zurück
Würzburg
Glosse: Wie Würzburg der Weihnachts-Hysterie verfällt
Es dauert nur noch wenige Tage bis Heiligabend - könnte man zumindest meinen. Ein Besuch in der Innenstadt zeigt: Die Vorweihnachtspanik ist in vollem Gange. Doch warum?
Endlich Weihnachten! Moment, das dauert ja noch ein wenig. Wer jedoch in der Stadt unterwegs ist, kann sich vor der Vorweihnachtspanik kaum retten.
Foto: Patty Varasano | Endlich Weihnachten! Moment, das dauert ja noch ein wenig. Wer jedoch in der Stadt unterwegs ist, kann sich vor der Vorweihnachtspanik kaum retten.
Lucas Kesselhut
Lucas Kesselhut
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:19 Uhr

Alle Jahre wieder, kommt... der Weihnachtsstress. Weihnachten, das kennen Sie. Das ist dieses für die große Zahl der Kirchenverweigerer auf die Entgegennahme von Geschenken reduzierte Wintersonnenwendenfest. Und das merkt jeder wahrlich jetzt schon. WEIHNACHTEN! CHRISTSTOLLEN! ADVENT! Um Gottes willen, in gut fünfeinhalb Wochen ist ja schon Heiligabend. Schöne Bescherung aber auch.

Von dieser Erkenntnis sind augenscheinlich auch viele Würzburger mehr oder minder überrascht worden. Denn wer jetzt noch an einem Samstag die Innenstadt betritt, begeht den größten Fehler, den man Mitte November wohl machen kann. Zwischen Shoppingtüten und Daunenjacken findet sich der gemeine Stadtbummler als vorweihnachtliche Ölsardine wieder. Wohlig warm behütet und eingepackt in einer Mischung aus Stress-Schweiß, elektrisiertem Haupthaar und dem Fiffi von Frau Müller, der zu seinem Leidwesen in den überfüllten Kaufhof mitgeschleppt wird – und nach dieser Aktion ein Ohr weniger hat. Armes Ding.

Eine Krawatte oder doch lieber die Thymianseife?

Dann heißt es zwanzig Minuten an der Kasse stehen, nur um den grimmig gelaunten Konsummitläufern zuzuschauen, wie sie ein Paar hässliche Weihnachtssocken für Onkel Rüdiger bezahlen. Und das nur, um sie dann am 23. Dezember stolz sagen zu hören: "Also ich habe ja schon alles im November gekauft". Meine Wenigkeit hätte bis zum 24. Dezember längst wieder vergessen, welches Geschenk in welcher bunten Verpackung ist, so dass Oma versehentlich den E-Scooter bekommt und das Enkelchen den guten Scotch aus Schottland.

Doch heißt es nicht jedes Jahr von der Zellerau bis zur Lindleinsmühle, von der Sanderau bis Grombühl: "Natürlich, wir schenken uns nichts?" Und erst recht keine Zwangsmitbringsel, keine Krawatte für den Vater, keine Thymianseife für die Tante - und schon gar nicht das zehnte Heizkissen für Großmutter. Aber es kommt ja wahrlich immer anders, als man denkt.

Mit dem Adventskalender ins Minus

Einen Tipp noch für alle, die dieses Jahr keinen öden Schoko-Adventskalender verschenken wollen. Der Einzelhandel hat sich Gedanken gemacht, mit welchen kreativen Ideen sich noch mehr Geld scheffeln lässt. Die Marge vom 0,95 Euro-Schoki-Kalender ist für einen Geschäftsmann anscheinend nicht attraktiv genug. Die Ergebnisse dieser Ideensammlung sind mittlerweile in jedem Würzburger Kaufhaus oder Drogeriemarkt zu finden.

Es gibt heute Kalender für weitaus mehr Kohle. Zum Beispiel eine Version mit 24 Paar Socken. Für 200 Euro. Oder mit 24 Sexspielzeugen für 120 Euro. Der Kalender für die heißen Stunden in den kalten Wintermonaten war sogar zeitweise mal ausverkauft, wenn man dem Hersteller glauben schenken darf. Wer diese Adventskalender für seine Liebsten kauft, muss aber hoffen, dass er zu Heiligabend Geldgeschenke zurückbekommt, damit der Dispo nicht so glüht wie die überfällige Weihnachtsgans im Ofen. Ob es einen speziellen Würzburger OB-Kandidaten-Kalender gibt, ist wahrlich nicht bekannt. Der dürfte mit sieben Türchen aber wenigstens bezahlbar bleiben.

"Oh Gott, frag nicht!", ist eine beliebte Antwort auf die Frage, wie es denn in der Vorweihnachtszeit – also bekanntlich schon jetzt – so läuft. Das gipfelt irgendwann in ein "Bin ich froh, wenn das vorbei ist!". Wenigstens dann weiß man, auch dieser Stress hat mal ein Ende. Echt wahr!

Lesen Sie auch unsere jüngst erschienenen Glossen

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Lucas Kesselhut
Adventskalender
Daunenjacken
Kaufhof Warenhaus AG
Krawatten
Produktionsunternehmen und Zulieferer
SPD
Socken
Vorweihnachtszeit
Warenhäuser
Weihnachten
Weihnachtsmärkte
Weihnachtsstress
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. D.
    Diese Glosse macht deutlich, wo das "Weihnachtsfest" herkommt, ist eine heidnische Erfindung, die die kath. Kirche übernommen hat. Ein Fest der Welt. Mit der Geburt Jesu und der Freude darüber, hat es nichts zu tun, zumindest nicht wirklich.
    L.G. Martin Dobat
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • L. S.
    Sehr treffend beschrieben.
    Keiner wills mitmachen, aber jedes Jahr macht jeder mit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten