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Würzburg/Miltenberg
Hilfsarbeiter trotz Ausbildung: Warum Kfz-Mechatroniker Dmytro Danyliuk noch auf seine berufliche Anerkennung wartet
Er floh mit seiner Familie aus der Ukraine, jetzt arbeitet Dmytro Danyliuk in Unterfranken in der Werkstatt. Bis er im Job voll integriert ist, muss er durch viel Bürokratie.
Kfz-Mechatroniker Dmytro Danyliuk arbeitet seit einem Jahr als Helfer im Autohaus Berres-Hirsch in Eichenbühl (Lkr. Miltenberg). Werkstattmeister Fabian Neuberger (links) hilft dem Ukrainer bei Verständigungsproblemen.
Foto: Thomas Obermeier | Kfz-Mechatroniker Dmytro Danyliuk arbeitet seit einem Jahr als Helfer im Autohaus Berres-Hirsch in Eichenbühl (Lkr. Miltenberg). Werkstattmeister Fabian Neuberger (links) hilft dem Ukrainer bei Verständigungsproblemen.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 07.08.2024 02:38 Uhr

Dmytro Danyliuk ist Kfz-Mechatroniker, kommt aus der Ukraine und spricht kaum Deutsch. "Ich kenne die Namen aller Werkzeuge", sagt der 36-Jährige auf Ukrainisch, seine Frau übersetzt. Die Danyliuks stammen aus Butscha. Im März 2022 waren sie mit ihren drei Kindern vor dem Krieg in ihrem Heimatland geflohen. Zuflucht fand die Familie in Unterfranken

Seit einem Jahr arbeitet Dmytro Danyliuk im Autohaus Berres-Hirsch in Eichenbühl (Lkr. Miltenberg). "Autos sind überall gleich", sagt der gelernte Kfz-Mechatroniker. Doch es wird ein weiteres Jahr dauern, bis sein Berufsabschluss in Deutschland anerkannt wird. "Hier muss man sogar in der Werkstatt viel mehr Formulare ausfüllen und mehr dokumentieren als in der Ukraine", sagt Danyliuk.  

Sprachbarrieren, fehlende Anerkennung, psychische Probleme: Viele Geflüchtete noch ohne Arbeit

Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs sind 1,18 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Nach Angaben der Bundesregierung von Juli fanden bislang nur 135.000 von ihnen hier eine sozialversicherungspflichtige Arbeit, 40.000 sind in einem Minijob tätig. Dass die meisten Geflüchteten bisher keine Arbeit fanden, hat viele Gründe: Sprachbarrieren, fehlende Anerkennung von Qualifikationen, psychische Belastung durch die Flucht. 

Dmytro Danyliuk hatte Glück. Sein Vermieter hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Werkstatt in Eichenbühl jemanden sucht. "Wenn Sie ihn beim Arbeiten sehen, wissen Sie, dass er ein Vollblut-Kfz-Mechatroniker ist", sagt Thorsten Bonn, Leiter der das Autohaus Berres-Hirsch in vierter Generation leitet.

Mara Röllinger von der Handwerkskammer für Unterfranken und Thorsten Bonn, Inhaber des Autohauses Berres-Hirsch, versuchen, die Bürokratie zu meistern.
Foto: Thomas Obermeier | Mara Röllinger von der Handwerkskammer für Unterfranken und Thorsten Bonn, Inhaber des Autohauses Berres-Hirsch, versuchen, die Bürokratie zu meistern.

"Ich verstehe Deutsch mittlerweile gut, aber das Sprechen fällt mir schwer", meint Danyliuk. Wenn er etwas überhaupt nicht verstehe, nutze er den Google-Übersetzer. Eine Herausforderung für ihn sei die vollständige Anerkennung seines Berufs. Derzeit ist er lediglich als Hilfsarbeiter eingestuft und wird entsprechend bezahlt, trotz seiner Ausbildung und Fähigkeiten.

