
Ein Facebook-Post des CSU-Ortsverbands Ochsenfurt über die weitere Aufnahme von Geflüchteten hat in den vergangenen Tagen in Ochsenfurt mächtig für Zündstoff in den Sozialen Medien gesorgt. Vor allem der Zusammenhang, den die CSU zwischen der Schließung des Seniorenzentrums Fuchsenmühle und der Nutzung des Gebäudes als Flüchtlingsunterkunft herstellt, hat die Diskussion angeheizt. "Alte Leute rausschmeißen, weil man nicht das Nötigste investieren will und dann mit der Unterbringung von Flüchtlingen ohne Investitionen das Mehrfache verdienen, das lehnen wir als CSU kategorisch ab", heißt es dort. Doch stimmt dieser Zusammenhang überhaupt? Und was ist tatsächlich mit der Fuchsenmühle geplant?
Wurde die Fuchsenmühle geschlossen, um Geflüchtete unterzubringen?
Die Frage lässt sich klar mit nein beantworten. Verantwortlich für die Schließung ist der letzte Betreiber, die Curata Care Holding GmbH mit Sitz in Berlin. Die Gesellschaft hatte Anfang Januar Insolvenz angemeldet und angekündigt, das Haus spätestens Ende April zu schließen. Die 62 Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Angehörigen standen unvermittelt vor dem Problem, in kurzer Zeit einen neuen Pflegeplatz zu finden. Der Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen BKSB warf Curata vor, Profitinteressen vor das Wohl der Seniorinnen und Senioren zu stellen.
Warum hat kein anderer Betreiber die Fuchsenmühle übernommen?
Nach Bekanntwerden der Insolvenz kam es auf Initiative von Landrat Thomas Eberth zu intensiven Gesprächen mit regionalen Betreibern von Senioreneinrichtungen, darunter auch das Kommunalunternehmen des Landkreises (KU). Dazu wurden auch Gespräche mit den Eigentümern aufgenommen, der Immobiliengesellschaft Grand City Property (GCP). Eine Lösung scheiterte vor allem am Sanierungsstau, der in den Jahren zuvor aufgelaufen war. So konnten die Pflegeplätze der Fuchsenmühle nur noch zum Teil genutzt werden, weil die Zimmer nicht mehr den geltenden Mindeststandards entsprachen. Der damalige KU-Vorstand Alexander Schraml bezeichnete eine Sanierung der Fuchsenmühle als "Fass ohne Boden".
Wollte GCP die Fuchsenmühle für die Unterbringung von Flüchtlingen verpachten?
Ja. Wie ein Sprecher der Regierung von Unterfranken damals bestätigte, hatte GCP die Fuchsenmühle als Unterkunft für Geflüchtete angeboten. Die Regierung von Unterfranken sei nicht auf dieses Angebot eingegangen, auch im Wissen darum, dass daraus ein direkter, wenn auch falscher Zusammenhang zur Schließung des Seniorenheims hergeleitet werden könnte. Die Stadt Ochsenfurt reagierte mit der Aufstellung eines Bebauungsplans, der die ausschließliche Nutzung der Fuchsenmühle als Seniorenheim festschreibt. Bis zur Rechtskraft des Bebauungsplans wurde eine Veränderungssperre erlassen.
Wieso stellt die CSU Ochsenfurt den Zusammenhang zwischen der Schließung und der Unterbringungen von Geflüchteten her?
CSU-Ortsvorsitzender Benedikt Zeplin bezeichnet seinen Facebook-Post auf Nachfrage der Redaktion als "Testballon", mit dem er die Stimmungslage erörtern wollte. Die Zuspitzung des Themas sei in der politischen Diskussion "nichts Falsches". In einer Facebook-Gruppe, in die der Post geteilt wurde, entfachte sich eine rege Diskussion, gespickt mit hetzerischen Formulierungen gegen Geflüchtete. Unter anderem ist dort von "Sozialschmarotzern" die Rede und von der "Vertreibung" der Senioren aus der Fuchsenmühle.
Wie steht die CSU-Fraktion im Stadtrat zu dem Facebook-Post?
Auf Nachfrage distanziert sich Fraktionsvorsitzende Judith Schieblon vom Post des Ortsvorsitzenden. "Für mich ist Facebook nicht die Plattform, um ein so schwieriges Thema angemessen zu diskutieren", sagt sie gegenüber dieser Redaktion. Der Beitrag sei weder mit dem Vorstand des Ortsverbands, noch mit der Fraktion abgesprochen gewesen. Gleichwohl fordert Schieblon eine sachliche Diskussion über Belastungsgrenzen der Kommune, etwa hinsichtlich der Kindergarten- und Schulplätze. "Wir müssen uns fragen, was unser soziales Gefüge noch stemmen kann", so Schieblon. In der Stadtratssitzung vom Donnerstag werde sich die CSU-Fraktion ausführlich zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge in Ochsenfurt positionieren.
Wie steht Landrat Thomas Eberth zur Unterbringung von Geflüchteten in der Fuchsenmühle?
Das Landratsamt hat einen Antrag auf Aufhebung der Veränderungssperre für die Fuchsenmühle gestellt, der ebenfalls in der Stadtratssitzung vom Donnerstag beraten werden soll. Es sei "volkswirtschaftlicher Irrsinn", andernorts Mehrzweckhallen und Büros zu räumen, um Notquartiere für Geflüchtete einzurichten und gleichzeitig ein voll ausgestattetes Gebäude leer stehen zu lassen, so der Landrat und CSU-Kreisvorsitzende Thomas Eberth gegenüber der Redaktion.
Wie ist die Meinung dazu im Ochsenfurter Stadtrat?
Die CSU und auch Bürgermeister Peter Juks (UWG) haben bereits angekündigt, die Aufhebung der Veränderungssperre abzulehnen. So sieht es auch der Beschlussvorschlag an den Stadtrat vor. In der Vergangenheit hat Juks bereits mehrfach die ungleiche Verteilung der Flüchtlinge innerhalb des Landkreises kritisiert. Mit über 400 Geflüchteten in Gemeinschafts- und Notunterkünften sei Ochsenfurt die mit Abstand am stärksten belastete Kommune im Landkreis Würzburg. "Wir stellen uns auch weiterhin unserer Verantwortung, aber wir fordern, dass die übrigen Gemeinden auch ihre Hausaufgaben machen", so Juks.
Die öffentliche Sitzung des Stadtrats beginnt am Donnerstag, 21. Dezember, um 19 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Beitrags lautete die Überschrift: "Mussten Senioren raus, damit Geflüchtete einziehen können?". Weil die Frage klar mit "nein" beantwortet werden muss und dadurch erneut Missverständnisse entstehen könnten, haben wir die Überschrift geändert.
Warum hat man da seitens der Stadt nicht früher etwas dagegen unternommen, wenn schon seit April dieser Schritt geplant war? Wo sind jetzt die älteren Herrschaften untergebracht?
Das ist schon ein ziemlich unterirdisches Gebahren!