Ein bisschen wehmütig ist es schon: In der Entbindungsstation, die bis 2007 im Westflügel des Ochsenfurter Kreiskrankenhauses untergebracht war, haben Tausende junger Erdenbürger seit 1962 das Licht der Welt erblickt. Nun ist von diesem Teil der Main-Klinik nur noch eine Trümmerlandschaft übrig. Seit vier Wochen arbeiten die Abrissbagger am Gebäudeteil, während der Betrieb in der übrigen Klinik ungehindert weitergeht. Es ist der erste sichtbare Schritt einer Generalsanierung, die sich über ein ganzes Jahrzehnt erstrecken soll und die am Ende mehr als 100 Millionen kosten wird.
Das Nebeneinander von medizinischer Versorgung und Großbaustelle war eine Herausforderung für Architektin Birgit Braunschmidt vom Würzburger Büro GKP. Und die Aufgabe war nicht ohne Kompromisse zu lösen. Seit Monaten schon ist die Zufahrt zur Klinik und zum benachbarten Dialysezentrum nur eingeschränkt möglich. Ver- und Entsorgungsleitungen mussten neu verlegt werden, während im Innern des Klinikflügels bereits die Vorarbeiten für den Abriss begannen.
Auch die Abmauerung zum Hauptgebäude musste fertig werden, bevor die Bagger anrücken konnten. Inzwischen wird dort eine provisorische Außenisolierung angebracht, bevor im nächsten Frühjahr die Bauarbeiten am neuen, vergrößerten Pflegetrakt beginnen. Zuvor müssen in der Baugrube noch 30 Bohrlöcher bis in 80 Meter Tiefe eingebracht werden, erläutert der stellvertretende Verwaltungsleiter Georg Sonnek. Sie werden später mit Erdwärmesonden bestückt, die künftig einen großen Teil der Heizwärme für die Klinik liefern werden.
Dabei ist eine sogenannten Baukernaktivierung geplant. Das heißt: Das über Wärmepumpen aufbereitete Heizwasser wird direkt durch die Wände und Decken geleitet. Auf diese Weise kann das Gebäude nicht nur erwärmt, sondern im Sommer auch gekühlt werden.
Spätestens im Frühjahr 2024 soll der neue, um einen Anbau erweiterte Westflügel bezugsfertig sein. Die Gesamtkosten dieses ersten Bauabschnitts sind auf rund 33 Millionen taxiert. Ein aus Sicht der Klinik erfreuliches Ergebnisse brachte die Ausschreibung der Rohbauarbeiten für den Westflügel. Wie Klinik-Geschäftsführer Christian Schell auf Anfrage mitteilt, liege das günstigste Angebot trotz steigender Baupreise bei 4,3 Millionen Euro und damit sogar knapp unter den errechneten Kosten. "Zusammen mit der Planung haben wir etwa ein Drittel der Leistungen für den ersten Bauabschnitt vergeben und liegen damit sowohl zeit- als auch kostenmäßig im Plan."
Klinikbetrieb muss ungehindert weitergehen
Die uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs ist aus wirtschaftlicher Sicht wichtig. Um die Kapazität von 140 Planbetten während der Bauphase halten zu können, wurden Patientenzimmer übergangsweise in die frühere Pflegeeinrichtung Curvita ausgelagert. Statt der bisherigen 48 Bettenplätze im Westflügel wird der Neubau 98 Patienten aufnehmen können, so Christian Schell weiter. Damit seien die Voraussetzungen geschaffen, um in einem dritten Sanierungsabschnitt ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts den östlichen Pflegetrakt abreißen zu können. In dreijähriger Bauzeit soll stattdessen dort ein neuer Trakt mit Operationssälen und medizinischen Funktionsbereichen entstehen.
Die Sanierung des Ende der 1980er Jahre errichteten Südflügels, in dem ausschließlich Patientenzimmer untergebracht sind, ist bereits Teil des zweiten Bauabschnitts ab 2023. Im Rahmen dieses Bauabschnitts soll auch die Heiz- und Technikzentrale der Klinik umfassend modernisiert werden. In einem vierten und letzten Bauabschnitt wird schließlich der Nordflügel, in dem bislang der Operationsbereich war, modernisiert. Dort sollen später vor allem ambulante Behandlungsbereiche angesiedelt werden. Der Abschluss der Generalsanierung ist bisher für das Jahr 2032 vorgesehen.
Gleichzeitig plant die Klinik bereits eine weitere Baumaßnahme. Westlich an das Klinikgelände angrenzend soll eine Pflegeschule unter Trägerschaft der Main-Klinik entstehen, in der künftig pro Jahrgang bis zu 25 angehende Pflegefachkräfte für die Kranken- und Altenpflege unterrichtet werden. Zum Beginn des Ausbildungsjahres 2022 soll der erste Jahrgang an den Start gehen. Das neue Schulhaus wird entgegen den ursprünglichen Plänen voraussichtlich erst 2023 in Betrieb gehen können, so Geschäftsführer Schell. Die erste Eingangsklasse werde deshalb voraussichtlich in Räumen der Klinik oder der Staatlichen Berufsschule in Ochsenfurt unterrichtet.