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Ochsenfurt
Krankenhausstrukturreform: Wie krank ist die Main-Klinik in Ochsenfurt, Herr Schell?
Seit einiger Zeit steckt die Main-Klinik tief in den roten Zahlen - Tendenz steigend. Die erhoffte Entlastung durch die Reform bleibt aber offenbar aus.
Christian Schell, Geschäftsführer der Main-Klinik in Ochsenfurt, glaubt nicht, dass die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Krankenhausstrukturreform zu einer wirtschaftlichen Entlastung der Kliniken führt.
Foto: Thomas Obermeier | Christian Schell, Geschäftsführer der Main-Klinik in Ochsenfurt, glaubt nicht, dass die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Krankenhausstrukturreform zu einer wirtschaftlichen Entlastung der Kliniken führt.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 04.01.2025 02:36 Uhr

Vor wenigen Tagen hat die zunächst umstrittene Krankenhausstrukturreform Bundestag und Bundesrat passiert. Noch ist die Umsetzung der Reform mit vielen Unbekannten behaftet. Für den Geschäftsführer der Main-Klinik in Ochsenfurt, Christian Schell, steht indes bereits fest: Die chronische Unterfinanzierung der Kliniken wird sich dadurch nicht ändern.

Frage: Seit einigen Jahren schreibt die Main-Klinik alljährlich Verluste in Millionenhöhe. Wie beschreiben Sie die wirtschaftliche Lage der Klinik und wo sehen Sie die Ursachen für diese Situation?

Christian Schell: Wir haben mal verglichen. 2019, also vor Corona, haben wir annähernd die gleiche Leistungsmenge erbracht wie 2024. 2019 hatten wir noch 650.000 Euro Verlust, 2024 werden es voraussichtlich 3,8 Millionen Euro sein. Das zeigt, dass die Kostensteigerungen im System einfach nicht mehr refinanziert werden. Wir hatten erhebliche Tarifsteigerungen, aber nur geringe Erlössteigerungen. Deshalb stehen die Krankenhäuser mit dem Rücken zur Wand.

Wie zufrieden sind Sie denn mit der Reform?

Schell: Dass es eine Reform geben muss, darüber sind sich, glaube ich, fast alle Kliniken einig. Womit ich nicht zufrieden bin, ist, dass sich die Finanzierungslage nicht ändern wird. Diese Reform ändert nichts daran, dass alle Krankenhäuser in Deutschland chronisch unterfinanziert sind und irre Verluste schreiben, die dann eine Kommune, ein frei gemeinnütziger Träger oder wer auch immer ausgleichen muss.

Auch Sie haben kritisiert, dass die Kliniken bisher nur nach den tatsächlich erbrachten Leistungen vergütet wurden und die Vorhaltung von Leistungen unberücksichtigt blieb. Wird sich das nun ändern?

Schell: Die Verbesserungen sind eine ziemliche Mogelpackung. 40 Prozent dieser Vorhaltung - das sind die Ist-Kosten der Pflege - haben wir schon seit Jahren. Und für die sogenannte Vorhaltefinanzierung nimmt man uns 20 Prozent vom Budget weg und wird das Ganze festschreiben. Das heißt, wenn wir mehr Leistung erbringen, bekommen wir nicht mehr Geld. Das führt zu keinen relevanten Verbesserungen. Häuser, die einen extremen Einbruch der Fallzahlen durch Corona erlitten haben, könnten vielleicht profitieren. Aber Häuser wie wir, die das Vor-Corona-Niveau erreicht haben oder sogar überschreiten, sind tendenziell im Nachteil.

Nach dem ersten Reformentwurf wurde die Befürchtung laut, dass die Main-Klinik als Haus der Grund- und Regelversorgung viele Leistungen überhaupt nicht mehr erbringen darf. Haben sich diese Befürchtungen erhärtet?

Schell: Wir werden sicher mehr Leistungen ambulant erbringen müssen, die heute noch stationär behandelt werden. Aber darauf sind wir vorbereitet, damit können wir umgehen. Dass wir hoch spezialisierte Fälle an die höher versorgende Klinik, also beispielsweise die Uniklinik, weitergeben, das ist nichts Neues. Ein Webfehler der Reform ist aus meiner Sicht aber, dass es nur in eine Richtung geht. Dass die Unikliniken einfache Fälle zurück an die Grund- und Regelversorger geben und dadurch ja auch entlastet werden, das ist nicht vorgesehen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir durch regionale Absprachen diese Leistungsverschiebung in beide Richtungen hinbekommen.

Haben Sie so viel Spielraum?

Schell: Die Länder haben Gestaltungsspielraum und zumindest in Bayern scheint es, dass möglichst viele Absprachen vor Ort getroffen werden sollen und das Land im besten Fall nicht eingreifen muss.

Sie haben von einer Verschiebung hin zu mehr ambulanten Behandlungen gesprochen. Mit dem Bau des ambulanten Operationszentrums und dem Medizinischen Versorgungszentrum hat sich die Main-Klinik ja schon vor Jahren stärker auf ambulante Behandlungen eingestellt. Ist es aus heutiger Sicht ein Vorteil, dass Sie frühzeitig in diese Richtung marschiert sind?

Schell: Absolut! Wir kennen uns in ambulanten Strukturen aus, aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Da kann man sicher auch baulich noch einiges verbessern. Etwa für einfache, schnelle Eingriffe, die man nicht unter kompletten OP-Bedingungen erbringen muss, sondern für die ein Behandlungsraum reicht.

Die Main-Klinik hat seit Jahren sehr stark auf die Kooperation mit niedergelassenen Praxen gesetzt, um dadurch die eigene Kompetenz zu erweitern. Man denke nur an externe Chirurgen oder die Fachabteilung Urologie in Zusammenarbeit mit der Praxis MainUrologie. Zahlen diese Kooperationen weiterhin auf das Leistungsspektrum der Main-Klinik ein?

Schell: Ja, und wir versuchen natürlich, die Strukturvorgaben so zu erfüllen, dass wir weiterhin die Urologie mit über 1000 Patienten im Jahr halten können. Das ist wichtig für die Main-Klinik. Auch für die externen Kollegen in der Chirurgie wird das unproblematisch sein.

Hat die Reform Folgen für die laufende Generalsanierung?

Schell: Der neue Bettentrakt ist fast fertig und die Patientenzimmer brauchen wir nach wie vor. Genauso wie unser Labor, Räume für die Physiotherapie und für den technischen Dienst. Vor der Beantragung des nächsten Bauabschnitts wird es aber eine kleine Pause geben, die auch dem Haus und dem Personal guttut. Wir wollen ein bisschen die Entwicklung abwarten, um eventuell Bereiche, etwa für ambulantes Operieren, mit beantragen zu können und gefördert zu bekommen.

Wie sehen denn Ihre wirtschaftlichen Prognosen für das kommende Jahr 2025 aus?

Schell: Ich arbeite gerade am Wirtschaftsplan und gehe davon aus, dass der Verlust im kommenden Jahr weiter ansteigt, vielleicht auf 4,3 Millionen Euro. Andererseits sind im Gesetz wohl Ausgleichszahlungen berücksichtigt. Aber bisher kann mir noch keiner sagen, wie sich diese berechnen. Wir hoffen einfach auf einen Tarifausgleich, vielleicht ja sogar noch rückwirkend für 2024.

 
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