Seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 berichtet diese Redaktion täglich über aktuelle Entwicklungen, liefert Zahlen und Fakten zur Corona-Lage. Als einer der wichtigsten Parameter gilt dabei die Sieben-Tage-Inzidenz: Lange Zeit war die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche entscheidend für Verschärfungen oder Lockerungen der Corona-Maßnahmen und für politische Vorgaben. Das ist vorbei, mittlerweile sind die meisten Beschränkungen aufgehoben.
Und erfreulicherweise sinken auch die Inzidenzen seit einigen Wochen relativ konstant, bundesweit wie auch in Unterfranken. So gibt das Robert Koch-Institut (RKI) den Wert an diesem Donnerstag mit 566,8 an, vor einer Woche lag er bei 826,0, vor einem Monat bei 1394,0. Allerdings: Diese Inzidenz liefert derzeit kein vollständiges Bild der Infektionslage.
Hohe Dunkelziffer nicht erfasster Corona-Infektionen
Expertinnen und Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, sprich einer hohen Zahl nicht beim RKI erfasster Fälle. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte bereits Ende März, er gehe von einer doppelt so hohen Zahl von tatsächlichen Neuinfektionen aus wie offiziell bekannt.
Dafür gibt es verschiedene Gründe - etwa, dass nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen und nur diese in die Statistik eingehen. Gleichzeitig ist der Umgang mit Corona lockerer geworden, nicht alle Menschen mit Erkältungssymptomen lassen sich noch testen und die flächendeckenden 3G-Regeln, die für viele Testungen gesorgt haben, sind Vergangenheit.
Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung in den Statistiken führen, insbesondere am Wochenende geben immer mehr Bundesländer keine Daten an das RKI weiter.
Das gilt seit Mai auch für Bayern: Die Gesundheitsämter müssen an Wochenenden und Feiertagen keine Fallzahlen mehr an das bayerische Landesamt für Gesundheit (LGL) übermitteln. Das wird am darauffolgenden Arbeitstag nachgeholt. Seinerseits übermittelt das LGL am Wochenende und an Feiertagen ebenfalls keine Daten mehr an das Robert Koch-Institut.
Krankenhausampel in Bayern hat längst keine politischen Konsequenzen mehr
Was bedeutet das für die Aussagekraft der Werte? "Entscheidend bei der Bewertung der aktuellen Inzidenzen ist, dass die Zahlen jetzt definitiv fallen", so formulierte es der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken Ende April gegenüber dieser Redaktion. Die absoluten Zahlen seien aktuell nicht mehr von größerer Bedeutung. Genauso wenig hätten "Grenzwerte von 35, 50 oder 100, wie früher, noch Sinn". Generell geht auch Dölken von einer hohen Dunkelziffer nicht erkannter Corona-Infektionen aus.
Das RKI analysiert deshalb regelmäßig – aber nicht tagesaktuell – weitere Parameter. Dazu zählen etwa die Anzahl der neu in Krankenhäuser aufgenommenen Covid-19-Erkrankten oder die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Patientinnen und Patienten mit Corona-Infektion.
Noch im Herbst hatte ein Anstieg solcher Parameter durch die Einführung der bayerischen "Krankenhausampel" kurzzeitig direkte Konsequenzen: Ab landesweit mehr als 1200 neuen stationären Covid-19-Patienten binnen einer Woche oder 450 Intensiv-Patienten schaltete sie auf "Gelb". Bei mehr als 600 Intensiv-Patienten in bayerischen Kliniken galt Stufe "Rot". Beide Stufen waren mit verschärften Corona-Regeln verbunden. Allerdings wurde die Ampel als Maßstab für Beschränkungen bereits Ende November aufgehoben. Seitdem diente sie nurmehr dazu, die Auslastung der Kliniken mit Covid-Patienten abzubilden.
Diese Redaktion hat sich daher dazu entschlossen, die Abbildung der Corona-Zahlen anzupassen. In unserem Online-Bericht zur Corona-Lage in Unterfranken finden Sie weiter täglich die aktuellen Sieben-Tage-Inzidenzen für alle kreisfreien Städte und Landkreise der Region sowie Berichte über neue Entwicklungen und Besonderheiten.
In der gedruckten Zeitung erscheint der Corona-Ticker künftig immer freitags mit den Sieben-Tage-Inzidenzen aus der Region sowie dem Vergleichswert der Vorwoche. Außerdem informieren wir Sie weiter dreimal wöchentlich in unserem Corona-Newsletter über alles, was Sie zur Pandemie wissen müssen. Abonnieren können Sie ihn unter www.mainpost.de/newsletter.
Die derzeitigen Zahlen treiben jedem Statistiker die Tränen in die Augen: Denn die Politik "empfiehlt" ja mittlerweile, dass man sich nach einem positiven Schnelltest selbst isolieren soll, und die Gesundheitsämter am besten außen vor lässt. Woher sollen also die richtigen Zahlen kommen?
Doch das ließe sich lösen, indem man sich eine repräsentative Zielgruppe sucht, denen kostenlos mehrere Schnelltests pro Woche zur Verfügung stellt, mit der Auflage, sich bei einem positiven Schnelltest auch einem PCR-Test zu unterziehen. Diese Zahlen könnte man dann hochrechnen.
So eine Zielgruppe waren bisher die Schüler.
Die täglich gemeldeten Zahlen sind daher sicherlich um ein Vielfaches zu niedrig...