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Würzburg
"Habe den Angeklagten ins Gesicht geschlagen": Türsteher sagt im Prozess um tödliche Messerstiche in Würzburg aus
Das Landgericht Würzburg hat einen wichtigen Zeugen zu den tödlichen Messerstichen vor Stift Haug angehört. Zwei Club-Besucherinnen schildern den Vorfall anders.
Die Aufklärung der tödlichen Stiche vor Stift Haug ist für die Kammer des Landgerichts Würzburg um den Vorsitzenden Richter Thomas Schuster (Mitte) weiter eine Herausforderung.
Foto: Thomas Obermeier | Die Aufklärung der tödlichen Stiche vor Stift Haug ist für die Kammer des Landgerichts Würzburg um den Vorsitzenden Richter Thomas Schuster (Mitte) weiter eine Herausforderung.
Aaron Niemeyer
 und  Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 07.07.2024 02:34 Uhr

Viel ist über ihn gesprochen worden, nun sagte er im Prozess um die tödlichen Messerstiche am Stift Haug aus: Der Türsteher des Würzburger Clubs "Studio" hat an diesem Mittwoch vor dem Landgericht zugegeben, den 23-jährigen Angeklagten vor dessen tödlichen Stichen angegriffen zu haben. "Ich habe den Angeklagten zwei, drei Mal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen", sagte er im Zeugenstand. 

Nach einem Streit vor dem Club im September 2023 hatte der Angeklagte einen 28-Jährigen tödlich und zwei weitere Personen schwer mit einem Messer verletzt. Angeklagt ist er wegen Totschlags, er selbst spricht von einer Notwehr-Situation: Er sei von zahlreichen Personen bedrängt, geschlagen und getreten worden und habe sich verteidigt.

Der Türsteher sagte nun, der 23-Jährige habe ihn und seine Freundin wüst beleidigt. Er habe den Angeklagten mehrfach erfolglos aufgefordert, zu gehen – und ihm deswegen die "mittelschweren" Schläge verpasst. "Ich habe ihn nicht gestreichelt, aber auch nicht die Absicht gehabt, ihm die Zähne auszuschlagen."

Zwei Zeuginnen sprechen am Landgericht Würzburg von Faustschlägen

Der Angeklagte sei nach den Schlägen auf die andere Straßenseite gegangen, sagte der Türsteher. Für ihn sei "die Sache damit erledigt" gewesen. Nach plötzlichen Schreien am Kreisverkehr vor Stift Haug habe er gesehen, wie die Frau, die als Zeugin im Prozess eine zentrale Rolle spielt, dort zu Boden ging. Ein Mann sei direkt "an ihr dran" gewesen. Genau habe er es nicht gesehen, sagte der Zeuge. Das unmittelbare Geschehen vor den Stichen habe er gar nicht gesehen.

Eine andere Version der Tatnacht schilderten zwei Zeuginnen am Mittwoch. Sie hätten sich kurz vor dem Vorfall noch mit dem 28-Jährigen unterhalten, sagten die Stammbesucherinnen des "Studio". Er sei gut gelaunt und entspannt gewesen. Als er einen Konflikt nahe dem Club-Eingang bemerkte, sei er mit den Worten "Ich bin gleich wieder da" dorthin gegangen. Kurz darauf hätten sie – anders als der Türsteher – eine Schlägerei am Kreisel gesehen, sagten die Zeuginnen: "Die Fäuste sind geflogen, jeder gegen jeden."

Landgericht Würzburg geht nicht auf Aufhebung des Haftbefehls ein

Die Situation habe sich aus ihrer Sicht daraufhin beruhigt, so die beiden Club-Besucherinnen. Dann habe ein Mann eine Frau auf der gegenüberliegenden Seite des Kreisels getreten. "Ich habe nur gesehen, wie dieser Typ auf dieses Mädel los ist", sagte eine der beiden. Die Frau habe laut geschrien. Die zentrale Zeugin hatte ausgesagt, geschrien zu haben. Einen angeblichen Angriff gegen sie hatte sie in ihren beiden, teils widersprüchlichen Aussagen vor Gericht selbst explizit verneint.

Der 23-jährige Angeklagte betrat an diesem siebten Verhandlungstag den Gerichtssaal erstmals ohne Fußfessel. Das Landgericht hatte keinen "dringenden" Tatverdacht mehr gesehen und den Haftbefehl gegen ihn in der vergangenen Woche aufgehoben. Seit der Festnahme im September 2023 hatte der 23-Jährige in Untersuchungshaft gesessen.

Besucherinnen und Besucher mussten Handys vor Verhandlung abgeben

Der Vorsitzende Richter Thomas Schuster erläuterte die Freilassung am Mittwoch nicht. Auch auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Aufhebung ging er nur am Rande ein: Das Gericht wolle in den kommenden Verhandlungstagen darüber entscheiden.

Das Gericht hat die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Verfahren indes verschärft. Vor dem Sitzungssaal mussten alle Besucherinnen und Besucher ihre Handys abgeben. In der Vergangenheit hatte das Gericht mehrmals auf das Verbot, das Verfahren aufzuzeichnen, verwiesen. 

Das Verfahren am Landgericht Würzburg wird an diesem Donnerstag, 8 Uhr, fortgesetzt.

 
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Kommentare
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  • Johannes Metzger
    Da hat wohl die Staatsanwaltschaft nicht ausreichend in alle Richtungen ermittelt.
    Ich bin mal gespannt, wie es in diesem Prozess, bei dem die Art und das Ausmaß der Schuld für manche schon im Vorhinein feststand, weitergeht und das Urteil zum Schluss ausgeht. Sich in dem Gewirr von widersprüchlichen Zeugenaussagen zurecht zu finden, ist sicher für das Schöffen?Gericht nicht einfach. Mit einem schnellen Urteilsspruch ist wohl nicht zu rechnen.
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  • Alexander Götz
    Das ist ja "wundervoll", Haftbefehl wurde erlassen und läuft draußen frei herum, typisch Deutschland. Wenn ich jetzt das schreibe, was meine Mutter und Oma dazu gesagt hätten, würde ich gespeert werden! Es ist einfach nur unfassbar, manche deutsche Gesetze. In der USA, wäre definitiv was anderes passiert mit dem Angeklagten.
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  • Klaus Buechner
    Deshalb ist es gut so, dass in Deutschland Richter und Staatsanwälte solche Entscheidungen treffen, die etwas von der Materie verstehen. Und nicht irgendwelche Sofa-Richter mit merkwürdigen Ansichten und Fantasien.....
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  • Thomas Ment
    Was wäre denn in den USA passiert?

    https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/fehlurteil-usa-freilassung-100.html

    Sowas vielleicht?
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  • Peter Koch
    Das wird ja immer toller!
    In einem früheren Artikel war zu lesen, dass nur ein Zeuge zur Tatzeit nüchtern war. Wurde eigentlich geprüft wegen welcher Drogen der Rest nicht nüchtern war?
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  • Johannes Metzger
    Vermutlich die überall verfügbare harte Droge Alkohol.
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  • Peter Koch
    Bitte stellen Sie keine solchen Vermutungen ohne ausreichende Beweise auf.
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