Die Koenig & Bauer AG hat in den 207 Jahren ihres Bestehens schon einige Turbulenzen erlebt. Wirtschaftlich steht der Würzburger Hersteller von Druckmaschinen zurzeit zwar auf soliden Beinen. Dennoch hat ein Teil des Vorstands jetzt einen Warnschuss aus den Reihen der Aktionäre abbekommen.
Auf der Hauptversammlung in diesem Juni lag ein Gegenantrag vor, der eine deutliche Sprache spricht: Der Vorstand des Traditionsunternehmens habe die von ihm gesetzten Ziele wiederholt so verändert, dass sie am Ende doch erreicht werden konnten. Namentlich kritisiert werden der Vorstandsvorsitzende Andreas Pleßke und Vorstandsmitglied Christoph Müller.
Was Teilen des Vorstands von Koenig & Bauer vorgeworfen wurde
Der Vorstand sei verantwortlich für die Verschuldung des börsennotierten Konzerns "in nachhaltig ungesunden Größenordnungen", heißt es in dem Antrag. Außerdem stehe die Sparte Digital & Webfed gefährlich schlecht da. Pleßke und Müller sollten deshalb für das Geschäftsjahr 2023 nicht entlastet werden.
Der Warnschuss kam aus einer besonderen Ecke: Als Antragstellerin wird Lisa Bolza-Schünemann genannt. Sie ist die Tochter von Claus Bolza-Schünemann, der den Vorstandsvorsitz Ende 2020 an Pleßke übergeben hatte und heute im Aufsichtsrat sitzt.
Welche Rolle spielt die Familie Bolza-Schünemann?
Die Familie Bolza-Schünemann steht in der Linie des Unternehmensgründers Friedrich Koenig (1774-1833) und hält Aktien des Konzerns. Wie groß dieser Familienanteil ist und wie viele Familienmitglieder hinter dem kritischen Antrag stehen, darüber machte das Unternehmen auf Anfrage keine Angaben.
Nach der Hauptversammlung war gemunkelt worden, dass der Antrag von Lisa Bolza-Schünemann als Machtkampf in der Führungsetage interpretiert werden könne. Das sei nicht der Fall, so Konzernsprecherin Dagmar Ringel. Claus Bolza-Schünemann arbeite vertrauensvoll mit seinem Nachfolger Pleßke zusammen. Kritische Fragen und Gegenanträge zu stellen, sei bei Hauptversammlungen normal und das Recht der Aktionärinnen und Aktionäre.
Koenig & Bauer: Wie die Kritik intern verstanden wird
Indes wird das Teil-Nein zur Entlastung von Pleßke und Müller intern als Weckruf an den Vorstand verstanden. Denn hatte das Gremium bei den vergangenen drei Aktionärstreffen immer ein fast 100-prozentiges Ja zur Entlastung bekommen, fiel das Ergebnis diesmal anders aus. Zumindest für Pleßke und Müller: Sie erhielten jeweils nur 71 Prozent Zustimmung.
Die anderen Vorstandsmitglieder Stephen Kimmich, Ralf Sammeck und Michael Ulverich waren nicht Adressaten des Gegenantrags von Lisa Bolza-Schünemann und kamen bei der Abstimmung mit jeweils fast 100 Prozent Ja-Stimmen ungeschoren davon.
Die auf der Hauptversammlung präsentierten Geschäftszahlen zeigten, dass sich die Koenig & Bauer AG aus einem Wellental manövriert hat. Waren der Umsatz und das operative Ergebnis (Ebit) 2020 zum Teil deutlich abgesackt, haben sich diese Werte in den vergangenen Jahren stabilisiert. So lagen 2023 die Umsatzerlöse bei 1,3 Milliarden Euro (2022: 1,2). Das operative Ergebnis stieg von 22 auf 29,9 Millionen Euro. Das Konzernergebnis sank allerdings zum zweiten Mal in Folge auf nun 2,8 Millionen Euro.
So umschrieb Aufsichtsratsvorsitzender Raimund Klinkner bei dem Aktionärstreffen in Würzburg die aktuelle Lage mit gemischten Gefühlen: "2023 war kein Jahr der ungetrübten Freude", wird er in einer Mitteilung zitiert. 2024 sei "ein Übergangsjahr". Es gehe "langsam, aber sicher wieder aufwärts".
Die Gründer von Koenig & Bauer gelten als Erfinder der modernen Druckmaschine. Das Unternehmen hat weltweit 5600 Beschäftigte, davon etwa 1600 am Stammsitz in Würzburg. Der Betrieb hatte vor etwa zehn Jahren mit einer massiven Krise für Schlagzeilen gesorgt. Der heutige Vorstandschef Pleßke wurde seinerzeit als Sanierer eingesetzt.