
Als das Beton- und Kunststeinwerk "Beku" in Erlabrunn 1971 bankrott ging und die Belegschaft den Betrieb eigenverantwortlich weiterführte, machte das bundesweit Schlagzeilen. Auch drei angehende Regisseure interessierten sich für den Versuch der Selbstverwaltung. Der einstündige Dokumentarfilm "...sonst steht ja der Betrieb hier still" wurde 1974 auf dem ersten Internationalen Filmwochenende Würzburg gezeigt. Anlässlich des 50. Jubiläums des Festivals ist er heuer erneut zu sehen. Dafür begab sich Gerhard Suttner von der Filminitiative auf Spurensuche.
Der Film gibt Einblicke in einen unkonventionellen Weg der Konkursbewältigung
Der Dokumentarfilm von 1973 begleitet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von "Beku" in ihrem Arbeitsalltag nachdem sie den Konkursbetrieb, größtenteils mit eigenem Geld, übernommen haben. Gleichzeitig zeigt er die Probleme wie zum Beispiel Lohnunterschiede, ausstehende Gehälter und Entlassungen, mit denen sie fortan konfrontiert waren.
Während des Films diskutieren die Arbeiterinnen und Arbeiter immer wieder darüber. Dabei wird geraucht und Bier getrunken – auch am frühen Vormittag. "Auch wenn das Vorhaben letztendlich scheiterte und es die Firma heute nicht mehr gibt, ist es ein spannendes Zeitdokument mit Lokalbezug", erklärt Suttner.
Von dem Film gebe es nur ein einziges Exemplar, das in der Deutschen Kinemathek in Berlin aufbewahrt werde. Es habe lange gedauert, eine Kopie zu bekommen, sagt Suttner. Unterdessen habe er versucht, die drei Regisseure sowie ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebs ausfindig zu machen. "Ich war sogar einige Male in Erlabrunn unterwegs und habe auf der Straße Menschen höheren Alters angesprochen, ob sie den Betrieb noch kennen oder dort gearbeitet haben."

Zunächst sei seine Recherche nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Vor Ort habe er niemanden gefunden, der mit dem Betrieb in Verbindung stand. Außerdem seien zwei der drei Regisseure sowie die damalige Geschäftsführerin und der Betriebsratsvorsitzende bereits verstorben. Ganz umsonst waren seine Bemühungen dann aber doch nicht. Immerhin konnte er einen der Regisseure, Jörg Gfrörer, ausfindig machen und ihn für alle drei Filmvorführungen als Gast gewinnen.
Als die Regisseure nach Erlabrunn fuhren, wussten sie nicht, ob ihre Filmidee klappen wird
Über die Einladung habe sich Gfrörer, der in Mecklenburg-Vorpommern lebt, sehr gefreut. "Für einen Filmemacher ist es natürlich ein schönes Gefühl, wenn nach so langer Zeit wieder Interesse aufkommt", sagt der mittlerweile 80-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. Das Filmprojekt, das er im Zuge seines Studiums an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin mit seinen Kommilitonen Wolfgang Jung und Walter Krieg machte, beschreibt er als "abenteuerlich". Denn als sie sich damals auf den Weg nach Unterfranken machten, gab es keinen genauen Plan.

Nur die Idee hatten sie schon im Kopf. "Weil es damals zum Zeitgeist gehörte, der kapitalistischen Verwertung durch Mitbestimmung entgegenzuwirken, wollten wir zeigen, was bei so einem Versuch passiert", erklärt der Regisseur, der auch die Reportage "Ganz unten" von Günter Wallraff verfilmt hat. Dafür wollten sie die Arbeiterinnen und Arbeiter von "Beku" eine Zeit lang bei ihrem Versuch, den Konkursbetrieb eigenverantwortlich zu führen, begleiten und filmen. Wie und ob das klappen würde, wussten sie bei ihrer Abreise aus Berlin jedoch nicht.
Aufgrund des Bahnstreiks ist noch unklar, ob Regisseur Gfrörer nach Würzburg kommt
Zunächst sei die Belegschaft ihnen gegenüber zurückhaltend gewesen, hätte ihnen jedoch erlaubt zu filmen und sich im Laufe der Dreharbeiten sogar geöffnet. Manche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kritisierten schließlich ganz offen vor laufender Kamera, wie unzufrieden sie mit der Situation seien. "Wir haben viele von ihnen gefragt: Warum nehmt ihr das Risiko der Selbstverwaltung auf euch? Die häufigste Antwort war: Sonst steht ja der Betrieb hier still", erklärt Gfrörer. Und so hätten sich die drei angehenden Regisseure dafür entschieden, den Film nach dieser Antwort zu benennen.
Gfrörer möchte zu allen drei Filmvorführungen nach Würzburg kommen, um dem Publikum noch mehr über den Dokumentarfilm zu erzählen und für Fragen zur Verfügung zu stehen. Aufgrund des aktuellen GDL-Streiks, ist momentan aber unklar, ob es klappt.
Der Dokumentarfilm "...sonst steht ja der Betrieb hier still" wird in der Sektkellerei Höfer gezeigt: Freitag, 26. Januar um 20.30 Uhr, Samstag 27. Januar um 17.45 Uhr und Sonntag 28. Januar um 15 Uhr. Informationen zu Tickets und dem Film gibt es auf der Website des Internationalen Filmwochenendes.
vielen Dank für Ihren Kommentar! Nachdem Sie in dem Betrieb gearbeitet haben, würde ich mich sehr gerne mit Ihnen über Ihre Zeit dort unterhalten. Auch Herr Suttner von der Filminitiative würde sich freuen, Sie bei einer der Filmvorführungen begrüßen zu dürfen.
Bei Interesse können Sie sich gerne per E-Mail bei mir melden: julia.ruether@mainpost.de.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Rüther