"Was wir heute tun, ist unterhaltsame Teufelsaustreibung", eröffnete Schauspieler Kai Christian Moritz den ersten Würzburger Preacher Slam. Bei der "Nacht der offenen Kirchen" feierte der Dichterwettbewerb der besonderen Art seine Premiere. Die Mischung aus Predigt und Poetry Slam stieß bei den zahlreichen Besuchern in Stift Haug auf große Resonanz.
Wie der Preacher Slam funktioniert
Pastor Christoph Schmitter von der Würzburger CityChurch übernahm die Moderation und erklärte zunächst die Regeln des Preacher Slams, der unter dem Motto "Über Nacht" thematisch an die Rahmenveranstaltung anknüpfte. "Fünf Menschen treten heute gegeneinander an, die im weitesten Sinne alle mit der christlichen Predigt zu tun haben", kündigte er die Kandidaten an. Sie mussten ihre Texte selbst verfasst haben und durften keine Requisiten benutzen. Über den Einzug ins Finale entschied das Publikum mit Bewertungszetteln, die zufällig in der Menge verteilt wurden.
Texte über Einsamkeit und Zweifel
Pastorin Lisa Klingelhöfer von der CityChurch startete mit einem Text über Zwiespalt. Dabei wechselte sie immer wieder abrupt mitten im Satz aus der Sicht einer Obdachlosen, die eine kalte Regennacht auf der Straße verbringt, zur gegensätzlichen Perspektive eines Mannes, der den Abend im Warmen bei Kartenspiel und Apfelstrudel genießt. Sie arbeitete in ihrem Vortrag vor allem die gegenteiligen Gefühle von Einsamkeit und Geborgenheit heraus.
Inge Wollschläger, Seniorenreferentin in St. Johannis, griff in ihrem Beitrag ebenfalls das Gefühl von Einsamkeit auf. "Worte können vergiften", war dabei ihre Kernaussage. Sie beschrieb, wie verletzende Kommentare von Traurigkeit oder Scham geplagte Menschen nachts wachhalten. Sie beschwor die bedrückende Atmosphäre dieser Zweifel herauf, um schließlich im Glauben Linderung dagegen zu finden.
Maria 2.0 und Boris Johnsons neuer Friseur
Politischer wurde hingegen Friedemann Jung, ehemaliger Pfarrer und mittlerweile Lehrer. "Wieso sollte man nicht an Wunder glauben, wenn über Nacht auch ein Söder ergrünt", fragte er. "Wieso sollten nicht auch andere Wunder geschehen und Boris Johnson einen Friseur finden?" Neben verschiedenen gesellschaftskritischen Themen sprach sich Jung auch für die Initiative Maria 2.0 aus.
Bei Augustinerbruder Michael Clemens reimte sich jede Zeile seines Textes. Er erinnerte daran, dass Veränderungen nicht einfach über Nacht erreicht würden und spielte damit ebenfalls auf Maria 2.0 an. "Es scheitert an der Amtsvollmacht", kritisierte Clemens und entkräftete die Reformgegner, denn "Tradition ist nicht in Stein gemacht". Schließlich würdigte er die Fortschritte der Bewegung und setzte sich mit seinem Text an die Spitze der Punktewertung.
Pater Petzolt dichtete über Lateinvokabeln
Schließlich trat der griechisch-orthodoxe Pater Martinos Petzolt auf, der ebenfalls das Thema der Veränderung über Nacht aufgriff, indem er über das vergebliche Hoffen auf das Lernen lateinischer Vokabeln im Schlaf sinnierte. Petzolt verwies auf Psalm 127, der besage, dass Gott den Seinen Schlaf geschenkt habe. "Schlaf schenkt Kraft und Energie und ist nicht nur für Faule", erinnerte er. "Auch wenn man nicht in der Kirche einschlafen sollte."
Mit den meisten Punkten zogen Wollschläger und Clemens ins Finale ein. Wollschläger trug einen Text aus der Sicht einer sterbenden Alzheimer-Patientin vor, die in die Notaufnahme eingeliefert wurde. "Seht ihr mich", fragt die alte Frau immer wieder. Wollschläger stellte gefühlvoll die mechanische Behandlung der Ärzte dem Wunsch der Sterbenden, man möge doch einfach nur ihre Hand halten und beten, gegenüber.
Gefühlvolle Texte erreichen das Finale
Clemens widmete sich in seinem Beitrag der Frage "Wo bist du, Herr?" und der Enttäuschung eines Gläubigen, der vergebens auf ein Zeichen Gottes hofft. Schließlich vermutete er im nicht unablässigen Bedürfnis den tatsächlichen Beweis der Verbundenheit Gottes. Mehrere Sekunden lang bannte Clemens das Publikum in einem Moment gespannter Stille, mit dem er seinen Vortrag enden ließ.
Gewinner durch Applaus-Lautstärke ermittelt
Die Siegerin wurde durch die Lautstärke des Beifalls der Zuhörer ermittelt, wobei das Ergebnis denkbar knapp ausfiel. Mit 73,8 Dezibel, und somit einem Vorsprung von nur wenigen Zehntel, bekam Inge Wollschläger anschließend den Pokal überreicht.
Nicht nur Moderator Schmitter war vom Preacher Slam begeistert. "Das war eine ganz tolle, frische, inspirierende Veranstaltung", fasste die Würzburgerin Dagmar Stonus zusammen. "Vor allem Inge Wollschläger hat mich emotional berührt." Auch Fiona Erdmann aus Würzburgerin überzeugte die Veranstaltung: "Ich fand es sehr cool, vor allem, weil der Preachers Slam noch nicht so verbreitet ist."
Was wir heute tun ist unterhaltsame Teufelsaustreibung, liebe Brüderinnen und Brüder, so eröffnete der Schauspieler Moritz, die Sensation für Würzburg, den ersten "Prediger Slam". So war dieser Abend von Gotteslästerung, Spott und menschlicher Dichtkunst geprägt. Während Gotteslästerung an diesem Abend immer wieder frenetisch bejubelt wurde, drückt Redakteur C. Wildmeister in seiner Glosse: Wenn Prediger mit Bibeln um die Wette werfen, die Wahrheit treffend aus. "Alles schön und gut, aber in Wahrheit ging es beim Preacher Slam im Stift Haug darum, wer am besten die Leute bequasseln kann." Wie traurig der rasende Abfall der Kirchen von der biblischen Wahrheit, diesmal angeführt von einer freien evangelischen Gemeinde.
Die Bibel warnt uns: "Gott lässt sich nicht spotten", bitte vergessen Sie diese Wahrheit nicht, lieber Gruß
Martin Dobat