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Würzburg
Internationales Filmwochenende Würzburg: Filminitiative kritisiert fehlende Unterstützung der Stadt Würzburg
Die Filminitiative wünscht sich mehr Unterstützung von der Stadt. Zudem gab es einige Umstrukturierungen. Was gerade los ist, erklärt der neue und alte Vorstand im Interview.
Die Filminitiative, die jährlich das internationale Filmwochenende organisiert, wird von einem neuen Vorstand geleitet. Im Bild: die beiden neuen Vorstände Florian Hoffmann (links) und Werner Schmitt (rechts) mit dem alten Vorstand Thomas Schulz (Mitte).
Foto: Thomas Obermeier | Die Filminitiative, die jährlich das internationale Filmwochenende organisiert, wird von einem neuen Vorstand geleitet.
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:23 Uhr

Wie auch in anderen Bereichen der Kulturbranche hat Corona auch für das Internationale Filmwochenende in den vergangenen Jahren für Veränderungen gesorgt. 2023 soll es jedoch wieder in gewohnter Form stattfinden. Vom 26. bis 29. Januar heißt es dann wieder "Film ab" im Central im Bürgerbräu ohne Sonderauflagen, ohne Verweilverbot und ohne heimisches Streaming.

Eine Veränderung gibt es jedoch: Die Filminitiative Würzburg, die jährlich das internationale Filmwochenende organisiert, wird seit Oktober 2022 von Werner Schmitt, Katharina Schulz und Florian Hoffmann angeführt. Sie lösten ihre Vorgängerin und Vorgänger Thomas Schulz, Viviane Bogumil und Christian Molik ab, die allesamt nicht mehr zur Wahl antraten und dabei vor allem die fehlende Unterstützung der Stadt Würzburg als Grund nennen.

Im Gespräch verraten Thomas Schulz, Werner Schmitt und Florian Hoffmann, was bei der Filminitiative gerade los ist und was sie der Stadt konkret vorwerfen.

Frage: Die letzten Jahre waren für die Kulturbranche happig. Deshalb zunächst einmal: Wie geht es Ihnen?

Florian Hoffmann: Besser als in den letzten zwei Jahren. Ich bin Kabarettist, durfte eine Zeitlang nicht auf die Bühne, das war schon hart. Nun freue ich mich aber, dass ich wieder auftreten kann. Was besonders hart war, war dieser Eindruck, dass die Kulturbetriebe irrelevant sind. Doch jetzt noch darüber zu lamentieren ist blöd, deshalb freue ich mich umso mehr, dass ich wieder spielen darf. Ich kann nämlich sonst nicht so viel (lacht).

Thomas Schulz: Ich bin Schulleiter und habe beruflich in den letzten beiden Jahren viel erlebt. Kinder haben massiv unter der Coronazeit gelitten und es wird Jahre dauern, bis wir diese Lücken wieder schließen werden - sowohl was den Lernstand, als auch die Folgen für die psychische Gesundheit angeht.

Wie haben Sie die letzten Jahre für das Filmwochenende erlebt, Herr Schulz?

Schulz: Nachdem 2010 das Corso-Kino, in dem wir das Festival gespielt haben, zugemacht hat, und auch die Kooperation mit dem Cinemaxx nicht mehr lief, mussten wir das Festival irgendwie weiterleben lassen, und das hat sich als sehr schwierig herausgestellt. Das haben wir erst im Mozartgymnasium und anderen provisorischen Spielstätten versucht. Auch der Umzug aufs Bürgerbräu-Gelände war für uns ein riesiger organisatorischer Aufwand. Eigentlich sind wir als Vorstand der Filminitiative angetreten, um in erster Linie ein Programm zu machen. Doch in den letzten Jahren haben wir gemerkt, dass wir einen Partner brauchen, der uns im organisatorischen Bereich unterstützt. Denn das Central Kino ist eigentlich zu klein für ein Festival unserer Art, wir brauchen also zusätzliche Spielstätten wie das Siebold Museum, den Keller Z87 oder das VCC. Doch mit diesem Aufwand, provisorische Spielstätten zu generieren, das Ganze zu finanzieren, Sponsoren zu finden und ein großes Programm zu erstellen, sind wir immer stärker an unsere Kapazitätsgrenze gestoßen.

