Je näher die Weihnachtszeit rückt, desto mehr Menschen möchten etwas Gutes tun. Gerade für Kinder sind Projekte beliebt, bei denen sie selbst mithelfen können. Eins davon ist die gerade wieder gestartete Aktion "Weihnachten im Schuhkarton".
Daran haben im vergangenen Jahr unter anderem die Schülerinnen und Schüler der Gustav-Walle-Schule in Würzburg teilgenommen. Über 20 Schuhkartons mit Puppen, Zahnbürsten und anderen Geschenken haben sie gepackt. "Wir möchten den Kindern beibringen, anderen Kindern, die weniger haben als sie, etwas abzugeben", sagt Förderlehrerin Alicia Fries, die die Aktion an der Schule koordiniert.
Doch an "Weihnachten im Schuhkarton", nicht zu verwechseln mit dem Würzburger Projekt "Liebe im Karton", gibt es laute Kritik: Statt Wohltätigkeit gehe es um eine evangelikale Missionierung der Kinder, heißt es etwa.
Was ist "Weihnachten im Schuhkarton"?
Das Konzept hinter der Spenden-Aktion ist einfach: Teilnehmende sollen persönliche Geschenke für bedürftige Kinder kaufen und die Geschenke gemeinsam mit den eigenen Kindern verpacken.
Viele Schulen und Kindergärten nehmen an der Aktion teil, aber auch Privatpersonen oder Unternehmen. Freiwillige Annahmestellen sammeln die Pakete dann, von dort werden sie in der ganzen Welt verteilt. Päckchen aus Deutschland gehen vor allem nach Osteuropa.
Nach eigenen Angaben hat die Aktion seit 1993 bereits 209 Millionen Kinder in über 175 Ländern und Regionen erreicht. Allein im deutschsprachigen Raum seien im vergangenen Jahr über 290.000 Geschenkboxen zusammengekommen, davon 2000 in Unterfranken. Im Jahr 2023 sind in der Region wieder über 30 Abgabestellen für die Pakete registriert.
Wer steckt hinter der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton"?
Organisiert wird das Ganze von "Samaritan's Purse – die barmherzigen Samariter". Der in Berlin ansässige Verein ist Teil des amerikanischen Samaritan's Purse, einer evangelikalen Hilfsorganisation.
Der Kopf von Samaritan's Purse, Franklin Graham, ist ein in den USA bekannter evangelikaler Pastor. Er steht in der Kritik unter anderem für abwertende Aussagen über andere Religionen und queere Menschen. Außerdem gilt er als überzeugter Unterstützer von Donald Trump.
Wie lautet die Kritik an "Weihnachten im Schuhkarton"?
Samaritian's Purse wird vorgeworfen, mit der Schuhkarton-Aktion die beschenkten Kinder missionieren zu wollen. Unter anderem, weil den Paketen das Heft "Das größte Geschenk" beigelegt wird. Außerdem werden die Kinder, wo es möglich ist, zur Teilnahme am Bibel-Kurs "Die große Reise" eingeladen.
Die Einladung fruchtet: Nach Angaben von Samaritan's Purse haben seit 2009 bereits über 35 Millionen Kinder an dem Kurs teilgenommen. Im letzten Jahr allein waren es demnach etwa vier Millionen.
Die Aktion sei keine wohltätige Hilfe, findet deshalb Axel Seegers, der Beauftragte für Weltanschauungsfragen der Erzdiözese München-Freising. Stattdessen ginge es um Missionierung. "Laut dem beigelegten Heft ist es 'das größte Geschenk', das Evangelium zu verkünden", sagt er.
Warum ist der evangelikale Hintergrund von "Weihnachten im Schuhkarton" umstritten?
Axel Seegers erklärt, dass die evangelikale Bibelauslegung sehr einseitig sei: Der grundsätzlich sündige Mensch brauche Erlösung durch Jesus. "Sünde gibt es überall. Wir erzählen Lügen und sind selbstsüchtig, gierig und boshaft", heißt es etwa im Heft "Das größte Geschenk".
Ilona Nord, Professorin für Religionspädagogik an der Universität Würzburg, sagt dazu: "Ein so negatives Menschenbild wird auch in der christlichen Tradition seit langem stark kritisiert." Die Rede von der Sünde werde oft dazu genutzt, Macht über andere Menschen auszuüben und zu legitimieren.
Gerade für Kinder könne es zur psychischen Belastung werden, immer wieder gesagt zu bekommen, sie seien Sünder und könnten dem nicht entrinnen – oder nur durch Jesus.
Der Experte für Weltanschauungen, Seegers, kritisiert darüber hinaus den evangelikalen Anspruch der Exklusivität. Es fehle an Anerkennung der Vielfalt und dadurch auch an Respekt und Achtung anderen Kulturen und Religionen gegenüber.
Was sagt Samaritian's Purse zu der Kritik an der Weihnachts-Aktion?
Die Organisatoren weisen die Kritik zurück. "Wir schenken gänzlich bedingungslos", sagt eine Sprecherin von Samaritan's Purse auf Nachfrage.
"Im Rahmen der Verteilung bieten unsere Partner vor Ort ein Heft mit Bibelgeschichten an. Die Kinder können das annehmen, müssen es aber nicht. Wo es nicht in den religiösen oder kulturellen Kontext passt oder gar die Kinder oder deren Betreuer aufgrund mangelnder Religionsfreiheit gefährden würde, sehen unsere Partner davon ab."
