
Die Schilderungen im Gerichtssaal in Würzburg sind furchtbar: dieser Hammer, den der Richter in der Hand wiegt, und der aussieht wie ein Werkzeug, das fast jeder daheim hat, soll eine Mordwaffe sein? Mit ihm soll der Angeklagte eine Frau in ihrer Wohnung in Würzburg plötzlich angegriffen und schwer verletzt haben. An diesem vermutlich vorletzten Prozesstag werden die Bilder der furchtbaren Wunden gezeigt, die dieser Hammer schlug.
Rechtsmediziner Michael Bohnert erklärt die schrecklichen Verletzungen: Zwölf harte Schläge trafen die Schädeldecke der jungen Frau. Ob jemand daran stirbt oder überlebt, hänge trotz aller ärztlichen Bemühungen manchmal vom Zufall ab: "In diesem Fall hat Frau L. schlicht Glück gehabt." Spätschäden wie epileptische Anfälle können nicht ausgeschlossen werden.
Als sie das Bild des Angeklagten sah, krümmte sich die Frau vor Angst
Mordermittler Marco Haßmüller schildert im Zeugenstand, wie sich das Opfer auf der Intensivstation mit der Erinnerung plagte, als er es befragte: Auf dem Überwachungsmonitor zeigte der Puls der Studentin mit den tiefen Kopfwunden samt Schädel-Hirn-Trauma zunächst einen Wert von 80 an, als ihr der Kripo-Mann die Fotos mehrerer Männer zeigte.
Als das Bild des Angeklagten auftauchte, schnellte der Puls der Frau auf 140 hoch, sie krümmte sich vor Angst in ihrem Bett zusammen. "Es war eindrucksvoll", sagt der Ermittler. Diese Reaktion und das Blut des Opfers auf der Kleidung des 28-jährigen Handwerkers ließen schnell den Zweifel schwinden: er hatte den Täter.
An seinem 28. Geburtstag schlug er mit dem Hammer zu
Die fünf Würzburger Richter haben sorgfältig das Mosaik einer furchtbaren Tat zusammengesetzt. Sie lauschten dem Opfer und dem Ringen des Angeklagten, sich und anderen seine Tat zu erklären, den Polizisten, Augenzeugen, Freunden, Familien und Sachverständigen. Mit respektheischender Geduld hat sich die Justiz in dem Fall über mehrere Prozesstage hinweg der Kernfrage genähert: Wie tickt der merkwürdige Mann auf der Anklagebank, des so sanft wirkt, aber unerwartet mit mörderischer Wucht auf den Kopf einer jungen Frau einschlug?
Man könnte fast Mitleid bekommen mit ihm: Ein Kerl, so tapsig wie ein großer Bär, aber mit geringem Selbstbewusstsein. Gemobbt, gekränkt, geknickt schon in der Schule. Der nie ein Mädchen abbekam.
An seinem 28. Geburtstag schlug der Handwerker urplötzlich mit einem Hammer auf eine junge Frau ein - immer wieder, bis die Studentin, bei der er Fenster reparieren sollte, blutüberströmt vor ihm lag.
Gutachter: "Es geht vor allem um das Ausüben von Macht"
Er brachte nicht fertig, was ihm seine Gewalt- und Sex-Videos vorgegaukelt hatten: Eine wehrlose Frau sexuell zu missbrauchen. Stattdessen schwenkte sein Verhalten in "hilfsbereit" um. Er fühlte Puls und lauschte der Atmung, holte Hilfe für die Verletzte und versuchte, seine Schuld durch Erfinden eines angeblichen anderen Täters zu vertuschen. Und nun will er nicht verstehen, warum die Frau seine Entschuldigung nicht hören will. Sie sagte vor Gericht: "Es gibt Dinge, die man nicht verzeihen kann."
Dem Angeklagten "geht es vor allem um das Ausüben von Macht", erklärt der psychiatrische Gutachter. Er spricht von einem intelligenzgeminderten Mann mit nekrophilen Neigungen und dem Bedürfnis, bewundert zu werden. "Wenn man ihn zurückweist, hat man sich dafür zu entschuldigen", versucht der Gutachter zu erklären, wie der Angeklagte denke. Andernfalls drohe ein Kontrollverlust in seinem Verhalten und der Versuch, die Enttäuschung mit dem Konsum gewalttätiger Pornofilme zu kompensieren, in denen Frauen getötet und vergewaltigt werden.
Urteil vielleicht schon an diesem Dienstag
Der Gutachter attestierte dem Angeklagten eine narzisstische Persönlichkeitsstörung sowie eine sadistisch geprägte Sexualpräferenz. Er bejahte eine eingeschränkte Schuldfähigkeit und betonte, dass der Angeklagte eine Gefahr für seine Mitmenschen bleibe. Ohne Behandlung bestehe "eine hohe Wahrscheinlichkeit von nicht vorhersehbaren weiteren Taten".
Ob das für den 28-jährigen Angeklagten Gefängnis oder Klinik bedeutet, entscheidet das Gericht vielleicht schon nach den Plädoyers an diesem Dienstag.