Handwerkskammer für Unterfranken: 400 Beratungsgespräche pro Jahr

Etwa 400 Beratungsgespräche zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen führen die Mitarbeiter der Handwerkskammer (HWK) Unterfranken im Jahr. Laut Andrea Sitzmann, der stellvertretenden Hauptgeschäftsführerin, kamen 2023 die meisten Antragsteller aus dem Kosovo, Bosnien, der Türkei oder Serbien. Über 80 sogenannte Gleichwertigkeitsfeststellungsverfahren seien erfolgreich abgeschlossen worden.

"Beim Anerkennungsverfahren wird der Lehrplan des Antragstellers mit der Ausbildungsverordnung des deutschen Referenzberufs verglichen", erklärt Mara Röllinger, die bei der Handwerkskammer für das Verfahren zuständig ist. Danyliuk hat in der Ukraine keine Hochvolt-Schulung absolviert, die Kfz-Mechatroniker befähigt, auch an Elektrofahrzeugen zu arbeiten. In Deutschland ist die Hochvolt-Ausbildung fester Bestandteil der Lehre, der 36-Jährige muss sie nachholen. "Mit einer Anpassungsqualifizierung soll die volle Gleichwertigkeit erzielt werden", erklärt Röllinger.

Idee des Job-Turbos: Schnell einen Arbeitsplatz und parallel die Qualifizierung

Mit dem sogenannten Job-Turbo, einer Initiative des Bundesarbeitsministeriums, sollen anerkannte Geflüchtete nicht nur schneller, sondern auch nachhaltiger und langfristig in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wer einen Integrationskurs erfolgreich abgeschlossen hat, soll so schnell wie möglich Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erhalten und parallel dazu weiter qualifiziert werden. "Durch das Arbeiten in einem Handwerksbetrieb wird der Erwerb von Fachsprache gefördert", sagt Rölling. "Die wird auch benötigt, um die Anpassungsqualifizierung mit Erfolg zu absolvieren."

Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht absehbar, viele Geflüchtete werden längere Zeit in Deutschland bleiben. Ihm und seiner Familie gefalle es gut in Miltenberg, sagt Kfz-Mechatroniker Dmytrio  Danyliuk. Seine Frau spricht bereits sehr gut Deutsch, sie arbeitet als Dolmetscherin für Flüchtlinge. "Jeder Mensch möchte in seiner Heimat wohnen, aber bei uns ist das derzeit nicht möglich. Wir sind gerne hier und auch unsere Kinder haben sich gut eingelebt", sagt der 36-Jährige. Und auch das Autohaus wünscht sich, dass er bleibt.

Das regionale Integrationsnetzwerk "MigraNet plus Franken" unterstützt Betriebe dabei, ausländische Fachkräfte weiterzuqualifizieren, wenn im Anerkennungsverfahren die Gleichwertigkeit mit dem deutschen Referenzberuf nur in Teilen festgestellt wird. Infos bei der Handwerkskammer für Unterfranken unter www.migranet.org und www.hwk-ufr.de

