
"Wir haben uns einfach hilflos gefühlt", sagt Claudia Becker. Mit einem gut gefüllten Ordner vor sich sitzt sie im Gastraum des Ochsenfurter Gasthofs "Zum Anker", den sie gemeinsam mit ihrem Mann Horst betreibt. Darin befinden sich – fein säuberlich einsortiert – Unterlagen, die die anstrengende Suche nach Pflegeplätzen für ihre Schwiegermutter und ihren Vater dokumentieren.
Um die 50 Heime in der Region müssen es gewesen sein, bei denen sie in den vergangenen Tagen nach freien Plätzen gefragt habe, sagt Becker. Stunden habe sie am Telefon verbracht, doch immer nur Absagen erhalten. Oder mit etwas Glück ein Angebot, sich auf die Warteliste setzen zu lassen.
Doch Zeit zu warten haben die Beckers nicht. Denn zum 30. April wird das Seniorenheim Haus Fuchsenmühle, in dem ihre Angehörigen zurzeit noch wohnen und betreut werden, voraussichtlich schließen. Die rund 60 Bewohnerinnen und Bewohner brauchen bis dahin eine andere Bleibe.
Große Belastung für die pflegebedürftigen Bewohner
"Mir hat es fast die Füße weggezogen", beschreibt die Wirtin den Moment, als sie in einem Brief des Heimbetreibers von der bevorstehenden Schließung erfahren hat. Denn sowohl ihre Schwiegermutter Hedwig Becker als auch ihr Vater Karl-Heinz Brandl sind weit über 80, dement und auf Vollzeitpflege angewiesen.
Nur einen Tag später hätten sie bereits mit der Suche nach einem neuen Seniorenheim begonnen, sagt ihr Mann. Denn dass es nicht leicht werden würde, sei ihnen klar gewesen. Schließlich sei der Mangel an Pflegeplätzen kein Geheimnis.
Wie schwierig es tatsächlich werden würde und wie anstrengend die kommenden Tage und Wochen, das hätten sie zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht geahnt. "Gerade mit der Selbstständigkeit ist das schwierig. Wir kümmern uns hier um alles selbst und sind da nicht so flexibel", sagt der gelernte Koch und Wirt des Gasthofs. Zwar hätten die Betreiber der Fuchsenmühle in ihrem Schreiben Hilfe bei der Suche nach Pflegeplätzen angeboten, doch konkrete Unterstützung hätten er und seine Frau nicht bekommen.
Auch für die pflegebedürftigen Verwandten der Wirtsleute selbst ist die Situation eine große Belastung. Beide wohnen den Beckers zufolge seit fast eineinhalb Jahren in der Fuchsenmühle und haben sich dort immer wohlgefühlt. "Das sind ganz tolle Pfleger dort, die sich immer rührend gekümmert haben", sagt Claudia Becker. Besonders bei ihrem Vater Karl-Heinz Brandl habe die bevorstehende Schließung deshalb für große Aufregung gesorgt. "Er kann nicht verstehen, dass er weg muss", sagt sie.
Hedwig Becker bekäme aufgrund ihrer fortgeschrittenen Demenz nicht mehr so viel mit. Allerdings sei ihre Zimmernachbarin mittlerweile bereits ausgezogen, was bei der 84-Jährigen für Verwirrung sorge. "Es wird schwierig für sie sein, ihr gewohntes Umfeld verlassen zu müssen", vermutet Becker.
Auswahl der Pflegeeinrichtung auch eine Frage des Preises
Gerne hätten sie und ihr Mann wieder ein Heim in der Nähe gefunden, wie sie sagen. Zur Fuchsenmühle hatte das Ehepaar keine fünf Minuten mit dem Auto. "Aber man kann sich nicht aussuchen, was man haben möchte", berichtet Claudia Becker von ihren Erfahrungen, "man muss nehmen, was man bekommt." Im Umkreis von 30 Kilometern sei nichts zu bekommen gewesen. "Entweder fehlen die Betten oder das Personal", sagt sie.

Gleichzeitig sei die Auswahl eines Pflegeheims auch eine Preisfrage und die Unterbringung in einer anderen Einrichtungen teilweise wesentlich teurer als in der Fuchsenmühle. Die Senioren in unterschiedlichen Heimen einzuquartieren, wäre für die Beckers auch keine Lösung. Der logistische Aufwand wäre einfach zu groß.
Dann endlich – nach langer Suche – ein Erfolg für die Beckers: Im Seniorenzentrum Bergtheim sind zwei Plätze frei. Das sei weiter entfernt als erhofft – etwa 40 Kilometer einfache Fahrt, sagt Horst Becker. Zufrieden sei er trotzdem. "Hauptsache, wir haben jetzt zwei Plätze."
Ein Paradebeispiel für den Pflegenotstand
Allerdings gibt die schwierige Suche dem Ehepaar zu denken. "Das hat uns gezeigt, wie schwierig die Situation in der Pflege wirklich ist. Und wenn die Politik nichts ändert, wird das in den nächsten Jahren noch schlimmer", befürchtet Claudia Becker.
Die Familie muss nun Ende Januar noch den Umzug bewältigen. Eineinhalb Stunden hätten sie, um die Zimmer ihrer Angehörigen zu räumen. "Das ist mehr als sportlich", meint die Wirtin. Ein Hausarzt in Bergtheim müsse noch gefunden, Wohnadressen der Senioren bei den Kommunen und Versicherungen geändert werden. Ganz geschafft ist es also noch nicht. Dennoch: Es überwiege die Erleichterung, rechtzeitig etwas gefunden zu haben, sagt Becker. "Alles andere schaffen wir jetzt auch noch."
Wir steuern auf eine Katastrophe zu die seit Jahren absehbar ist.
Dann will es wieder wie üblich keiner der gewählten Politiker gewesen sein.
Für so eine miese Arbeit reut es einem wirklich das wir weltweit einen der höchsten Steuersätze haben uns das bei vergleichsweisen hohen Einkommen in weltweiten Vergleich.
So langsam hinkt die Gegenleistung gewaltig.