
Dass die Würzburger Frauenlandgenossenschaft ein historisches Haus doch nicht sanieren, sondern abreißen will, sorgt im Viertel für Ärger. Nun hat sich Gertrud Heinritz an die Redaktion gewandt. Ihre Familie besitzt eines der benachbarten Häuser und hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften kürzlich die angedachten Baupläne vorgelegt bekommen. Heinritz zeigt sich entsetzt über den Entwurf und sagt: "Es ist eine Schande, was die Stadt Würzburg hier zulässt."
Die Redaktion konnte die Bauzeichnungen einsehen. Eine Veröffentlichung ist nicht möglich, denn auf Anfrage schreibt die Genossenschaft: "Wir widersprechen ausdrücklich der Nutzung aller unserer Dokumente, Fotos, Inhalte und Pläne." Es bleibt also nur eine Beschreibung: Die eingesehenen Pläne erinnern an den inzwischen oftmals gängigen Stil für Neubauten: kastenförmige Grundstruktur, Flachdach, viel Glas. Das Portfolio des Architekturbüros Pöhlmann lässt sich zum Vergleich online unter www.pp-plus.de/projekte einsehen.
Wegen "energetischer Sanierung" wurde der gesamten Hausgemeinschaft gekündigt
Gertrud Heinritz ist verärgert. In einem Schreiben, das sie der Stadt Würzburg zukommen lassen will, schreibt sie: "Wirft man einen Blick von der Frauenlandstraße zum Wittelsbacherplatz, sieht man das Hauptportal des Universitätsgebäudes, erbaut 1898." Der Straßenzug sei charakteristisch für Würzburg, wo es nach dem zweiten Weltkrieg ohnehin kaum historischen Bestand mehr gebe. "Wo bleibt die Stadtbildkommission?", wundert sich Heinritz.
Um das Vorhaben in der Frauenlandstraße 12 gab es zuletzt einige Irritationen: Im Mai vergangenen Jahres hatte die Genossenschaft wegen einer angeblichen "energetischen Sanierung" allen Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses gekündigt. Recherchen der Redaktion ergaben kürzlich, dass die Genossenschaft nun doch nicht mehr sanieren, sondern das Haus aus wirtschaftlichen Gründen komplett abreißen will.

Im Herbst hatte die Genossenschaft historischen Stuck an der Hausfassade abgerissen. Sie begründete das mit "Rissbildungen in den Risaliten" und "Gefahrenabwehr". Das hatte den Stadtheimatpfleger Hans Steidle auf den Plan gerufen. Er bezeichnet das Haus als "besonders schützenswert" und bezweifelt, dass vom Stuck Gefahr ausgehe. "Das Haus ist nicht baufällig", sagt Steidle.
Genossenschaft: Stehen in direktem baurechtlichen Austausch mit Stadt Würzburg
Auch das Landesamt für Denkmalpflege hatte sich mit dem "historischen baulichen Zeugnis" befasst und auf Anfrage geschrieben: "Auch wenn einzelne Gebäude dieser Art die Schwelle zum Baudenkmal zumeist nicht überschreiten, ist verständlich, dass Altbauten von der Bevölkerung als identitätsstiftend angesehen werden." Zum abgerissenen Stuck schreibt das Amt: "Da infolge dieser baulichen Maßnahmen wesentliche Teile der Aussagekraft als historisches bauliches Zeugnis verloren gegangen war, wurde eine vertiefende Prüfung der Denkmaleigenschaft nicht mehr eingeleitet."
Die Frauenlandgenossenschaft hatte dem entgegengesetzt: "Das Gebäude ist kein Einzeldenkmal. (...) Die Wohnungsgenossenschaft Frauenland befindet sich im direkten Austausch mit der Stadt Würzburg. Somit wird der angemessenen Berücksichtigung aller baurechtlichen und städteplanerischen Belange Sorge getragen." Doch wie sieht dieser Austausch eigentlich aus?
Auf eine erst Anfrage der Redaktion zum geplanten Abriss durch die Frauenlandgenossenschaft, schrieb die Stadt, man stehe für eine "Umbaukultur", die Bestehendes wertschätzt. In Gesprächen mit der Genossenschaft wolle man "die Hintergründe der Entscheidungsfindung nachvollziehen" und "darauf positiv einwirken." Was darunter zu verstehen sei, erläuterte die Stadt nicht.
Stadt Würzburg: Aktuell keine Aussage zu etwaiger Baugenehmigung möglich
In einer erneuten Anfrage wollte die Redaktion wissen, wann und unter welchen Gesichtspunkten die Stadt den Abriss genehmigt hatte. Daraufhin teilt die Stadt nun mit, dass der geplante Abriss nicht genehmigungspflichtig und von der Genossenschaft am 13. November angezeigt worden sei.
