Der Würzburger Techno- und Elektroclub "Dornheim" grenzt sich bewusst von dem Begriff "Diskothek" ab und versteht sich selbst als ein Ort, an dem Kultur stattfindet. Auch deshalb hat das Dornheim sich als erster Würzburger Club der bundesweiten Initiative "Clubs are Culture" angeschlossen, die mehr Förderprogramme und rechtliche Spielräume in Bau- und Lärmverordnungen fordert.
Aber was unterscheidet Clubs eigentlich von Diskotheken und wie findet Kultur zwischen Technobässen und Kaltgetränken statt? Darüber hat diese Redaktion mit Dornheim-Inhaber Alexander Schmelz sowie dem Clubleiter Patrick Rheude und Programmleitung Denny Garcia gesprochen:
Patrick Rheude: "Hinter Diskotheken steckt häufig ein rein wirtschaftliches Interesse. Es wird häufig das gespielt, was bei der breiten Masse gerade angesagt ist. Deshalb ist die Disko auch ein Sammelort für Menschen, die einfach feiern gehen wollen. In Clubs ist das anders. Das Dornheim ist eine Begegnungsstätte für kreative Leute, hier kommen Szenen zusammen und musikalische Strömungen entstehen. Das Kommerzielle steht bei uns eher im Hintergrund. Es geht vielmehr um Idealismus, Kunst- und Musikszene.
Denny Garcia: "Die Initiative kämpft dafür, das Bewusstsein für Clubkultur im gesamtgesellschaftlichen Kontext zu erhöhen. Clubs sind genauso Kulturräume wie Theater und Museen, die als klassische Hochkultur gelten. Aber Kultur hat sich über die Jahrzehnte weiterentwickelt und ist viel mehr als das. Auch alle Erlebnisse, die man am Samstagabend in einem Club sammelt, können Kultur sein. Der finanzielle Aspekt spielt da auch mit rein. Nach Corona haben viele kleinere unabhängige Clubs Existenzprobleme."
Alexander Schmelz: "Konkret ändert sich dadurch gar nicht so viel. Es geht vielmehr um das Überleben der Clubs. Die Kosten für Personal, Technik und Betriebskosten steigen immer weiter. Der Club ist finanziell eine ganz fragile Sache, weil wir eben nicht rein kommerziell arbeiten. Wir wollen auch nicht sagen, dass der Staat oder die Stadt uns komplett fördern müssen. Aber wir wünschen uns, dass die Sensibilisierung für den Club als Kulturraum größer wird. Dadurch ist es dann auch möglich, dass man als Club mit Fördergeldern, die für die Kultur bereitstehen, unterstützt wird."
Alexander Schmelz: "Ich beobachte hier, dass der Club Menschen zusammenbringt, die total verschieden sind. Hier kommen auch mal konservative Menschen her und die treffen dann vielleicht auf die totalen Freaks. Hier entsteht dann eine Art Gemeinschaft, in der trotz aller Unterschiede viel Harmonie herrscht und wo es beinah nie zu Streitigkeiten kommt. Für viele junge Künstlerinnen und Künstler sind wir ein Ort der Identitäts- und Existenz stiftend, weil sie sich hier ausprobieren können."
Denny Garcia: "Wir stecken auch viele Überlegungen in unsere Konzepte und schauen, welche verschiedenen Elemente wir hier einbeziehen können. Wir hatten beispielsweise neulich eine Veranstaltung, bei der wir mit den Tänzerinnen und Tänzern des Mainfranken Theaters zusammengearbeitet haben. Wir arbeiten mit lokalen Dragqueens, mit Sängerinnen, Sängern und Bands. Aber wir versuchen auch internationale Kulturszene nach Würzburg zu bringen, mit Auftritten von Künstlern aus der Ukraine, zwei DJ's aus Israel oder einen schwulen russischen DJ, der im Exil lebt."
Denny Garcia: "Wie wichtig Clubs wie das Dornheim für Städte sind, sieht man ja an Weltstädten wie Berlin. Da gibt es das Phänomen des Techno-Tourismus. Viele Kunst- und Modelabels haben sich auch gerade deshalb in Berlin angesiedelt und die Stadt vielfältiger gemacht. Was in großen Städten funktioniert, das klappt auch in kleinen Städten. Das beobachten wir hier mit dem Dornheim auch. Ich würde behaupten, dass wir eine Strahlkraft bis nach Nürnberg, Frankfurt am Main oder Augsburg haben."
Alexander Schmelz: "Ja, wir wurden unter anderem vor ein paar Wochen von der Stadt Würzburg mit der Clubprämie ausgezeichnet. Oberbürgermeister Christian Schuchardt hat in dem Zusammenhang auch zu uns gesagt, wie wichtig er unsere Arbeit findet. Wir fördern auch sehr viele junge Künstlerinnen und Künstler in unserem Club und auch von denen bekommen wir viel positives Feedback. Die haben hier einen Ort, wo sie sich ausprobieren können. Auch unsere Stammgäste spiegeln uns regelmäßig wider, wie wichtig der Ort für sie ist. Von unseren Prism-Gästen wissen wir, dass sie sich lange einen Ort gewünscht haben, an dem sie Techno und Queer-Sein verbinden können. Unsere AKW-Veranstaltung beispielsweise zieht immer ein eher älteres Publikum an und die Veranstaltung ist immer weit vorher ausverkauft. Auch die haben immer viel Spaß hier und schätzen das Dornheim als Veranstaltungsort."
Alexander Schmelz: "Nein, auf keinen Fall."