Ein Steuerberater, der ernsthaft glaubt, sein Kollege müsse in Bayern keine Steuern zahlen, weil er Jude ist. Ein Kind, das seine jüdische Mitschülerin in der vierten Klasse fragt: Und wann trinkt ihr Juden das Blut der Christenkinder? "Die Klischees und Stereotype mögen noch so absurd sein, sie werden alle geglaubt", sagt Ludwig Spaenle. Er gibt sich da keiner Illusion hin. Der CSU-Politiker ist Beauftragter der bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus.
Das einzige, das gegen diesen "bis in die Mitte der Gesellschaft verwurzelten Judenhass" helfe, sei "Wissen, Wissen - und nochmal Wissen". Deshalb sei der neue Studiengang "Antisemitismuskritische Bildung", den die Universität Würzburg in diesem Wintersemester als erste Hochschule in Deutschland als Zusatzstudium für Lehramtsstudierende anbietet, so wichtig, sagte Spaenle jetzt beim Besuch einer Vorlesung.
Was motiviert die Studierenden? Sie habe während eines Praktikums selbst erlebt, wie ein Jugendlicher einen Klassenkameraden als "Du Jude" beschimpft habe, sagt Lena Stark. "Was tut man als Lehrkraft in so einer Situation?", fragt die 23-Jährige, die Lehramt an Gymnasien studiert. Durch die Zusatzqualifikation erhofft sie sich darauf Antworten.
Ihr Kommilitone Felix Krull bewarb sich für das Zusatzstudium, nachdem er erlebt hatte, wie "gedankenlos und unsensibel" junge Menschen den Denkort Deportation vor dem Würzburger Hauptbahnhof als Treffpunkt zum Trinken und Abhängen missverstehen würden. Aufklärung sei offenbar "dringend notwendig", sagt der 24-Jährige, der auch Gymnasiallehrer werden möchte.
Großer Run auf Studienplätze: Das Los musste entscheiden
Das große Interesse an antisemitismuskritischer Bildung hat die Verantwortlichen an der Uni Würzburg jedenfalls überrascht. Erst im August, als die meisten Studierenden längst in den Semesterferien weilten, habe man den Studiengang endgültig genehmigt bekommen, sagt Professorin Ilona Nord, an deren Lehrstuhl für Religionspädagogik das Projekt angesiedelt ist.
"Wir waren gar nicht sicher, die 30 Plätze gleich in diesem Herbst besetzen zu können", sagt Nord. Dann aber hätten sich in nur zwei Tagen über 70 Studentinnen und Studenten beworben: "Wir mussten die Studienplätze verlosen."
Die Warteliste fürs nächste Semester sei bereits lang, man denke nun über einen Ausbau der Kapazitäten nach, sagt die Professorin. Der Studiengang, dessen Inhalte maßgeblich von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Judith Petzke entwickelt wurden, wird zu 60 Prozent über das Bundesinnenministerium gefördert, jeweils 20 Prozent steuern die Evangelische Kirche in Deutschland und die bayerische Landeskirche bei. Die Pilotphase läuft bis Mitte 2024.
Seit Jahrhunderten prägen Jüdinnen und Juden das kulturelle Leben in Deutschland
Ziel der dreisemestrigen Ausbildung ist es, zum einen Wissen zu vermitteln. Und zwar nicht nur über die seit Jahrhunderten andauernde Verfolgung von Jüdinnen und Juden, die in die Shoah, die Ermordung von sechs Millionen Menschen während der NS-Zeit, mündete. Sondern auch über den Beitrag, den Jüdinnen und Juden zum gesellschaftlichen Miteinander, zur Kultur- und Geistesgeschichte Deutschlands geleistet haben - und heute noch leisten.
Und Wissen darüber, wie sie ihren (religiösen) Alltag gestalten, wie sie Feste feiern. Doron Kiesel, dem Direktor der Bildungsabteilung beim Zentralrat der Juden, kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Er ist in Würzburg seit 2018 Gastprofessor am Lehrstuhl für Religionspädagogik.
