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Würzburg
Historische Energiefresser: Weshalb in Würzburg noch immer einige Straßenlaternen mit Gas betrieben werden
In Würzburg werden noch immer einige Straßenlaternen mit Gas betrieben. Über die Historie der Straßenbeleuchtung in der Stadt und warum einige nie umgerüstet werden sollen.
Ein historischer Blick auf den heutigen Geschwister-Scholl-Platz. Im Hintergrund die Treppen zum heutigen Amtsgericht. 2750 solcher Gaslaternen gab es einst im Würzburger Stadtgebiet.
Foto: Historisches Archiv der WVV | Ein historischer Blick auf den heutigen Geschwister-Scholl-Platz. Im Hintergrund die Treppen zum heutigen Amtsgericht. 2750 solcher Gaslaternen gab es einst im Würzburger Stadtgebiet.
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:08 Uhr

Im Jahr 1814 begann mit Gaslaternen in London die Revolution des urbanen Lichts. Von da an wurden Städte heller und heller. Im Stadtteil Westminster der britischen Metropole wurden damals Öllampen gegen Gaslaternen ausgetauscht. Das war gleichzeitig der Beginn der gasbetriebenen Straßenbeleuchtung weltweit. Rund 40 Jahre später wurden die ersten auch in der unterfränkischen Stadt am Main installiert. Und auch heute noch, im Jahr 2022, erleuchten manche Laternen mit Gas die Würzburger Straßen. Doch wie zeitgemäß ist das noch?

Über die Straßenbeleuchtung in der Vergangenheit

Ihre Ausstrahlung schafft Atmosphäre, sagen die einen. Sie sind teuer im Unterhalt und ihre Technik ist aufwendig, sagen die anderen. Doch vor allem im Hinblick auf die Gas- und Energiekrise scheinen Gaslaternen vollkommen aus der Zeit geraten zu sein.

Die Würzburger Gaslaternen haben eine lange Geschichte: Zunächst erhellten Pechleuchten die Würzburger Straßen und Plätze. Diese konnten mit einem Scharnier wie bei Fensterläden zum Haus hin eingeklappt und so aus bequemer Position neu befüllt werden, heißt es aus dem Archiv der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV). Das Archiv besitzt über umfangreiche Informationen über die Würzburger Stadt- und Beleuchtungsgeschichte. 

Ein eigener Laternenkalender regelte den Anzündezeitpunkt und die Brenndauer der Pechleuchten. Dies war abhängig von der Jahreszeit und dem Mondstand. Besonders hell waren sie aber nicht.

Pechfackeln erleuchteten einst die Würzburger Straßen und Plätze. Hier eine Aufnahme von 1920 am Haus Domerschulgasse 9.
Foto: Historisches Archiv der WVV | Pechfackeln erleuchteten einst die Würzburger Straßen und Plätze. Hier eine Aufnahme von 1920 am Haus Domerschulgasse 9.

In den 1840er Jahren gab es dann erste Bestrebungen eine Gasfabrik in Würzburg zu errichten. Diese war notwendig, um eine Gasbeleuchtung in der Stadt überhaupt erst möglich zu machen. Die ersten Angebote wurden in den Jahren 1840 und 1845 eingeholt und vom damaligen Stadtrat (Magistrat) aus diversen Gründen (unter anderem aus Kostengründen oder weil man mutmaßte, die künstliche Beleuchtung in der Nacht könne Verbrechern mehr Aktivität ermöglichen) abgelehnt.

Im Jahr 1847 gab es dann einen generellen Beschluss, eine Gasbeleuchtung in Würzburg einzuführen. 1855 war es so weit: In diesem Jahr wurde die Gasfabrik errichtet, welche eine Beleuchtung der Straßen und Plätze durch Gaslaternen möglich machte. Am Vorabend von Kiliani, am 7. Juli 1855, wurden die ersten Gasleuchten feierlich in Betrieb genommen. In der Anfangszeit waren es 616 Straßen- und 150 Hauslaternen. Gegen Vandalismus - den es leider auch damals schon gab, unter anderem das Einwerfen der Lampengläser - erließ der Stadtrat im November 1855 eine "Verordnung zum Schutze der Gasbeleuchtung", in der er für jeden überführten Übeltäter 25 Gulden Belohnung versprach.

Einst leuchteten 2750 Gaslaternen im Stadtgebiet

Doch mit dem zunehmenden Straßenverkehr wuchsen auch die Anforderungen an die Straßenbeleuchtung: Die anfälligen und im Unterhalt sehr teuren Gaslaternen wurden nach und nach durch elektrische Straßenlampen ersetzt. Auch die Elektrifizierung machte den einst 2750 Gaslaternen in Würzburg Konkurrenz. Doch noch immer gibt es genau 94 Gasleuchten im Netz der Würzburger Straßenbeleuchtung.

Diese sollen allerdings aus wirtschaftlichen Gründen Zug um Zug durch Stromleuchten ersetzt werden. "Grundsätzlich ist eine Umrüstung der Gasbeleuchtungspunkte auf elektrische Beleuchtung vorgesehen", teilt Manuel Klopf vom Bereich Öffentliche Beleuchtung der WVV mit. "Sobald sich Synergieeffekte in Baumaßnahmen ergeben", soll die restliche Gasbeleuchtung durch elektrische Lichter ersetzt werden.

