
Der unterfränkische Baustoff-Konzern Knauf strebt mit aller Macht ein riesiges Gips-Bergwerk im Westen von Würzburg an. Grund für die Eile des Konzerns: Knauf braucht den Rohstoff so bald wie möglich, um damit die Zukunft seiner Werke am Stammsitz in Iphofen in Landkreis Kitzingen zu sichern. Schon 2027 soll der Abbau im geplanten neuen Bergwerk beginnen.
Doch, muss es ausgerechnet Naturgips sein? Gäbe es umweltschonendere Alternativen und ließe sich damit das umstrittene Bergwerk in der Altertheimer Mulde vermeiden? Naturschützer jedenfalls haben Varianten zum Abbau ins Gespräch gebracht.
Worum geht es? Antworten auf zentrale Fragen im Überblick.
Welche Alternativen zu Naturgips gibt es?
In den vergangenen Jahren wurde rund die Hälfte des Gipsbedarfs in Deutschland durch sogenannten REA-Gips gedeckt. Er stammt aus Rauchgasentschwefelungsanlagen von Kohlekraftwerken. Weil die Bundesregierung diese Kraftwerke bis spätestens 2038 abschalten will, verschwindet der synthetische REA-Gips allmählich vom Markt.
Als Ersatz fordern Naturschützer zum Beispiel den Einsatz von Phosphorgips, ein Abfallprodukt aus der Düngemittelproduktion. Ein Gutachten der TÜV-Nord-Tochter DMT in Essen geht davon aus, dass weltweit pro Jahr bis zu 280 Millionen Tonnen Phosphorgips anfallen. Bislang werde er auf riesigen und umweltschädlichen Halden als Abfall gelagert.
Das Gutachten der Prüfer war Anfang 2021 im Auftrag der damaligen Thüringer Grünen-Landtagsfraktion veröffentlicht worden. Allein Mengen, die in Polen, Finnland oder Marokko anfallen, reicht laut DMT aus, um hierzulande den Wegfall des REA-Gipses auszugleichen.
Aus Bauschutt aufbereiteter Gips steht ebenfalls zur Debatte. Der "Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall" (Laga) zufolge deckt er bislang 5 Prozent des jährlichen Bedarfs der deutschen Gipsindustrie.
Die Arbeitsgemeinschaft bringt auch Lehm, Holzfaser und Stroh als Alternativen für Gipsplatten ins Spiel. Diese Rohstoffe seien ausgesprochen ökologisch und hätten eine ähnlich gute Wirkung auf das Raumklima in Gebäuden.
Was ist das größte Problem von Phosphorgips?
Die natürliche Radioaktivität von Phosphorgips gilt in Deutschland als Hindernis, den Rohstoff auf dem Bau einzusetzen. Laut DMT-Gutachten könnte die radioaktive Eigenschaft durch aufwändige Aufbereitung gedrosselt werden.
Doch selbst bei noch so geringer Strahlung werde Phosphorgips auf dem Markt "keinerlei Akzeptanz" haben, meint die Erfurter Grüne-Politikerin Laura Wahl. Sie war eine der Initiatorinnen des DMT-Gutachtens für ihre Landtagsfraktion. Das Ergebnis zeige, dass Phosphorgips "keine geeignete Alternative zum wegfallenden REA-Gips" sei.
Weiterer Nachteil von Phosphorgips: In Deutschland gibt es keine Hersteller. Der Baustoff müsste komplett aus dem Ausland importiert werden, was als teuer gilt. Die größten Lagerstätten sind laut DMT-Gutachten in Marokko sowie in Süd- und Südosteuropa.
Was ist mit Recycling von Gips?
In Deutschland wird von Jahr zu Jahr mehr Gips wiederverwertet. Doch das reiche "bei Weitem nicht aus", um "den Rohstoffbedarf zu decken", teilte der Bundesverband der Gipsindustrie im Herbst 2024 mit.
Auf dem Bau ist das Problem in anderer Hinsicht bekannt: Auch beim Beton sei die Recyclingquote zu gering. Der aufbereitete Rohstoff sei deshalb keine nennenswerte Alternative zum industriell hergestellten Beton, hieß es beim Bayerischen Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden bereits 2021.
Fachleute sehen dies ähnlich: Allein in diesem Jahr falle fünf Mal mehr REA-Gips weg als Recyclinggips zur Verfügung stehe, heißt es einem vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Auftrag gegebenen Gutachten von 2020.

Wie steht der Knauf-Konzern zu den Alternativen?