Außerdem gehe es darum, in Seminaren und Workshops mit den Studierenden antisemitische Denk- und Handlungsmuster zu identifizieren, Klischees zu reflektieren und Wege zu suchen, den Stereotypen im Klassenzimmer zu begegnen, sagt Ilona Nord. "Ich möchte verstehen, wie solche Vorurteile entstehen", sagt die angehende Lehrerin Anne Konrad. Die 24-Jährige erhofft sich von dem Studiengang Tipps, was sie Schülerinnen und Schülern vermitteln kann, "damit es zu weniger Anfeindungen kommt - gegen Jüdinnen und Juden, aber ganz generell auch gegen andere Minderheiten".
Judentum und Christentum haben eine gemeinsame Geschichte
Bei erfolgreichem Abschluss erhalten die Studierenden das "Zabus" erhalten, ein "Zertifikat Antisemitismuskritische Bildung für Unterricht und Schulen". Dass das bundesweit einmalige Zusatzstudium am Institut für evangelische Theologie angesiedelt ist, sei kein Zufall, betont Ilona Nord. Judentum und Christentum hätten eine jahrhundertealte gemeinsame Geschichte, christlich motivierter Judenhass sei ein Teil davon. Antisemitismus sei immer auch die Folge von Machtfragen, dafür wolle sie ein Bewusstsein schaffen, so die Wissenschaftlerin.
Für Politiker Ludwig Spaenle ist das ein wichtiger Punkt. Es sei nicht Aufgabe von Jüdinnen und Juden, etwas gegen Antisemitismus zu tun. "Es ist unsere Pflicht, die der Mehrheitsgesellschaft", stellte er vor den Studentinnen und Studenten in Würzburg unmissverständlich klar. "Jüdinnen und Juden in Deutschland erleben jeden Tag eine Unverschämtheit". Das sei nicht immer gleich ein verbaler oder physischer Übergriff, aber hier mal eine gedankenlose Bemerkung, dort eine klischeebeladene Karikatur. Hier Einhalt zu gebieten, bleibe dauerhaft eine Herausforderung für Staat und Gesellschaft.
Warum nicht? Es ist sicher nicht ihre alleinige Aufgabe, aber beitragen dazu darf und muss doch schließlich jeder. Minderheiten werden geschützt.
Und was passiert alles in Israel? Besetztes Land, Korruption, Gazastreifen, Kriegführen, ...
Einem solchen Steuerberater sollte die Lizenz entzogen, denn er wirkt auch noch als Multiplikator von hetzender Unwahrheit.
Dass ein Steuerberater weitgehend ahnungslos von seinem Beruf sein muss, der sowas erzählt, ist natürlich für seine Kunden ebenfalls eine Gefahr.
Denn in unserem komplizierten Steuerrecht muss man sich schon verdammt gut auskennen, wenn man seine Kunden wirklich gut beraten und kompetent durch den Steuerdschungel lotsen will.
Von dem möchte ich meine Steuerangelegenheiten nicht betreut haben.
Ich weiß, es ist schon ein paar Jahrzehnte her, aber uns wurde im Internat noch ernsthaft von einem Pater erzählt, dass Juden früher geweihte Hostien aus dem Tabernakel katholischer Kirchen entwendeten und schändeten. Das gleiche sollen Sie angeblich auch mit Messwein aus der Sakristei gemacht haben.
Wenn man diese Geschichten zwanzig Jahre nach dem 2. Weltkrieg noch von einem Pater erzählt bekam, der selbst im Weltkrieg verletzt worden war, kann man erkennen wie tief in der katholischen Agenda solche Gerüchte verankert sind.
Und wer jetzt etwas unbedarft die katholische Lehre vom Fleisch und Blut Christi nach der Wandlung in der Kirche verinnerlicht bekam, der kann auch die Mär glauben, dass Juden Blut und Fleisch von Christus (oder falsch verstanden: von Christen) zu sich nehmen.
Rational war der Umgang der Christen mit dem Judentum nie. Und so konnte der Nationalsozialismus leicht den Antisemitismus in Deutschland zur Glaubenssache machen.
Das stimmt mur zum Teil.
Denn gerade unter der Bischöfen gab es solche, die Widerstand formulierten, wie den von Galen in Münster und es gab diejenigen, die den "Führer" noch lobhudelten, wie den Faulhaber.