
Erald Domi aus Albanien ist Pfleger – in seiner Heimat hat der 35-Jährige sein Pflegestudium an der Universität absolviert und zuletzt als Schiffskrankenpfleger bei der Marine gearbeitet. Seit März absolviert er mit vier weiteren Teilnehmenden aus Bosnien, Tansania und Indien einen Vorbereitungslehrgang bei Julius Care, der Berufsfachschule für Pflege der Stiftung Juliusspital Würzburg. Ziel ist, seine Ausbildung anerkennen zu lassen, um in Deutschland als Fachkraft arbeiten und seine Frau und seine dreijährige Tochter aus Albanien nachholen zu können. Der Weg dorthin ist nicht einfach.
In der Pflege herrscht großer Personalmangel: "Die Babyboomer gehen in Rente, zudem hat Corona uns Fachkräfte gekostet, viele haben sich umorientiert", sagt Rebecca Schwenkert, Koordinatorin Pflege- und Funktionsdienst im Klinikum Würzburg Mitte (KWM). Um die Versorgung der Pflegebedürftigen zu sichern, sind auch internationale Pflegefachkräfte sehr gefragt. Bisher sei es für diese allerdings schwierig, in Deutschland in ihrem Beruf weiterzuarbeiten – da sich die Pflegeausbildung in anderen Ländern unterscheide, dürften ausländische Fachkräfte in Deutschland oft lediglich als Hilfskraft eingesetzt werden.
Internationale Fachkräfte: Wer bringt welches Wissen mit?
Bei Julius Care hat man auf die Situation reagiert und den Fachbereich "Anerkennung internationaler Pflegefachkräfte" aufgebaut. Als schulischer Träger bietet Julius Care einen Vorbereitungslehrgang mit einer abschließenden staatlich anerkannten Prüfung für die berufliche Anerkennung in Deutschland an; der erste startete im März dieses Jahres. Ergänzt wird das Ganze durch einen praktischen Träger, wie zum Beispiel das Klinikum Würzburg Mitte (KWM), bei dem die Lehrgangsteilnehmer ihre praktischen Erfahrungen sammeln.
Der Vorbereitungslehrgang dient auch dazu herauszufinden, aus welchen Ländern die Menschen welches Wissen mitbringen. Die zentrale Frage ist: Was fehlt mir, um als vollwertige Fachkraft in Deutschland arbeiten zu können? "Gut ausgebildetes Fachpersonal ist für uns unverzichtbar", sagt Christine Beyer, Pflegedirektorin des KWM. Die Anerkennung von internationalen Fachkräften sei eine Chance, um den Patientinnen und Patienten weiterhin professionelle pflegerische Versorgung anbieten zu können.
Erald Domi ist seit März beim KWM, Standort Juliusspital, tätig. Er hat über eine Agentur in seiner Heimatstadt Durrës, einer Hafenstadt im Westen von Albanien, nach Würzburg zu Julius Care und dem KWM gefunden. "Ich bin seit fünf Monaten hier und habe sehr gute Erfahrungen gemacht", sagt Domi, der bereits im Vorfeld Sprachkurse besucht hatte und gute Deutschkenntnisse hat. "Auf Station helfen mir die Kollegen, die Arbeit hier zu verstehen."

In der Berufsschule habe er gelernt, dass die Aufgaben einer Pflegefachkraft in Deutschland teils andere sind als in Albanien. Die Körperpflege der Patientinnen und Patienten etwa gehört hierzulande dazu – in Albanien übernehmen diese die Angehörigen. Gut findet Domi, dass es hier "viel Material gibt, in guter Qualität, für Infusionen oder zur Wundversorgung".
278 Menschen aus 70 Nationen arbeiten am Klinikum Würzburg Mitte
"Es gibt in der Region nicht viele Schulen, die einen Vorbereitungslehrgang anbieten und zertifiziert sind", sagt Maria Schmitt, Leiterin des neuen Fachbereichs zur Anerkennung internationaler Pflegekräfte bei Julius Care. Ihre Vision sei, dass alle Beteiligten eng miteinander verknüpft sind – "die Zusammenarbeit unserer Schule mit dem KWM ist ein Paradebeispiel dafür", sagt sie. Ziel sei außerdem, dass die Einrichtung, in der die Fachkraft während des Vorbereitungslehrgangs arbeitet, den- oder diejenige am Schluss übernehme.