Das hatte zur Folge, dass Sie den Vorstand der Filminitiative abgegeben haben. Sie fordern mehr Unterstützung vonseiten der Stadt Würzburg. Wie genau stellen Sie sich diese vor?

Schulz: Genau. Uns geht es vor allem um die organisatorische Unterstützung: Sei es der Kontakt zu Sponsoren oder die Organisation von zusätzlichen Spielstätten. Wir waren auch des Öfteren vor dem Kulturausschuss. Unser großes Ziel war es, dass die Stadt im Kulturamt eine Stelle schafft, die sich um logistische und organisatorische Aufgaben zum Festival kümmert, damit wir uns wieder auf unser Programm - und das ist Arbeit genug - konzentrieren können. Doch das hat nicht funktioniert, wir sind im Stadtrat mit knapper Mehrheit gescheitert. Der alte Vorstand, also ich, Viviane Bogumil und Christian Molik, wollten so nicht mehr weiterarbeiten. Wir sind ausgelaugt und andererseits froh, dass wir Nachfolger finden konnten. Unsere Filminitiative funktioniert sehr gut, Mitarbeiter sind da, aber wir hätten gerne das Festival in einem größeren Format mit externer Unterstützung hinbekommen.

Hoffmann: Früher bestand der Aufwand aus einem Anruf beim Corso-Kino, heute sieht das ganz anders aus. Es müssen Verhandlungen mit der Maschinenhalle gemacht werden, man muss mit dem Keller Z87 und dem VCC sprechen. Die Orga besteht aus Bedingungen klären oder provisorische Kinos bereitstellen, der Aufwand ist immens. 

Schulz: Auch was Werbung angeht, ist in den letzten zehn Jahren so viel mehr Arbeit dazu gekommen. Hier hätten wir uns einfach mehr Unterstützung gewünscht.

Werner Schmitt (Mitte) kritisiert, dass Nischen in der Kulturbranche bei der Stadt Würzburg zu wenig Beachtung finden. 
Foto: Thomas Obermeier | Werner Schmitt (Mitte) kritisiert, dass Nischen in der Kulturbranche bei der Stadt Würzburg zu wenig Beachtung finden. 
Was hat die Stadt gesagt, warum sie keine Unterstützung stellt?

Schulz: Kathrin Jacobs, die ehemalige Kulturamtsleiterin, war immer auf unserer Seite. Sie hat den Vorschlag der Stelle sogar gemacht. Doch im Endeffekt sind wir vor dem Stadtrat gescheitert. Es war haarscharf. Wir haben stattdessen Vorschläge bekommen, dass der Zuschuss erhöht wird, sodass wir selber jemanden einstellen können. Doch das hätte für uns ja wieder zusätzlichen Aufwand bedeutet. 

Werner Schmitt: Das ist so schade. Ich sehe ja, was in anderen Städten geht. Die bekommen Hallen, eine eigene Poststelle, Bürogebäude oder Spielstätten kostenlos zur Verfügung gestellt. In Würzburg wird nicht gesehen, dass die Stadt auch eine gewisse Verantwortung hat, Kulturbetriebe aufrechtzuerhalten. Die Hochkultur wie Mozartfest und Co. schon, doch die Nischen bleiben außen vor.

Das klingt alles nach sehr viel Arbeit. Warum haben Sie sich trotzdem dazu entschlossen, den Vorstand anzutreten, Herr Hoffmann und Herr Schmitt?

Hoffmann: Weil es trotzdem ein cooles Festival ist, das einfach Spaß macht! Ich fühle mich wohl mit meinem Verein. Wir suchen auch immer wieder nach Nachwuchs, denn je mehr Menschen wir sind, desto mehr können wir auch leisten. Also, falls es einen Sponsor oder andere Menschen gibt, die Lust haben, ehrenamtlich bei uns mitzumachen, können sie sich gerne bei uns melden. 