 
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  • Dietlinde Kremling
    Warum will er in Deutschland arbeiten. Zuhause in der Ukraine gibt es doch sicher genug Arbeit für einen jungen Mann?
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  • Klaus Buechner
    Ihnen ist schon aufgefallen, dass in der Ukraine Krieg herrscht ? Solange der "Junge Mann" hier sozialversichert beschäftigt ist bringt er doch dem Deutschen Staat (und damit uns allen) etwas ein in die Gemeinschaft....
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  • Ulrich Scheiner
    Keine Bürokratie in der BRD hindert Herrn Thorsten Bonn daran, Herrn Danylink nach seinem
    Können und hochgelobter Leistung entsprechend zu entlohnen. Alles andere ist Show, ob vom
    AG oder der MP.
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  • Isabella Ihrig
    Was ich nicht verstehe: offizielle Anerkennung des Ausbildungsberufes kann doch im Hintergrund bürokratisch ablaufen. Wenn der Mensch währenddessen im Betrieb genauso arbeitet wie alle anderen - was hindert die Arbeitgeber und daran, auch den gleichen Lohn zu zahlen?? Ist die Leistung unterschiedlich viel wert, nur weil der eine ein Stück Papier mit deutschem Stempel hat und der andere nicht?
    Bei uns ist die Ausbildung ja noch nichtmal zwischen zwei Betrieben vergleichbar. Ich kann auf dem Papier ausgebildeter KFZ-Mechatroniker sein mit top Noten sein weil ich gut schulisch lernen kann und trotzdem keine Bremsen reparieren können, weil ich im Ausbildungsbetrieb über Räderwechsel und Hofkehren nicht hinausgekommen bin. Im anderen Betrieb hingegen kann ich von ABS-Reparatur bis zum Zündspulenwechsel alles gemacht haben, wenn ich mit der Sprache Probleme habe sind die Noten halt oft nicht so toll.
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  • udo berndt
    Nur Propaganda nichts anderes. Da stellen sich Politiker hin und erzählen Märchen. Da kann man wirklich den Verdacht äußern das man gar keine Fachkräfte aus dem Ausland will. Unser Fall: Koch aus Moldawien mit einer Kochausbildung in einem 5 Sterne Hotel in der Schweiz nachweislich mit allen Zeugnissen. Versprochen von der Politik eine vereinfachtes Anerkennungsverfahren mit einer Dauer von 6 Wochen. Die IHK FOSA in Nürnberg hat 7 Monate gebraucht um zu Prüfen ob dieser Koch den deutschen Ansprüchen genügt und der Bescheid wurde nur so schnell bearbeitet weil sich die DEHOGA Bayern darum intensiv gekümmert hat. Macht nur so weiter ihr lieben Politiker.
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  • Florian Stenger
    Das ist halt Deutschland sich wieder hinstellen und sagen wir wissen und können alles der Rest der Welt kann nichts. Lasst doch die Leute einfach am Anfang eine praktische und theoretische Prüfung machen in Landessprache um festzustellen ob wissen da ist oder nicht. Deutsch lernt man nicht von heute auf morgen und manche können ihr Handwerk besser als manch deutscher.

    Unsere Ausbildung gehört doch auch längst reformiert. Bei uns gibt es Berufe die man im Betrieb lernen kann. Oder den gleichen Beruf auch drei Jahre rein schulisch wo Praxis und Theorie nur in der Schule sind mit einem Pflichtpraktikum von 6 Monaten zwischendrin. Und dann meckern die Firmen die Azubis wären so schlecht.

    Es stimmt das der Durchschnitt aus den Betrieben die Prüfung nur mit 3 oder 4 besteht. Aber vielleicht liegt es an den Betrieben den die Azubis wo die Ausbildung schulisch machen haben im Durchschnitt die Prüfung mit einer 1 oder 2 bestanden.

    Finde den Fehler.
    Praxiserfahrung sammelt man später.
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  • Herbert Stapff
    Von 1,18 Mill. arbeiten 135.000, demnach wollen noch weitere 1.045.000, die wir dringend brauchen können, aber Anpassungsqualifizierung, Gleichwertigkeit mit Referenzberuf, MigraNet, Integrationskurs und viele weitere typisch deutsche Bürokratiemonster stellen sich dem entgegen. Und das soll ein "Job-Turbo" sein? Es ist eine deutsche Arbeitsverhinderungsbremse, denn unsere Politik zeigt damit sehr deutlich, dass sie eigentlich will.
    Die Handwerkskammer ist inzwischen ein riesiger Verwaltungsmoloch, der als "Berg eine Maus gebärt" und nur 80 Gleichwertigkeitsfeststellungsverfahren und 400 Beratungsgespräche im Jahr schafft. Oder hat vielleicht die Autorin ein paar Nullen übersehen?
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