
Jahrzehnte nach den schrecklichen Vorfällen von körperlicher und sexueller Gewalt, von Demütigungen und drakonischen Strafmaßnahmen in der "Wickenmayer'schen katholischen Kinderpflege" in Würzburg gibt es für Betroffene Anerkennung und Hilfe. Der Würzburger Stadtrat hat am Donnerstag einstimmig beschlossen, für Verfehlungen des städtischen Jugendamtes ehemalige Heimkinder, die in den 1960er und 1970er Jahren Missbrauch und Gewalt erfahren haben, um Verzeihung zu bitten und den Geschädigten Soforthilfen zu zahlen. Dies teilte Claudia Lother, Sprecherin der Stadt Würzburg, am Freitag mit.
Für das ehemalige Heimkind "Peter" war das Kinderheim die "Hölle auf Erden"
Zuletzt hatte das mittlerweile 71 Jahre alte ehemalige Wickenmayer-Kind "Peter" dieser Redaktion von seinen traumatischen Erfahrungen erzählt. Aufgrund dieser fortwährend ausgesetzten Gewalt habe er nicht das Leben führen können, das er gerne geführt hätte. Das Kinderheim im Würzburger Stadtteil Grombühl sei für ihn als Kind "die Hölle auf Erden" gewesen. Ebenso für zwei seiner Geschwister, die ebenfalls dort aufwuchsen.
Die administrative Verwaltung der "Wickenmayer'sche katholische Kinderpflege" oblag lange der Stadt Würzburg. Betreut wurden die Kinder von den Würzburger Erlöserschwestern.
Vor gut zwei Wochen hat Oberbürgermeister Christian Schuchardt auf Anfrage gegenüber dieser Redaktion deutlich gemacht: "Die Erlebnisse, die Peter und sein Bruder geschildert haben, sind schrecklich." Er glaube den Opfern. "Wenn Kinder aus ihren Familien genommen werden müssen und zu ihrem eigenen Schutz in Pflegefamilien oder in Kinderheimen unterkommen und dann dort Gewalterfahrungen machen müssen, ist dies eine Tragödie."
Betroffene sollen mit Stadtratsbeschluss ein Stück Gerechtigkeit und Unterstützung erfahren
Am Donnerstag hat laut Pressemitteilung der Oberbürgermeister und Sozialreferentin Hülya Düber den Beschlussvortrag eingebracht, nachdem mehrere Personen auf die Stadtverwaltung zugekommen waren, "die glaubwürdig von Gewalterfahrungen im Kinderheim berichtet haben". Es gehe dabei um Fälle, "in denen die damalige städtische Jugendamtsleitung bekannt gewordene Fälle nicht ernstnahm, das Kindeswohl nicht beachtete und die Fürsorgepflicht verletzte".
Mit diesem Beschluss sollen Betroffene, wenn auch erst sehr spät, Anteilnahme, ein Stück Gerechtigkeit und Unterstützung erfahren. Die Stadt übernehme damit die moralische Verantwortung als Nachfolgerin des damaligen städtischen Jugendamtes: "Wir gehen heute selbstkritisch, authentisch und fair mit allen Fällen um", so Schuchardt. "Diesen Maßstab müssen wir auch für die Vergangenheit anlegen."
Stadt Würzburg informierte Erlöserschwestern über Anerkennungsleistungen
Bereits vor dieser Stadtratssitzung hatte der Oberbürgermeister dem ehemaligen Heimkind "Peter" materielle Hilfe zugesagt. Ebenso Schwester Monika Edinger, Generaloberin der Kongregation der Schwestern des Erlösers.
Nun hat die Stadt die Erlöserschwestern über die städtischen Anerkennungsleistungen informiert. Dabei handele es sich um eine Leistung, "die sich auf das Fehlverhalten der Verwaltung bezieht, in Verantwortung für die damaligen Kinder". Es sei nicht als Schmerzensgeld für die tatsächlichen, begangenen Taten zu verstehen.
Im Fall "Peter" hat auch das Bistum Würzburg eine Leistung in Anerkennung des Leids gezahlt. Der Missbrauchstäter war ein kirchlicher Mitarbeiter. Bei den Schlägen und Demütigungen richten sich seine Vorwürfe gegen Frauen – vor allem gegen die damals tätigen Erlöserschwestern.
Betroffenen von Gewalterfahrungen in der "Wickenmayer'schen katholischen Kinderpflege" wird auf Antrag und nach einer Plausibilitätsprüfung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die freiwillige städtische Anerkennungsleistung gezahlt. Betroffene können sich an den Leiter des städtischen Fachbereichs Jugend und Familie, Gunther Kunze, wenden: gunther.kunze@stadt.wuerzburg.de, Tel. (0931) 37-23 44.
Btw. Ich bin in etwa so alt wie dieser "Peter "
Ich bereue noch heute,daß ich damals versprochen habe, nichts davon meinen Eltern zu erzählen.