Am KWM sei es längst normal, dass Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland kämen, so Rebecca Schwenkert, die in der Pflegedirektion des KWM für ausländische Pflegekräfte zuständig ist. Im KWM sind laut eigenen Angaben aktuell 278 Mitarbeitende aus 70 Nationen beschäftigt. Für den Pflegedienst rekrutiert das KWM aktuell zwei Drittel der internationalen Fachkräfte mit Unterstützung von Agenturen, das heißt, direkt aus dem Ausland. Ein Drittel sind Bewerber, die bereits in Deutschland sind und selbst nach Arbeitsplätzen suchen, wo sie die Berufsanerkennung absolvieren können.
Das Ganze sei eine Win-win-Situation, sagt Schwenkert: Das Klinikum bekomme neue Arbeitnehmer und biete im Gegenzug den internationalen Pflegekräften die Chance, ein Leben in Deutschland aufzubauen. Hilfe dazu gibt es von Seiten des KWM: "Wir holen die Kursteilnehmer vom Flughafen oder Zug ab, stellen Wohnraum und sorgen dafür, dass sie in Würzburg ankommen können", sagt Schwenkert. "Diese Menschen haben ihr komplettes Leben hinter sich gelassen, um hierherzukommen – ihre Motivation ist so hoch." Eine hauseigene Integrationsbeauftragte zeigt den Kursteilnehmern die Stadt, macht mit ihnen Behördengänge und hilft bei Alltagsfragen.
Dass Erald Domi sich auf den Weg nach Deutschland gemacht hat, hat verschiedene Gründe: Ihn reize das Pünktliche und Verlässliche hierzulande, sagt der 35-Jährige; außerdem finde er gut, dass seine Tochter hier viele Ausbildungsmöglichkeiten hätte. Als das Gespräch auf seine Tochter kommt, steigen ihm Tränen in die Augen. "Ich vermisse sie sehr", sagt er, ebenso wie seine Frau und Familie.
Wundmanagement als Passion
Trotzdem hat Erald Domi das Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben: "Deutschland ist das richtige Land für mich, um zu arbeiten, zu leben und mich selbst zu finden", sagt er. "Es ist ein gutes Land für mich und meine Familie." Als Schiffskrankenpfleger habe er wenig mit akuten Fällen zu tun gehabt. Um eine Zusatzausbildung zu bekommen und "mehr helfen" zu können, hat er in Albanien lange Zeit freiwillig und ohne Vergütung in der Notaufnahme gearbeitet.
Dort lernte er auch, Wunden zu nähen – "Wundmanagement ist mein Lieblingsgebiet, damit kann ich Menschen wirklich helfen", so Domi. Da er bereits bei seinem Vorstellungsgespräch am KWM den Wunsch geäußert hatte, "mit Wunden" zu arbeiten, ist er auf der Chirurgischen Station eingesetzt. Für Domi steht fest: "In Deutschland kann ich meinen Beruf besser vertiefen."
Im Herbst stehen die Kenntnisprüfungen an, bestehend aus einer mündlichen und einer praktischen Prüfung. "Diese Prüfungen sind meist sehr emotional, für die Prüflinge hängt sehr viel daran", sagt Maria Schmitt. Vorher geht es für Erald Domi aber erst einmal zurück nach Albanien: Im August verbringt er zwei Wochen dort und kommt anschließend mit Frau und Tochter eine Woche nach Würzburg: "Dann kann ich ihnen die Stadt zeigen", sagt er und lächelt.
Wer als ausländische Pflegekraft oder als Einrichtung an einer Anerkennung bei der Julius Care Pflegeschule interessiert ist, kann sich bei Fachbereichsleiterin Maria Schmitt melden: maria.schmitt@juliusspital.de oder Tel.: (0931) 393-1197.