäder, immer weniger Schwimmlehrer, immer weniger Wasserzeiten", fasst Frieß von der DLRG zusammen. Zwar steht regelmäßiger Schwimmunterricht ab der dritten Klasse auf dem Lehrplan, doch allein in Würzburg kommen auf drei öffentliche Bäder rund 49 Schulen. Noch schlimmer sieht es beispielsweise im Landkreis Bad Kissingen aus, wo gleich mehrere Schwimmbäder geschlossen wurden und die Grundschulen im Herbst nicht wissen, wo sie ihren Schwimmunterricht durchführen sollen.
Das bleibt nicht ohne Folgen für Schulen und Kinder: Lange Anfahrtswege, weniger Zeit für den Schwimmunterricht und ein sinkendes Angebot an Schwimmkursen insgesamt, zählt Michael Förster, Sprecher der DLRG Bayern, auf. Zudem beobachtet der Verband, dass immer mehr Eltern Schwierigkeiten haben, ihren Kindern Schwimmen beizubringen oder mit der Suche nach einem freien Platz in einem Schwimmkurs überfordert sind. Und dort, wo noch Schwimmunterricht stattfindet, klagen Lehrkräfte über eine mangelnde Konzentration der Kinder.
"Weil weniger Kinder schwimmen können, befürchten wir einen Anstieg der Badeunfälle", sagt Förster, "vielleicht sogar des Ertrinkens von Kindern." Vergangenes Jahr ertranken in Unterfranken neun Menschen, darunter befand sich ein achtjähriges Kind, das nach einem Badeunfall im Main gestorben ist.
"Speziell in Bereichen, in denen Schwimmbäder schließen und keine oder nur wenige Schwimmbäder erreichbar sind, lässt die Schwimmfähigkeit deutlich nach", sagt Stefan Krüger vom Roten Kreuz. Er ergänzt: "Wir haben auch den Eindruck, dass Eltern seltener mit ihren Kindern ins Schwimmbad gehen." Dies sei aber wichtig, damit Schwimmen auch nach der Teilnahme an einem Schwimmkurs weitergeübt werde.
Leonore Füller und Angelika Hilbert bereitet in ihrem Kurs jeder kleine Erfolg Freude. "Erst rutschen die Kinder mit dem Po ins Wasser, dann springen sie irgendwann rein und sagen, dass sie keine Hilfe brauchen", sagt Füller. "Das ist für mich jedes Mal ein besonderer Moment." Ans Aufhören denken die beiden Schwimmlehrerinnen deshalb nicht.
Es ist ein Armutszeugnis der Stadt, die es als Sachaufwandsträger für die Schulen nicht fertigbringt Schwimmunterricht zu ermöglichen. Im FKG z. B. ist das Bad seit Jahren nicht nutzbar, seit Jahren!
Radfahren hat mir mein Vater beigebracht, Schwimmen meine Cousine. Drei Fremdsprachen ich mir selber als Autodidakt.
Wenns die Eltern nicht können und dem Nachwuchs auch nicht mehr beibringen können,
dann sollte man eben nicht ins Wasser springen.
Aber vielleicht gibts ja bald ne APP für digitales Schwimmen...
Ich habe für meine Kinder jeweils einen Privatkurs gebucht das es mir an der Technik fehlt. Manche Sachen kann man seinen Kindern nicht beibringen, das es Leute gibt die es besser können. Ich unterrichte ja auch nicht meine Kinder, sondern schick Sie zur Schule.
Außerdem geht es ja nicht darum, perfekte F.v.Almsicks oder M.Groß' heranzuziehen, aber den Kindern die Angst vor Wasser zu nehmen und beizubringen, wie man sich über Wasser hält, daß wäre schon eine grundlegende Beschäftigung für die Eltern , sogar für die unqualifizierten.
Wie jemand geschrieben hat, es wird heutzutage alles abgeschoben, die Kinder werden auch zu Logopäden geschickt, weil sie zuhause anscheinend auch nicht mehr richtig sprechen lernen. Für alles sind andere verantwortlich…
Es gibt aber heute in der Grundschule keinen Schwimmunterricht mehr, weil es kaum noch Schulen mit eigenem Schwimmbad gibt! Merken Sie was?
Sie haben schon einen seltsamen Humor! Würden Sie mit 20 - 25 Kindern, die kaum oder nicht schwimmen können ins Schwimmbad gehen? Ich nicht.
Und übrigens, das Seepferdchen kann mam, wenn man Schwimmen kann auch jederzeit beim Bademeister ablegen und nicht nur im Schwimmkurs. Ich habe das mit meinen Kindern so gemacht, nachdem ich mir die Mühe gemacht habe ihnen Schwimmen beizubringen, ganz ohne Schwimmkurs. Ich glaube, oftmals scheitert das am Willen der Eltern.
Es sind viel mehr Leute ertrunken, weil sie nicht schwimmen konnten. Und auf der Baustelle haben manche Arbeiter einen ganzen Kasten Bier getrunken - jeden Tag.
Da haben die Rentner auch noch den Leuten persönlich gesagt, dass "noch früher" alles noch besser war - und sie sind nicht den ganzen Tag vor dem PC gesessen, und haben ihre Weisheiten in die Tasten gehauen.
Brauchen wir bald für die Kinder auch Fahrradtrainer? Oder einen Lauflernlehrer?
Wenn ich mich umsehe werden heute Kleinstkinder schon in Ferienparks, Freizeitparks Auslandsurlaub verschleppt, von den diese Minis noch nichts haben (außer im Alter ein paar schon Fotos - "schau mal wo wir mit dir überall waren" - aber dafür viele Likes für die Eltern bei WhatsApp).
Aber für wichtige Dinge für die Kleinen, wie z. B. das Schwimmen lernen, ist wohl keine Zeit heute mehr. Dafür gibt es dann Trainer.
Wir entwickeln uns zunehmend zu einer DDR 3.0 - für alles ist der Staat oder andere zuständig!
Die Spaßbäder und Thermen sind teuer - das muß sich eine Familie leisten können. Günstige Bäder, wie zu meiner Zeit das Hallenbad in Bad Kissingen, gibt es kaum noch.
Fast überall ist springen vom Beckenrand verboten. Wie sollen das die Kinder noch lernen?
Schwimmunterricht in der Schule ist nicht mehr.
Man sieht so viele Eltern die versuchen ihren Kindern schwimmen, tauchen und springen beizubringen.
Sicheres schwimmen zu vermitteln ist schwierig, wenn man als Eltern doch ehr den Bleientenschwimmstil beherrscht. Weil auch Eltern zum Teil die Fähigkeiten nie richtig erworben haben oder verlernt haben. Die Meisten planschen in Thermen und Co. Wenige schwimmen Bahnen, wo es denn noch möglich ist.