
Im Prozess gegen den Handwerker, der im Mai 2022 in Würzburg eine Studentin in ihrer Wohnung mit dem Hammer niedergeschlagen haben soll, zeichnen die Ermittler im Zeugenstand ein Bild des Grauens. Bis in den Hauseingang in der Rottendorfer Straße reichten auf den Treppenstufen die Blutspuren - teils durch den Täter dort hinterlassen, teils von der Schwerverletzten, die aus der Wohnung geflohen war. Im Bad, im Flur und im Zimmer der 26-Jährigen klebte Blut auf dem Boden und an den Wänden. Selbst an der Decke fand die Spurensicherung später noch Spritzer.
Die Analyse der Ermittler offenbart am Landgericht Würzburg vom Tathergang ein weitgehend klares Bild. Und der Beschuldigte, des versuchten Mordes angeklagt, bricht an diesem dritten Prozesstag sein Schweigen über einem mögliches Motiv - und schildert die Tat noch einmal aus seiner Sicht.
Zeugen gehört: Freunde und Kollegen hätten dem Angeklagten die Tat nicht zugetraut
Zunächst aber bescheinigen die geladenen Zeugen, darunter Freunde, frühere Arbeitskollegen und Familienmitglieder des Angeklagten, dem 28-Jährigen vor allem zwei Eigenschaften: stetige Hilfsbereitschaft und Höflichkeit. Auch wenn er beim gelegentlichen Feiern hin und wieder Streit gesucht habe, habe er sich jedes Mal rechtzeitig zurückgezogen, bevor es ernst wurde, schildern sie. Aggressiv ihnen gegenüber sei er nie gewesen.
Sie alle seien von einem Irrtum ausgegangen, als sie von der mutmaßlichen Tat erfahren hatten. Der 28-Jährige habe sicher wieder mal zu viel Blödsinn geredet und sich so in Schwierigkeiten gebracht, sagt ein Arbeitskollege im Zeugenstand aus. Bestimmt habe ihn die Polizei deshalb mitgenommen, habe er vermutet. Und sei sicher gewesen: Gewesen sein könne der 28-Jährige es nicht. Er habe gedacht, dass sein Freund den wahren Täter decke, sagt ein Zeuge aus.
Dass er die junge Frau mit dem Hammer niedergeschlagen hat, bestreitet der Angeklagte nicht. Nach den Vernehmungen richtet er sich an jeden einzelnen Zeugen: Sechsmal erklärt er an diesem Verhandlungstag, dass er die Tat gestanden habe. Und dass er hoffe, dass die Beziehung zu seinen Freunden und der Familie nicht abreiße und sie ihn in der Justizvollzugsanstalt besuchen werden.
Angeklagter bricht sein Schweigen und spricht über mögliches Tatmotiv
Über den 9. Mai zu sprechen, scheint dem 28-Jährigen schwer zu fallen. Er atmet tief durch. Macht immer wieder kürzere Pausen. Er sei immer alleine und frustriert gewesen, sagt er. Er habe sich eine Partnerin gewünscht. Doch sein Ziel, mit 30 Jahren ein Haus und eine Familie zu haben, sei von Jahr zu Jahr in weitere Ferne gerückt. Die Hoffnung darauf hab er irgendwann aufgegeben.
Nachdem sich dann vor drei Jahren - nach nur zweiwöchiger Beziehung - seine erste feste Freundin von ihm getrennt habe, sei er in ein Loch gefallen. Immer häufiger habe er sich Gewalt-Pornos angeschaut, sei regelrecht süchtig danach geworden. In der Disko habe er zwar Frauen angesprochen, doch die hätten ihn abgewiesen: "Ich habe mich immer gefragt: Warum? Bin ich so hässlich?" Das habe ihn zwar frustriert, aber nicht zu einem Frauenhasser gemacht, beteuert er.
Angeklagter will wie fremdgesteuert gehandelt haben
Er habe nie geplant, sich an einer Frau zu vergreifen, sagt der 28-Jährige vor Gericht. Doch an jenem Tag im Mai sei es mit ihm "durchgegangen". Während seiner Arbeit in dem Wohnhaus in der Rottendorfer Straße seien ihm die Pornoszenen in den Kopf geschossen. Und weil er alleine mit der Studentin in der Wohnung war, habe er sich vorgestellt, sie zu erschlagen und sich sexuell an ihr zu vergehen. Wie hypnotisiert sei er mit dem Hammer zu ihrem Zimmer gegangen.
Nach dem ersten Schlag sei sie zu Boden gegangen und habe sich verängstigt neben dem Bett in die Zimmerecke gekauert. Sie habe geweint, als er erneut zum Schlag mit dem Hammer ausholte und habe mehrmals "Warum?" gefragt. Er habe weiter auf sie eingeschlagen, sagt der 28-Jährige. Wie oft, das könne er nicht mehr sagen. Gefühlt habe er in diesem Moment nichts. Er sei "zum Biest" geworden.
Erst, als sie sich nicht mehr regte, habe er seine Tat realisiert und Panik bekommen. Im Badezimmer habe er den Hammer abgewaschen, habe Hilfe holen wollen - und sei aus dem Haus gerannt. "Es tut mir wirklich fürchterlich, fürchterlich leid", sagt der Angeklagte aus. Seine Tat habe er vertuschen wollen, weil er Angst vor den Konsequenzen hatte.
Bislang hatte sich der Angeklagte einem psychiatrischen Gutachten verweigert. Jetzt aber stimmt er zu. Um seine Schuldfähigkeit prüfen zu lassen, hat der Vorsitzende Richter Thomas Schuster den nächsten Verhandlungstag am Landgericht deshalb auf Montag, 27. März, verschoben.