"Die Beseitigung von Anlagen ist – wenn nicht gänzlich verfahrensfrei – lediglich anzuzeigen", so die Stadt. Einen Bauantrag habe die Genossenschaft am 20. Dezember eingereicht, dieser werde derzeit bearbeitet. "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann keine Aussage zu einer etwaigen Genehmigungsfähigkeit getroffen werden", teilt die Stadt Würzburg weiter mit.
Der Fortgang des Projekts ist also offen. Doch welche Möglichkeiten bleiben der Stadt Würzburg, die ungewollten Abrissvorhaben laut eigener Aussage aktuell offenbar wenig entgegenzusetzen hat? Ein Vorschlag kommt aus München. Das Landesamt für Denkmalpflege schlägt auf Anfrage nämlich vor: "Um Veränderungen (...) städtebaulich begleiten zu können, könnte die Aufstellung einer Stadtgestaltungsatzung ein geeignetes Instrumentarium sein."
Wieviel "verdient" die Stadt Würzburg an dem Projekt (Stichwort: Baugenehmigungsgebühren, Ausnahmegebühren usw.) oder gar einzelne Stadträte?
Ist eine Kündigung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (Sanierung) überhaupt rechtsgültig oder doch eher Betrug?
Ich bin auch offen für Veränderungen, für Neues.
Menschen aber im Zeichen von allgemeiner Wohnungsnot ohne Bedarf aus ihren Häusern zu vertreiben, nur um irgendwelchen Architekten die Möglichkeiten zur Verwirklichung "spinnerder" Ideen zu ermöglichen, ist für mich schlichtweg "assozial" und sollte per Gesetz verboten werden.
Hans Sartoris
O Mann:innen, ihr habt Probleme!
Am besten in ganz Wü nur nach 2stöckige Fachwerkhäuser zulassen , mit Einzelkoksöfen in Bad und Wohnzimmer und Butzenglasfensterchen! Das ist doch Weiterentwicklung!
P.S. zum Thema Fachwerkhäuser: Schauen Sie mal nach Frankfurt a.M. oder Hildesheim: Die Häuser am Römer sind alles Rekonstruktionen. Sie schaffen Charakter und sorgen dafür, dass sich die Bürger mit ihrer Stadt identifizieren können. Das, was in Würzburg geschieht, ist nichts geringeres als ein Frevel, eine Schande.
Ich kann nur hoffen, dass sich zumindest die Nachbarn hier eine Veränderung des Gebietscharakters nicht gefallen lassen und gegen die Baumaßnahme rechtlich vorgehen werden (Stichwort „Gebietserhaltungsanspruch“) - sie sind hier das letzte Bollwerk, die diesen baulichen Frevel noch verhindern können! Sollten sie Unterstützung brauchen, bin ich gerne bereit, eine Online-Petition zu starten und eine Klage zu unterstützen
@Mainpost bitte hier mal nachhaken!!!
Andere Städte wie Frankfurt a.M., Dresden, Potsdam, selbst Berlin haben längst (längst!) begriffen, dass ihre Bevölkerung genug hat von den immer gleichen Stahl-Glas-Flachdach-Skeleton-Monstern, die nicht mal halt vor den Altstädten macht!
Und jetzt, wo man zumindest noch wenige Straßenzüge mit einem Gesicht, ja mit Charakter hat, da lässt man es einfach zu, wie einem eine Immobiliengesellschaft auf der Nase herumtanzt?
2. Meine Aussage kann gar nicht falsch oder richtig sein, da es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um ein Werturteil, d.h. eine Meinung handelt.
3. Ich empfehle Ihnen, mal aus Ihrem kleinen Würzburg herauszukommen und sich ehrlich zu machen: Abgesehen von dem Hotel Winzermännlein gibt es in der Domstraße kein einziges schönes Gebäude. Schauen Sie sich doch mal die Kästen links und rechts an: Ob das der Mediamarkt oder die Sparkasse, der Severin oder das WVV-Gebäude ist. Potthässlich, im Vergleich zu ihren Vorkriegsbauten. Der Dom ist ebenfalls keine architektonische Glanzleistung, vor allem aufgrund des Portals, für das man das komplett erhaltene neuromanische Portal abgerissen hat (von den Turmspitzen, aber auch der völlig misslungenen Wiederherstellung des Rahmens der Mittelfassade ganz zu schweigen).
Schrecklich!