Keine der Gips-Varianten sei geeignet, in naher Zukunft den Abbau von Naturgips zu ersetzen, teilt der Konzern in Iphofen auf Anfrage mit. Knauf sei auf das geplante Bergwerk in der Altertheimer Mulde angewiesen. Es würde das größte in Bayern werden.
Insbesondere der Einsatz von Phosphorgips sei kein Thema, so Knauf-Sprecher Matthias Link. Aufgrund der Radioaktivität und aufwändigen Aufbereitung sei er "in der Regel nicht für Baustoffe geeignet".
Phosphorgips und alle anderen Varianten reichten schon aufgrund der Menge nicht, um die Lücke durch den Wegfall von REA-Gips zu füllen. Deshalb wolle Knauf weiterhin Naturgips dort abbauen, wo er weiterverarbeitet werde, sagt Link. Der Konzern plane, den Rohstoff aus Altertheim in seinen rund 50 Kilometer entfernten Gipswerken in Iphofen einzusetzen.
Einen Abbau sieht Knauf auch im Südharz vor, wo das Unternehmen ein Werk betreibt und umstrittene Probebohrungen plant. Es sei notwendig, "weitere potenzielle Lagerstätten" von Naturgips in Deutschland zu erkunden, so der Sprecher. Unabhängig davon forsche das Unternehmen "intensiv an alternativen Gipsrohstoffen".
Umfassende Informationen zum Thema Gips und der Problematik des Abbaus kann man hier abrufen:
https://www.wasser-in-gefahr.de
Jürgen Haug-Peichl
Redakteur/Main-Post
97084 Würzburg
Jürgen Haug-Peichl
Redakteur/Main-Post
97084 Würzburg
Weil seit Anfang 2024 verboten ist, den wertvollen Rohstoff Gips in Deponien der Menschheit für alle Zeit vorzuenthalten, kommen Gips-Abfälle in unterfränkischen Wertstoffhöfen zu Knauf zum Recycling. Gips ist zu 100% recyclebar. So geht es.
Für den Standort Iphofen hätte die Umstellung auf Kunst- und Recyclinggips doppelte Vorteile: Die Arbeitsplätze in der gipsverarbeitenden Industrie könnten langfristig erhalten werden, und die Wasserversorgung von Würzburg und Region bleibt unbeschadet.
Bürger, die um die Trinkwasserversorgung besorgt sind, können bis zum 6.3.25 Einwände einreichen. Hier findet man Details & Vorlagen dafür und kann sich über die Gefahren für die Wasserversorgung informieren: https://www.wasser-in-gefahr.de
Umfassende Informationen zum Thema Gips und der Problematik des Abbaus kann man hier abrufen:
https://www.wasser-in-gefahr.de
DMT stellt fest, dass Phosphorgips als Ersatzstoff für den Einsatz in deutschen Gipswerken für Bauprodukte dienen und somit einen wertvollen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten kann. Größere Phosphorgipshalden sind vor allem in Polen an der Odermündung, in Serbien an der Donau und in Varna am Schwarzen Meer anzutreffen.
Ja, das steht so im Gutachten. Doch man muss das gesamte Werk lesen, damit diese Einschätzung klarer wird. Denn sie bedeutet frei übersetzt: Theoretisch (!) reicht die Menge an Phosphorgips als Ersatzstoff aus, doch die Gegenargumente sind unter dem Strich gravierender. Das ist das, was auch Politikerin Wahl im Gespräch mit mir eingeräumt hat und was so im Artikel zu lesen ist.
Jürgen Haug-Peichl
Redakteur/Main-Post
97084 Würzburg
Die Menge ist überhaupt nicht das Problem. Es ist die Verarbeitung, die nichtnicht ostechnisch
Laut UBA wurden 2017 in Deutschland nur 5% der Gipsbaustoffe recycelt. In den Niederlanden 2021 bereits 15,2%, in England 2015 schon 42%. Neuere Zahlen sind leider nicht verfügbar.
Seit Kurzem erklärt nun Knauf:
"Schon jetzt sei man bestrebt, das Gips-Recycling auszubauen".
Es ist allerhöchste Zeit!!
Nebenbei finde ich es bemerkens- und durchaus auch lobenswert, dass das Ergebnis des DMT-Gutachtens schonungslos kommuniziert wird, gerade von einer Politikerin der Grünen, die sich sicher ein ganz anderes Ergebnis gewünscht hätten. Diese Sachlichkeit würde ich mir von mehr Politikern wünschen - auch wenn sie manchmal wehtut.