Schmitt: Ich bin zum einen deshalb eingestiegen, weil ich meine Firma und mein Netzwerk habe. So kann ich mich auch mal aus meinem Betrieb herausnehmen, was andere Berufstätige nicht so einfach können. Und die hauptsächliche Arbeit, zum Beispiel mit den Spielstätten telefonieren, findet nun mal tagsüber statt, abends erreicht man viele Leute nicht mehr. Außerdem bin ich schon seit Längerem Sponsor des Festivals. Wir möchten die Menschen zudem nach Corona wieder von den Sofas holen. Das wird nochmal eine ganz schwierige Aufgabe.

Inwiefern bedroht denn Netflix und Co. die Kulturbranche?

Schulz: Das betrifft die Kinos stärker als das Festival. Netflix wurde jedoch auch bei uns immer mehr zum Diskussionsthema. Denn auch bei Streaminganbietern gibt es hervorragende Filme, vor allem Dokumentarfilme, die wir teilweise gerne beim Festival zeigen würden.

Das konkrete Programm für 2023 wird erst noch bekannt gegeben. Verraten Sie uns dennoch schon Highlights?

Hoffmann: Ganz generell gesagt, wird es insgesamt 42 Filme geben. Wir haben auch wieder alle Sparten vertreten, also Dokumentarfilm, Spielfilm, zwei Kurzfilmblöcke und auch die Stummfilm-Matinée wird es wieder gehen. 

Schulz: Ein Filmtipp von mir heißt "Alle haten Johan" aus Norwegen, das ist eine ganz schräge Komödie. Gerade nach der Katastrophenphase von zwei Jahren haben wir uns überlegt, dass es ganz hilfreich wäre, die ein oder andere Komödie mehr im Programm zu haben. Doch das ist gar nicht so einfach, denn Komödien sind das schwierigste Filmgenre für Filmemacherinnen und Filmemacher. Ein weiterer Tipp lautet "Girl Gang", die Langzeitdoku dreht sich um eine junge Influencerin aus Berlin, die von ihrem Vater extrem gepusht wird. Anfangs genießt sie noch den Hype um ihre Person, irgendwann schlägt dieser dann um in Belastungsphasen - ein unglaublich starker Film, ohne dabei den pädagogischen Zeigefinger zu erheben.

Schmitt: Ich kümmere mich um die Japan-Reihe als Special. Hier empfehle ich "Talking the pictures". Der Film spielt im Japan des frühen 20. Jahrhunderts und folgt den Abenteuern eines jungen Mannes, der ins Filmgeschäft einsteigen will als Erzähler für Stummfilme. Hier und da ergibt sich eine Gang-Geschichte, aber auch eine Liebesgeschichte. Nach dem Film kommt man aus dem Kino und hat eine heile Welt im Kopf, das ist schön!

 
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  • marent1@hotmail.de
    zugegeben das Festival war immer ein Erlebnis, ei n Ereignis...
    Jedoch schon auch für ein Nischenpublikum..es hat sich durch ehrenamtliche Initiative entwickel und wurde von denen auch gestemmt.Das ist anerkennenswer . Wenn es aber nun nicht mehr genug gibt, die Zeit und Lust haben, sich dazu engagieren, dann ist das sehr schade, aber nicht die Aufgabe der Stadt da fester Stellen zu schaffen -gerade jetzt in schwierigen Zeiten, wo das Geld knapp ist und das Personal sowieso. Zuschüsse finde ich richtig und wichtig, aber nicht unbedingt personelle Ressourcen...
    Möglicherweise ist dann dieses Model abgelaufen und es entsteht etwas Neues...
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  • kej0018@aol.com
    Mehrere tausend Festivalgäste würde ich da nicht unbedingt als Nischenpublikum bezeichnen, ich hatte bei meinen Besuchen schon den Eindruck, daß da mehr Publikum war als z. B. beim Hafensommer - der übrigens, soweit mir bekannt, immer ordentlich bezuschusst wurde. Wenn die Stadt kleine Hilfen anbieten könnte, das aber verweigert, finde ich das sehr, sehr schade.

    Kultur in WÜ kann und darf nicht nur Mozartfest und Stadttheater bedeuten.
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