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WÜRZBURGER WAHRHEITEN
Glosse: Wenn Prediger mit Bibeln um die Wette werfen
Der erste Würzburger Preacher Slam fand im Stift Haug statt. In unserer Rubrik  Würzburger Wahrheiten gehen wir dem Slam-Phänomen auf den Grund - oder noch tiefer.
Den Poetry Slam - hier Markus Czygan in einem Würzburger Club 1997 - gibt's schon länger. Doch der Preacher Slam ist neu in Würzburg
Foto: Theresa Müller | Den Poetry Slam - hier Markus Czygan in einem Würzburger Club 1997 - gibt's schon länger. Doch der Preacher Slam ist neu in Würzburg
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:01 Uhr

Die andere Wange hinhalten, das war gestern. Wir leben offenbar in einer Zeit, in der nicht einmal Religion vor Rivalitäten und Konkurrenzdruck verschont bleibt. Im Stift Haug fand in der vergangenen Woche der erste Würzburger Preacher Slam statt, also ein Wettkampf unter Predigern. Doch keine Sorge! Alttestamentarisch, also nach dem Motto "Auge um Auge, Zahn um Zahn", ging es dort weniger zu. Und die Prediger mussten auch nicht in einem Ringkampf gegeneinander antreten – Gott sei Dank. 

Die vollste Kollekte gewinnt

Doch was ist dann ein Preacher Slam? Verschiedene Disziplinen wären denkbar. Eine Option wäre, dass derjenige gewinnt, der es schafft, innerhalb von fünf Minuten die meisten "Vaterunser" zu beten, ohne sich dabei zu verhaspeln. Bibelweitwurf wäre auch eine Idee. Wobei die Bibel hier als ein ungefährliches Steinäquvivalent zu verstehen ist. Die Regeln lauten demnach: Wer ohne Sünde ist, werfe die erste Bibel. Es bestünde natürlich die Gefahr, dass dieser Wettkampf unentschieden ausgeht. Denn, wenn's blöd läuft, bleiben alle Bibeln liegen. 

Glosse: Wenn Prediger mit Bibeln um die Wette werfen

Ein Preacher Slam als Talentwettbewerb käme auch in Frage. Zaubertricks wie die Verwandlung von Wasser zu Wein oder Gesangsnummern mit Evergreens wie "Laudato Si" oder "Kumbaya My Lord" würden für einen abwechslungsreichen Abend sorgen. Und am Ende könnte das Publikum den Sieger bestimmen. Gewonnen hätte, wer die vollste Kollekte bekommt.

Alles schön und gut, aber in Wahrheit ging es beim Preacher Slam im Stift Haug darum, wer am besten die Leute bequasseln kann. Das ist nämlich nicht allein das Kerngeschäft von Autohändlern. Vorbild dafür sind Poetry Slams, bei denen sich die Kontrahenten selbstgeschriebene Lyrik und Prosa um die Ohren hauen. Und für Wissenschaftler gibt es seit einiger Zeit Sciene Slams, bei denen die Akademiker ihrem Publikum mithilfe ihrer Theorien beim Einschlafen helfen. Verwunderlich ist dabei nur, dass ausgerechnet Prediger, Dichter und Forscher ihre kompetitive Ader entdecken, gelten diese doch als eher friedliebend. Dabei kann es bei einem Wettstreit auch mal härter zugehen.

Ein Slam für Kommunalpolitiker

Sinnvoller wäre deshalb vielleicht ein Slam für Kommunalpolitiker, die sich ja ohnehin gerne streiten. Gerade in Würzburg ist der Wettbewerbsgedanke besonders ausgeprägt. Derzeit stellt fast jede Partei einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten für die Wahl im nächsten Jahr auf. Beim Bürgermeister-Wettstreit, also beim Mayor-Slam, müssten die Kontrahenten erläutern, wie sie Würzburg gestalten wollen. Mit Versprechungen wie "Keine Probleme mit Jugendlichen mehr an der Hafentreppe mehr. Die reiß ich ab!" oder "Ich fahre von meiner Wohnung in der Domstraße nur mit dem Fahrrad ins Rathaus. Ich schwör´s!" hätten sie beim Publikum, also beim Wähler, bestimmt gute Karten. Echt wahr!

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