Außerdem unterstütze Samaritan's Purse Menschen in Not, gleich welcher Religionszugehörigkeit. "Deren Grundhaltung zu einzelnen Themen, auch zu Fragen der sexuellen Orientierung, ist für unsere praktische Arbeit irrelevant", sagt die Sprecherin.
Wie nachhaltig ist die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton"?
Neben der Missionierung sieht Seegers noch ein grundsätzliches Problem an "Weihnachten im Schuhkarton". Die gesamte Aktion sei vom Spender her gedacht. Durch den Kauf neuer Waren werde nur die deutsche Wirtschaft angekurbelt. "Das macht ökonomisch, ökologisch und aus Gründen der Nachhaltigkeit keinen Sinn."
Die Würzburger Religionspädagogin Ilona Nord sagt, dass Kinder mit der Aktion in eine problematische Lage gebracht würden. Sie müssten für andere Kinder entscheiden, ohne zu wissen, ob das sinnvoll ist. "Geschenke können auch verletzen oder beschämen", sagt sie und verweist auf den kulturellen Rahmen.
Und: "Wenn ich Kinder und Jugendliche zur Empathie erziehen möchte, dann sollen sie mit den anderen Kindern entscheiden, nicht für sie oder über sie."
Was sagen Abgabestellen aus Unterfranken zur Kritik an "Weihnachten im Schuhkarton"?
"Uns geht es darum, den Kindern eine Freude zu bereiten", sagt Erika Krell. Sie ist Vorsitzende vom Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) Altenstein (Landkreis Haßberge), der seit vielen Jahren an "Weihnachten im Schuhkarton" teilnimmt." Da bekommen Kinder Geschenke, die noch nie ein Geschenk bekommen haben."
Die Kritik an "Weihnachten im Schuhkarton" verärgert sie: "Die Kinder müssen ja nicht den Glaubenskurs machen, um die Päckchen zu bekommen, der ist ja freiwillig." Krell ergänzt aber auch: "In dem Heft zum Glaubenskurs wird das Leben von Jesus dargestellt, das ist doch die christliche Botschaft. Das unterstützen wir."
Auch für Lehrerin Alicia Fries von der Gustav-Walle-Schule in Würzburg stehen die Kinder im Vordergrund. Der religiöse Hintergrund der Organisatoren sei für sie nicht relevant. "An unserer Schule sind viele Kinder aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen, da wollen wir auch unterschiedliche Projekte unterstützen."
"Von der Kritik habe ich gelesen, aber für uns steht das Helfen im Vordergrund", sagt Alicia Fries. Ob die Schule dieses Jahr wieder an "Weihnachten im Schuhkarton" teilnimmt, stehe noch nicht fest.
Was sie ,Herr Schöller, hier in den Raum stellen, genügt keinem Faktencheck und der Organisation unterstellen, sie würden sich mit dieser Aktion die Kassen füllen, grenzt schon an Verleumdung. Die Theologie von F. Graham kann man kritisieren, aber so wie sie es darstellen stimmt es größtenteils nicht.
Das sehe ich sehr kritisch, heißt aber nicht, dass "Weihnachten im Schuhkarton" keine gute Aktion wäre. Es wird ja auch von anderen Organisationen unterstützt, die nicht die konservative Lehre haben.
Zeuch gibts...
Die Menschen und auch Teile der Kirche haben ein Problem mit Sünde!
Ich finde die Aktion der Christen Klasse - was für eine Freude für die Kinder.
Lieber Gruß, Martin Dobat
Die Aktion ist ein bis zur Perfektion in Psychologie und Logistik ausgeklügeltes System, um Gelder in die Kassen der evangelikal-fundamentalischen Organisation zu bringen.
Wo ist das Problem?
So sieht für mich Nächstenliebe aus.
Mehr davon.
Gerade in diesen Zeiten.
Meine Meinung.
Sonst noch Fragen?;-)
Mal ganz unpolemisch: sie haben Recht: die Aktion Weihnachten im Schuhkarton ist toll. Wenn man ein Problem mit dem christlichen Glauben hat, dann schreibt man solche undifferenzierten und tendenziösen Artikel- meine Meinung.
Falsch, weil ich nicht durch eigene Werke in den Himmel komme - und so etwas wäre das öffentliche Bekenntnis zu Gott als zwingende Voraussetzung um in den Himmel zu kommen. Ich tue etwas und dann komme ich deshalb in den Himmel. Das ist nicht lutherisch. Das ist Murks!
Wenn ich glaube, dann komme ich in den Himmel und selbst dieser Glaube ist 100% Geschenk von Gott. Das nennt man Gnade. Kein Mensch kann sich den Himmel verdienen. Alle Menschen haben das Ziel verfehlt- Zielverfehlung - so wird es ihnen jeder kundige Theologe sagen, dass ist das griechische Wort hamartia und das - oh Wunder wird gerne mit dem „bösen“ Wort Sünde übersetzt.
Und der gute alte Luther hat halt dann wieder ausgegraben, was man schon früher wusste: simul iustus et peccator- als Christ bin ich beides gleichzeitig: Sünder und gerecht.
Aber gerecht macht mich nicht das öffentliche Bekenntnis zu Gott, sondern das macht Jesus.
- und das ist unpolemisch? (Lach) Scheint Ihnen ja ganz wichtig zu sein, diese Aktion zu verteidigen (oder vermutlich in Ihrem Sprachduktus, "zu rechtfertigen").
Wenn einer Durst hat und bekommt ein Glas Wasser, das aber vergiftet ist - ist ihm dann auch geholfen.
Diese Aktion betreibt geistgen Kindesmißbrauch