In Würzburg werden noch immer einige Straßenlaternen mit Gas betrieben. So stehen auf dem Residenzplatz 16 Stück - ein Zugeständnis an den Denkmalschutz.
Foto: Thomas Obermeier | In Würzburg werden noch immer einige Straßenlaternen mit Gas betrieben. So stehen auf dem Residenzplatz 16 Stück - ein Zugeständnis an den Denkmalschutz.

Einzige Ausnahme: Die 16 mit Gas betriebenen Laternen mit ihrem warmen Licht an der Residenz bleiben erhalten, ein Zugeständnis an den Denkmalschutz. Und auch auf der alten Mainbrücke sind noch "Alt-Würzburg-Leuchten zu finden" - diese wurden allerdings vor Jahren bereits umgebaut. Sie werden inzwischen mit Strom gespeist. So verhält es sich auch mit einigen weiteren an der Heidingsfelder Stadtmauer. Sie sehen noch historisch aus, sind aber elektrisch betrieben.

Eine Gasleuchte verbraucht gegenüber einer LED-Leuchte die 35-fache Energie

Das hat viele Vorteile. So verbraucht eine Gasleuchte gegenüber einer modernen LED-Leuchte die etwa die 35-fache Energie. Laut WVV haben die Gaslampen einen Energiewert von rund 1400 Watt (242 Watt pro Glühstrumpf; eine Gasleuchte hat sechs davon). Im Jahr 2021 haben die übrigen Gasleuchten so einen Gesamtverbrauch von etwa 450.500 Kilowattstunden verursacht.

Mit den Jahren wurden deshalb Gasleuchten umgerüstet - so auch in der jüngeren Vergangenheit. 2016 wurden im Rahmen einer Straßensanierung in der Rotscheibengasse, Moritzgasse zwei Gasleuchten durch elektrische Beleuchtungspunkte ersetzt. 2018 wurden 15 Leuchten an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet ersetzt. 2021 folgte dann eine Umrüstung einer Leuchte im Dürrenberg. 

Eine Gaslaterne auf der Würzburger Löwenbrücke.
Foto: Historisches Archiv der WVV | Eine Gaslaterne auf der Würzburger Löwenbrücke.

Die Kosten einer Umrüstung von Gas auf elektrisch können sehr variieren, teilt Manuel Klopf mit. Faktoren für die Kostenschwankungen sind beispielsweise, ob ein umfangreicher Tiefbau erfolgen muss, um den Gasanschluss außer Betrieb zu nehmen. Oder ob eine Übergabesäule errichtet werden muss, um die Leuchte aus dem Netz versorgen zu können. Auch die Frage, ob die Gasbeleuchtung durch einen historischen oder dekorativen Beleuchtungspunkt ersetzt werden soll, kann die Kosten unterschiedlich aussehen lassen. 

"Bei einem Gasbeleuchtungspunkt ist jede Standortsituation individuell und die Kosten werden somit immer situationsbedingt betrachtet und ermittelt", erklärt Klopf. Für den günstigsten Fall (Versorgungsleitungen für Gas und Beleuchtung liegen direkt vor dem Beleuchtungspunkt) müsse man mindestens etwa 5700 Euro ansetzen.

 
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  • F. E.
    Im Idealfall mindestens 5.700 Euro für eine Umrüstung!? Und dazu der enorme Energieverbrauch um die ganze Technik herzustellen und zu errichten. Eine ehrliche Rechnung wäre wünschenswert statt Verkaufsargumente der Herstellerindustrie. Und Insektenfreundlicher sollen Gaslaternen angeblich auch sein, soweit merken es die Motten durchaus.
    Wohlgemerkt sparen wir Energie damit unsere Industrie weiterhin genügend Gas zum Prodzieren hat. Für Privathaushalte würde das Gas ja leicht reichen. Da wäre die Frage, wieviel Enegie diese neuen Laternenstangen (aus extrem energieintensivem Stahl?) in der Herstellung verschlingen? Vermutlich so viel, dass man die Gaslernenen noch hundert Jahre ununterbrochen Tag und Nacht brennen lassen könnte. Daher finde es unschön einfach zu sagen, die neuen Leuchten würden die X- Anzahl an CO2 einsparen.
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  • G. B.
    Wenn es nur 16 Laternen sind, ist der Mehrverbrauch eher gering. Vielleicht kann man sie ja ab Mitternacht ausschalten.
    Wichtig ist aber eher, dass alle anderen Lampen (sicherlich zehntausend) hocheffizient sind.
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  • P. K.
    Manchmal ist Denkmalschutz nur blöd. Dass da immer noch Glühstrümpfe glühen merkt doch weder Touri noch Einheimischer und sogar den Motten wird es egal sein.
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  • H. S.
    Den Motten ist es sicherlich egal... Es sollte aber wirklich jeder den Unterschied zwischen Glühstrumpf und LED bemerken.
    Und weil es so schön ist, lasse ich auch manchmal zuhause Lampen mit Glühstrümpfen und fossilen Brennstoffen leuchten.
    Wirklich wunderschön!
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  • P. K.
    Wenn gleichzeitig die Residenz mit Hochleistungsstrahlern illuminiert wird bemerkt kein Mensch das altertümliche Licht.
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  • G. B.
    Wollen Sie der Residenz vielleicht auch einen Vollwärmeschutz verpassen?
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